Winterberg/Bestwig. Endlich wieder Kino. Das Filmtheater Winterberg und die Eventtechnik Südwestfalen haben ein Autokino aufgebaut. Das sind die Fakten zum Start:

Ein bisschen Kultur am düsteren Corona-Horizont. Ein fettes Kreuzchen im sonst so mageren Veranstaltungskalender der Region. Ein Ausrufezeichen: „Wir sind noch da!“ Das Filmtheater Winterberg und Eventtechnik Südwestfalen aus Meschede machen mit Unterstützung von Fort Fun wieder Autokino. Ab nächsten Mittwoch – zunächst für eineinhalb Wochen – werden wieder täglich bis zu drei Filme auf dem Parkplatz des Freizeitparks in Bestwig-Wasserfall gezeigt. Endlich mal nicht zu Hause vor der Glotze abhängen. Dafür im Auto sitzen, Popcorn oder Natchos futtern und für zwei Stunden auf andere Gedanken kommen.

Keine großen Gewinne

„Große Gewinne kann man damit nicht machen. Aber die Dankbarkeit der vielen Menschen, die dieses Angebot im vergangenen Jahr schon einmal angenommen haben und die durchweg positiven Reaktionen haben uns zur Autokino-Neuauflage bewogen“, sagt Joachim Wahle. Sein Filmtheater in Winterberg durfte im Sommer für ein paar Monate öffnen. Aber seit November ist der Betrieb wieder geschlossen. Beide Kinosäle sind auf dem absoluten Top-Stand von Technik und Gemütlichkeit. Es wurde viel Geld investiert. Statt den Kopf in den Sand zu stecken, renovierte der Familienbetrieb im Sommer auch noch das Foyer. Jetzt bleibt die Hoffnung, dass es irgendwann weiter geht – vielleicht als Modell-Region so wie in Tübingen, wo mit negativen Testungen wieder ein Stückchen Alltag eingekehrt ist. Wahle: „Das Autokino ist für uns nach außen ein Zeichen, dass wir uns nicht unterkriegen lassen.“

Das wird gespielt

Mittwoch, 31. März:
17 Uhr: I still believe
19.30 Uhr: Bad boys for life

Donnerstag, 1. April:
17 Uhr: Drachenreiter
19.30 Uhr Es ist zu deinem Besten

Freitag, 2. April:
14.30 Uhr: Die Heinzels
17 Uhr: After truth
19.30 Uhr: Greenland

Samstag, 3. April:
16 Uhr: Das neue Evangelium
18.45 Uhr: Das perfekte Geheimnis
21.30 Uhr: Don’t breathe

Ostersonntag:
14.30 Uhr: Peter Hase
17 Uhr: Der Junge muss an die frische Luft
19.30 Uhr: Tenet

Ostermontag:
14.30 Uhr: Feuerwehrmann Sam
16.30 Uhr: Manta, Manta
19 Uhr: Nightlife

Tickets unter www.filmtheater-winterberg.de oder www.kino-winterberg.de

Azubis nicht vergessen

Auch die Eventtechnik Südwestfalen hat das tückische Virus völlig aus der Bahn geworfen. Die Firma von Dipl.-Ing. Dirk Joachimsmeier in Meschede mit zehn Beschäftigten zählt zu den führenden Anbietern für Veranstaltungstechnik. Aber Beleuchtung, Beschallung, Bühnenbau, Medientechnik, Ausstattung, Dekoration und Projektmanagement – all das ist momentan pandemiebedingt so gut wie nicht gefragt. „Mich haben mehrere Faktoren bewogen, das Autokino noch einmal zu veranstalten. Wir wollen ein Lebenszeichen senden und wir wollen gerade jetzt in den Ferien, wo Kinder ansonsten nichts unternehmen können, ein Freizeitangebot schaffen.“

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Joachimsmeier denkt auch an seine Auszubildenden. Ausbildung kann nicht nur in der Theorie stattfinden. Erst gestern hatten wir eine große Bühnenabnahme. Diesen Nachweis müssen wir regelmäßig erbringen. Wir hätte es uns einfacher machen können, haben aber eine komplette Bühne gebaut. Ich muss doch meinen Auszubildenden gerecht werden - und so haben wir auch mit dem Autokino praktisch etwas um die Hand.“ Er und sein Team bauen die 32 Quadratmeter große LED-Leinwand auf und betreuen die gesamte Technik. Die LED-Funktion macht es übrigens möglich, dass die Filme auch problemlos bei Tageslicht gezeigt werden können.

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Kompliziertes Kassensystem

Aber Filmprojektor aufbauen, Papier-Tickets abreißen und „Film ab!“ – so einfach ist das Projekt Autokino nicht. Noch bis gestern Abend hat Joachim Wahle mit Experten am Kassen-System geklügelt. Das muss zertifiziert sein. Schließlich will der Filmverleih 100-prozentige Kontrolle haben, wie viele Leute gucken und mit welcher Summe er an jeder verkauften Karte beteiligt ist. Auch die Filmauswahl ist durch die Verleihe eingeschränkt. Die Mindestgröße der Projektionsfläche ist vorgegeben und mit brandneuen Filmen halten sich die Verleihe momentan ohnehin zurück. Trotzdem haben die Wahles ein unterhaltsames und breit-gefächertes Programm ausgewählt (siehe Infobox). Über eine festgelegte Frequenz im Autoradio wird der Ton zum Film ins Wagen-Innere übertragen. Und dann geht’s los.

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Achterbahn, Kettenkarussell und Co. stehen im Fort-Fun-Abenteuerland ohnehin noch still. Der Freizeitpark weiß noch nicht, wann er wieder starten darf. Er ist daher froh, die Wartezeit mit dem Autokino zu überbrücken. Die Tickets kann man nur online buchen, die Sanitäranlagen im Fort Fun können kostenlos genutzt werden. Alle Hygienemaßnahmen in Sachen Corona werden eingehalten. Es gibt keine Abendkasse. Die Karten kosten 17 Euro für die erste Person im Auto und fünf Euro für jeden Mitfahrer. Für 9,50 Euro gibt es ein Verpflegungspaket u.a. mit frischem Popcorn, Süßigkeiten und einem Getränk. All das wechselt mit ausreichendem Sicherheitsabstand die Besitzer.

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„Letztes Jahr haben wir fünf Wochen Autokino gemacht und 7500 Menschen erreicht. Jetzt schauen wir mal wie es sich nach anderthalb Wochen entwickelt“, sagt Joachim Wahle.

>>>>> Kommentar

Klasse! Es gibt wieder Kino. Zwar nicht im plüschigen Sessel, sondern nur im Schalensitz. Und statt Dolby-Atmos muss auch mal das blecherne Autoradio zwischen Drehzahlmesser und Handschuhfach reichen. Ich finde es aber richtig gut, dass sich Kino und Event-Technik zusammentun, um etwas zu tun.

Beiden geht es nicht ums Geldverdienen. Die zunächst auf anderthalb Wochen angelegte Liaison ist ein Bekenntnis beider Partner, dass der Vorhang in der Kultur irgendwann wieder aufgehen muss. Jeder, der in normalen Zeiten gerne mal ins Kino, ins Konzert oder ins Theater geht, spürt jetzt, dass ihm etwas fehlt: Abwechslung, Zerstreuung, Input von außen.

Autokino ist der Versuch, ein klein wenig Normalität herzustellen. Und er ist das Bekenntnis dafür, kulturelles Leben vor Ort auf Dauer mitgestalten zu wollen. Was wäre denn, wenn es mal keine Kinos mehr gäbe? Wenn Veranstaltungstechniker aus Hamburg oder sonstwo anreisen müssten, um hier vor Ort Kulturstätten bespielbar zu machen.

Ein Besuch im Autokino ist nicht nur Zeitvertreib. Es ist ein Zeichen der Solidarität mit einer Branche, die es besonders hart getroffen hat. Daher sollte es auch selbstverständlich sein, neben der Eintrittskarte das Verpflegungspaket dazu zu buchen. Die Hälfte des Ticketerlöses geht schon mal per se an den Verleiher. Und wenn man dann den ganzen Aufwand rechnet, wird einem schwindelig. Kein Grund also das Bier oder die Cola von zu Hause mitzubringen. Hat’s gegeben - ist aber echt mies! (Thomas Winterberg)