Hochsauerlandkreis. Die Impfungen in den Hausarztpraxen im HSK laufen schleppend an. Was Ärzte zum Stotter-Start sagen und wann es Hoffnung auf mehr Impfstoff gibt:

Seit Dienstag dürfen auch die Hausärzte im HSK gegen das Coronavirus impfen. Der Start ist schleppend – das liegt allerdings nicht an den Praxen. Denn dort kommen nur wenige Dosen an. Und in der kommende Woche werden es tendenziell erst einmal weniger. Das sorgt zu Teil für Frust – bei Medizinern und Patienten. Denn die Impfbereitschaft ist gleichbleibend hoch.

Extrem frustriert

„Jetzt dürfen wir schon mal mit dem impfen loslegen und dann fahren die die Dosen wieder runter“, ärgert sich Dr. Martin Nieswand aus Winterberg. Vier Fläschen mit dem Impfstoff hatte er in der ersten Woche erhalten. Das reicht für 24 Patienten. Am Donnerstagabend erhält er die Nachricht, dass er für die kommende Woche nur Impfstoff für 18 Patienten erhält. „Ich bin da gerade extrem frustriert.“ Er ist überzeugt: „In den Hausarztpraxen funktioniert das Impfen schneller, ist billiger und ist bequemer für die Patienten.“

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Von der Hand in den Mund

Siegfried Paffe bemerkt in seiner Allgemeinarztpraxis in Hallenberg Schwankungen bei den zur Verfügung stehenden Impfdosen. „Wir sind alle nicht glücklich darüber. Ich habe rund 50 Dosen zur Verfügung gehabt in dieser Woche. Das ist deutlich unter der Nachfrage“, sagt er. Das Telefon hört bei ihm nicht auf zu klingeln, Patienten können es kaum abwarten, ihre Impfdosis zu erhalten. Diesen Wünschen nachkommen ist durch die geringen Kontingente aber schwierig. Planen kann er auch nicht, die zur Verfügung stehenden Mengen werden nur kurzfristig mitgeteilt. Nächste Woche kann er auf ein paar Dosen des Impfzentrums in Olsberg setzen. Damit muss er auch in Heimen impfen und ebenso Angehörige von Bewohnern. Ohne diese Hilfestellung des Impfzentrums würde Siegfried Paffe nächste Woche weniger Patienten helfen können. Sieben Flaschen mit jeweils sechs Impfdosen würden ihm sonst nur bleiben.

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Der Wert ist so hoch, weil er mit Dr. Volker Impelmann einen Kollegen in der Praxis hat. Jeder Arzt soll ungefähr 20 Impfdosen zur Verfügung haben. „Die Ansagen sind immer sehr different“, erklärt der Mediziner, „Das geht dann mit einem enormen Organisationsaufwand einher, wenn klar ist, wie viele Dosen wir nächste Woche bekommen, damit die Patienten dann auch kommen. Ich möchte auch niemanden wegschicken müssen, weil wir zu viele Menschen in die Praxis bestellen.“ Er würde sich wünschen, dass er mehr Menschen auf diese Weise helfen könnte. Die Handhabung sei Routine für ihn und seine Kollegen und er wäre auch bereit am Wochenende zu arbeiten, um den Prozess zu beschleunigen. 400 Impfungen ließen sich seiner Meinung nach problemlos an einem Wochenende in seiner Praxis vornehmen. Aber dafür fehlen die Mittel. „Wir leben von der Hand in den Mund und das ist als Arzt unbefriedigend, denn wir wollen etwas umsetzen. Es muss konsequent etwas passieren, damit das hier nicht zu einem Schaulauf verkommt.“

Wundertüte

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„Wie eine Wundertüte“ kommt Dr. Thomas Kretzschmar, Allgemein-Mediziner in Brilon, die Zuteilung des Vakzins vor. In dieser Woche habe er vier Ampullen erhalten, für die kommende würden es nur drei. Dabei habe er rund 100 impfwillige und vor allem auch impfbedürftige Patienten auf der Warteliste. Beliefert werden die Arztpraxen über ihre Apotheken. Tom Schwarzer von der Rathaus-Apotheke in Brilon zum Beispiel hatte für zwei Praxen 20 Ampullen - das Maximum - bestellt. Erhalten hatte er lediglich neun. Derzeit erhältlich ist Biontech, mit der absehbaren Verfügbarkeit von Moderna dürfte sich der Engpass entspannen, hofft er.

Großer Aufwand

Auch in der Sauerlandpraxis mit Standorten in Medebach, Winterberg und Hallenberg würde man gerne mehr Impfstoff verimpfen. „Dennoch sind wir froh darüber, dass wir endlich impfen dürfen.“ Die ersten Impfungen seien gut erlaufen. Der zeitliche Aufwand sei groß und die zusätzliche Arbeit müsse zunächst neben dem normalen Praxisalltag integriert werden. In den nächsten Wochen werde die Routine kommen, ist das Praxisteam sicher. Größtes Problem: „Wir wissen bislang erst wenige Tage vorher, wie viel Impfstoff wir von den Apotheken erhalten. Das bedeutet, wir müssen in kürzester Zeit alles organisieren und die Patienten einbestellen.“

Hoffnung

Jürgen Schäfer aus Winterberg, Sprecher der Apotheker im Altkreis Brilon, geht davon aus, dass in der ersten Woche jede Arzt-Praxis mit jeweils drei sogenannter Vials des Biontec-Impfstoffes beliefert wurde. Aus jedem dieser Fläschen lassen sich sechs Impfungen aufbereiten. Diese Menge sei zugesagt und nach seinem Kenntnisstand auch geliefert worden. Es könne sein, dass es in einer Praxis mit mehreren Medizinern auch mehr Impfstoff gegeben habe. „In der zweiten Tranche, die am Montag in die Apotheken kommen und am Dienstag zu den Ärzten gelangen, werden es auch nur Vakzine für etwa 20 Dosen sein. In der dritten Woche ist es geplant, dass auch Astrazeneca mit dabei ist.“ Dadurch werde sich die Zahl der Impfungen rapide erhöhen. Schäfer ist aber auch froh, dass Winterberg - wie gestern von Minister Pinkwart bekannt gegeben wurde - mit zu den Modellregionen gehört. „Das werde bedeuten, dass auch die Testungen an Fahrt aufnehmen. Wenn es für die Modellregionen Lockerungen und mehr Öffnungen gebe, werde auch der Test an Wertigkeit gewinnen.