Hochsauerland. Schlechtes Verfahren, Angst vor Gesichtsverlust, schädlich für die Partei: So bewertet die CDU-Basis im Sauerland den Kampf der Kanzlerkandidaten.

In Sachen Bundespolitik blicken die Sauerländer sehr gespannt auf diesen Samstag ins Stadion „Große Wiese“ nach Hüsten. Dort werden 480 Delegierte entscheiden, ob denn nun Friedrich Merz oder weiterhin Patrick Sensburg CDU-Direktkandidat für die Bundestagswahl wird. Eine ganz andere Frage drängt sich unterdessen an der CDU-Spitze auf. Wer wird Kanzlerkandidat?

Diese Frage haben wir gestern auch auf unserer facebook-Seite gestellt und um Abstimmung gebeten: Das Ergebnis ist sicherlich nicht repräsentativ, aber bis zum Mittag hatten rund 20 Prozent für Laschet und 80 für Söder votiert.

Wie sehen das CDU-Mitglieder im Hochsauerlandkreis?

Hallenbergs Ex-Bürgermeister Michael Kronauge kann durchaus beiden Kandidaten etwas abgewinnen. „Ich finde, in der Corona-Krise haben beide - mit Ausnahme einiger kleiner Fehler - einen guten Job gemacht. Söder ist eher der Macher, er ist etwas forscher. Aber auch Laschet macht sein Ding gerade weg. Er hat die Fraktionen auf Landesebene zusammengeführt und ich denke, wenn wir jetzt September hätten und einige Corona-Einschränkungen aufgehoben wären, würden die Umfrage-Ergebnisse für ihn ganz anders aussehen.“ Jetzt habe man sich in eine Situation manövriert, aus der keiner der beiden ohne Gesichtsverlust wieder herauskomme.

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Für Apotheker Knut Finkel, Mitglied der CDU-Fraktion im Olsberger Rat, ist Armin Laschet klar der bessere Kanzlerkandidat. Für ihn spreche seine ausgleichende, vertrauenswürdige, verlässliche Art. „Laschet sucht stets den Interessensausgleich aller zu bündeln.“ Markus Söder sei eher ein Opportunist und Machtmensch, der auf seinen Vorteil bedacht sei und sich nicht an Absprachen halte. Das ha-be sich jetzt gezeigt, als er von seiner Ansage ,Wenn die CDU voll hinter Laschet stehe, akzeptiere ich das’, nichts mehr wissen wolle. Finkel: „Umfragen bestimmen keinen Kanzlerkandidaten“.

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Verfahren nicht klar geregelt

Hubert Kleff aus Wulmeringhausen war selbst von 2005 bis 2012 CDU-Landtagsabgeordneter und kennt Armin Laschet persönlich: „Was da jetzt passiert, ist den Verantwortlichen anzulasten, die für das Procedere der Kandidaten-Aufstellung zuständig sind.“ Man hätte klar und verbindlich festlegen müssen, ob das Präsidium oder die Fraktionen oder wer auch immer das letzte Wort hat. „Jetzt wirkt sich das Ganze negativ auf die Partei aus. Auch er hält nichts von Umfragewerten und muss einen Moment zögern, bevor er eine antwort auf die Frage gibt, wen er wählen würde: „Armin Laschet.“!

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Klassische CDU-Themen

Nicholas Siebrecht, Vorsitzender der Jungen Union Marsberg, hat da eine ganz andere Vorstellung: „Friedrich Merz“. Als es um die CDU-Vorsitzfrage ging, hat sich die Junge Union ein großes Meinungsbild eingeholt. Nicholas Siebrecht: „52 Prozent haben sich für Friedrich Merz ausgesprochen als Parteichef bis hin zum Kanzlerkandidaten.“ Weil, so die Begründung des 26-Jährigen, er nach 16 Jahren Angela Merkel wieder die inhaltliche Fokussierung auf klassische CDU-Themen legen würde, gerade im Bereich Wirtschaft und Generationengerechtigkeit.

Da aber nun mal „nur“ Laschet und Söder zur Auswahl stehen, spricht er sich „klar für Armin Laschet aus“. Weil, so Nicholas Siebrecht weiter, er in NRW bewiesen habe, dass er ein Team formen könne. Chancen rechnet er ihm aus, wenn er „zeitnah sein Team vorstellt, in dem auch kompetente Leute wie Friedrich Merz ihren Platz finden können.“

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Basis einbeziehen

Auch Timo Bundkirchen, Fraktionsvorsitzender der CDU in Winterberg, sieht Laschet und Söder nicht als die einzigen vielversprechenden Kandidaten in der Union. „Wenn es schon sein muss, sollte die K-Frage schnell und unpopulär unter Einbezug der Basis geklärt werden, denn diese Beteiligung vermisse ich ausdrücklich. Schade finde ich es auch, dass man sich nur auf die beiden Akteure fokussiert. Hier gibt es mit Sicherheit auch noch andere qualifizierte und bestens geeignete Kandidaten/innen.“

Überzeugungskraft

Wenn er sich aber zwischen Laschet und Söder entscheiden müsste, so Bundkirchen, würde er Laschet das Vertrauen aussprechen. „Er hat bewiesen, dass er Menschen überzeugen kann und Wahlen gewinnen kann.“ Aber die K-Frage sei aus seiner Sicht ohnehin nicht das wichtigste Thema derzeit. „Persönlich würde ich mir einen Kurswechsel und eine Refokussierung auf die konservativen Wertevorstellungen der CDU wünschen.“ Außerdem „finde ich es schade, dass man sich gefühlt seitens der CDU mehr auf die Kanzlerfrage konzentriert als auf die Bewältigung der Herausforderungen im Rahmen der COVID-19-Pandemie. Wahlkampf ist für mich zur derzeitigen Situation fehl am Platz“, so Bundkirchen abschließend.

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Für klare Ansagen ist die Briloner CDU-Stadtverordnete Karin Bange bekannt. Um ein Thema herumzueiern, ist nicht ihre Sache - und das bekommt in der K-Frage nun ihre Bundespartei ab: „ Die aktuelle Situation ist Folge der Kürung Laschets zum Vorsitzenden, ohne dass dabei die Stimmung der Basis interessierte“, meint die Ratsfrau. Ihr Rat an die Parteispitze: „Man sollte noch mal neu denken, wenn man die Wahl gewinnen will.“