Brilon-Wald/Münster. Die Pläne für eine neue Jugendhilfeeinrichtung in Brilon-Wald liegen auf Eis. Eine Rolle spielt die Pius-Bruderschaft.

In absehbarer Zeit wird es keine Jugendhilfeeinrichtung in dem ehemaligen Kloster in Brilon-Wald geben. „Der mögliche Träger und Investor lässt sein Projekt ruhen,“ so Wolfgang Diekmann, CDU-Rats- und Kreistagsmitglied aus Brilon und Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU-Fraktion beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe. Das Landesjugendamt erteilt die Betriebserlaubnis für Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe.

Mit dem pädagogischen Konzept habe seine Entscheidung aber nichts zu tun. Das betonte der Initiator, Steffen Urbschat, auf Nachfrage der WP. Anlass der Auszeit: Bei den Kaufverhandlungen seien „sehr spät Probleme aufgeploppt“. Die betreffen die Vorgeschichte der Anlage und deren Eigentumsverhältnissen.

Rolle im Richtungsstreit

Das weitläufige Anwesen war ursprünglich eine Reha-Einrichtung des Johannes-Stifts, eine Zeitlang wurde es als Hotel betrieben. 1982 eröffnete die umstrittene Priester-Bruderschaft St. Pius X. dort mit 12 Schülern eine Jungenschule, aus der ein Jahr später das Don-Bosco-Gymnasium in Wadersloh, die Kaderschmiede der Bruderschaft, hervorging. 1984 bezog es der Karmel St. Josef, „um vor dem Modernismus der ‘konziliaren’ Kirche geschützt zu sein, welcher die Orden und das Ordensleben zerstört“. Der Karmel war Treffpunkt ultrakonservativer katholische Kreise, sein Spiritual war Pater Bernhard Zaby, der im Gästehaus des Klosters eine Wohnung hatte. 2012 kam es zum Bruch zwischen Zaby und Gleichgesinnten mit der Pius-Bruderschaft, die sich ihrer Ansicht nach mittlerweile auf Versöhnungskurs mit Rom befand.

Affront 2013: Nonnen laden Bischof aus

Bei diesem Richtungsstreit, so heißt es in einer Darstellung dieser Kreise, „kamen die Karmelitinnen von Brilon-Wald zu der Erkenntnis, dass es nötig sein werde, ihre Verbindung mit der ‘Pius-Bruderschaft’ aufzukündigen, um weiterhin treu im katholischen Glauben zu bleiben und nicht dem konziliaren Rom ausgeliefert zu werden.“ Für das Frühjahr 2013 hatte sich Mgr. de Galarreta, einer der drei Bischöfe der Pius-Bruderschaft, anlässlich seiner Deutschlandreise zu einem Besuch angekündigt. Daraufhin teilten die Schwestern ihm mit, seine „suppliierende Autorität’ (vertretungsweise, Red.) nicht länger in Anspruch zu nehmen“ - ein Affront , der nicht ohne Folgen blieb.

Bedenken

Die Stadt Brilon und der HSK betrachten das Projekt kritisch.Das betrifft zum einen den Standort an B251 außerhalb des Dorfes in Nähe zu einer Suchtklinik und einem Bordell.Zudem sei die Roman-Herzog-Förderschule in Brilon mit rund 240 Schülern, davon 100 aus Jugendhilfeeinrichtungen, an ihre Grenzen gelangt.Von kreisweit elf Jugendhilfeeinrichtungen befinden sich acht im Raum Brilon.

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Nachdem Ende Februar 2013 die Außenschwester, eine Nonne, die nicht in Klausur lebt und die u.a. für die Versorgung des Klosters zuständig ist, wie es heißt „fluchtartig“ den Karmel verlassen hatte, zogen wenige Tage später auch die sechs verbliebenen Schwestern an einen anderen Standort in Süddeutschland.

Mit dem Bruch mit der Bruderschaft war ein „Verlust von Wohltätern“ verbunden, der dem Karmel an die Substanz ging. Ortsvorsteherin Ariane Drilling weiß noch, dass sich dort sonntags regelmäßig eine ganze Armada Oberklasse-Pkw aus allen Teilen NRW und darüber hinaus einzufinden pflegte.

Wem gehört das Kloster?

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„Insofern unser Kloster unverkäuflich ist – es wird laut vertraglicher Vereinbarung an die Priesterbruderschaft zurückfallen, sobald es nicht mehr als Karmel genutzt wird“, heißt es auf der Web-Seite „Gloria.tv „ einer - „privaten Initiative, die nicht direkt mit der kirchlichen Hierarchie verbunden ist“.

Und genau dort liegt das Problem. Rund zehn Monate hat Steffen Urbschat unter „intensiver Einbindung der Schwestern als aktueller Besitzer der Liegenschaft“ an seinem Konzept und am Erwerb des Klosters gearbeitet. Doch diese „inhaltlichen Themen“ seien ihm erst sehr spät zugänglich gemacht worden. Diese Fragen seien noch nicht „final beantwortet“, und sie sollen es „scheinbar kurzfristig“ auch nicht. Folge. Sämtliche Zeitpläne und Abstimmungen seien ins Stocken geraten oder sogar hinfällig.

Kritische politische Begleitung

Den an der Abstimmung beteiligten Behörden hat er mitgeteilt, dass er sich wieder melden werde, wenn Klarheit herrsche. Gleichzeitig bedankt er sich für die konstruktive und auch kritische Begleitung seines Projektes - auch wenn ihn manchen in der Öffentlichkeit geäußerten „ziemlich einseitigen Schilderungen überrascht“ hätte.

Wie der in Brilon lebende Betriebswirt und Pädagoge zur WP sagte, habe er das Konzept über lange Zeit mit entsprechenden Experten entwickelt. Geplant ist eine Einrichtung mit vier Intensivgruppen zu je sieben Personen: „Ob und wie es weitergeht, ist offen.“