Marsberg. Gaby Kniesburges ist Krankenhausseelsorgerin am Marien-Hospital Marsberg. Wie die Pandemie ihre Arbeit verändert hat, schildert sie im Interview.
Gaby Kniesburges ist niemand, der die Hände in den Schoß legt und abwartet. Erst recht nicht in dieer Corona-Zeit. Wie hat sich ihre Arbeit im St.-Marien-Hospital Marsberg seit Beginn der Pandemie verändert? Wieviel Abstand lässt Seelsorge zu? Hat sie Neues ausprobiert? Und vor allem: Verändert diese besondere Zeit unseren Glauben? Darüber sprach die WP mit der Klinikseelsorgerin.
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Frau Kniesburges, ein Jahr Corona-Pandemie. Wie haben sie das damals erlebt?
Gaby Kniesburges „Am Anfang der Pandemie war ich viel für die Ärzte und Pflegekräfte im Haus da. Für die Kollegen war die Situation sehr belastend gewesen: Fast täglich änderten sich die Regeln. Dann die Sorge um die eigene Familie und die bange Frage: trage ich das Virus womöglich nach Hause? Wer kümmert sich um meine Kinder und die Eltern? Dabei die Versorgung der Kranken, eingehüllt in Schutzkleidung. All das zehrt an den Kräften. Pflegepersonal und Ärzte sind mehrfach belastet und sie müssen bei alldem ‚funktionieren‘. Mit dieser Situation geht jeder anders um. Viele waren sehr dankbar, dass ich einfach nur zugehört habe, fühlten sich mit ihren Fragen, ihren Ängsten, ihrer Wut ernst genommen.
Das Zusammenspiel aus Mimik und Gestik fehlt
Dürfen Sie denn zu den Patienten auf die Covid-Station?
Nein, das darf ich bis heute nicht. Das treibt mich sehr um. Ich weiß von meinen Kollegen an anderen Kliniken, dass das auch anders gehandhabt wird. Aber es ist ja auch zu meinem Schutz.
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Kurz und knapp
Kirche ist für mich …. ein Ort der Stille und des Lassendürfens.
Klinikseelsorgerin sein, heißt für mich, ... bei den Menschen in ihrer aktuellen Situation zu sein.
er katholische Glauben... gibt mir Kraft.
Dass im katholischen Kirchendienst Frauen nicht am Altar stehen dürfen…. ist eine derzeitige Tatsache, über die gesprochen werden darf und muss.
Das klingt einsichtig. Aber man spürt doch, dass Ihr Herz etwa anderes möchte. Haben sie dennoch einen Weg zu den Covid-Patienten gefunden?
Telefonisch war ich für Patienten auf der Covid-Station da, sofern sie telefonieren konnten. Oft telefoniere ich in dieser Situation mit Angehörigen.
Wie nehmen Sie es wahr, hat sich heute das Verhalten der Patienten zu dem allesbestimmenden Virus verändert?
Die Pandemie ist heute nicht mehr das bestimmende Thema in den Gesprächen mit den Patienten. Es steht wieder mehr die individuelle Erkrankung im Vordergrund. Klar, die Maske ist oft hinderlich. Auch für mich. Das feine Zusammenspiel aus Mimik und Gestik, den Worten und der Stimmlage funktioniert nicht mehr. Der Mund, der lächelt, ist hinter einem Stückchen Vlies nur schwer auszumachen. Auch eine Hand zu halten oder die Berührung an der Schulter sind unmöglich. Das erschwert meine Arbeit sehr.
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Zum Krankenhaus-Alltag gehört nicht nur das Gesundwerden, sondern auch der Tod. Sie sind ausgebildete Trauerbegleiterin. Wie funktioniert das in diesen Corona-Zeiten?
Abstandhalten gilt auch beim Abschiednehmen. Liegt ein Patient im Sterben, durften von Anfang an die Angehörigen kommen, aber natürlich immer mit Maske. Die Begleitung und Gespräche mit Angehörigen waren und sind immer möglich. Die Gespräche sind sehr wertvoll. Im Krankenhaus denken wir an das Leben und an das Sterben. Ein schwarzer Kieselstein erinnert an jeden verstorbenen Patienten. Nachdem im April die gewohnte Andacht ausgefallen war, wurden im Oktober die Familien eingeladen. Von mehr als 60 Verstorbenen sind die Angehörigen da gewesen. Eine Tochter reiste sogar 30 Kilometer mit dem Taxi an.
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Was glauben Sie, machen die Menschen nun neue Erfahrungen in ihrem Glauben?
(atmet tief ein) Niemand, mit dem ich gesprochen habe, empfand die Pandemie als ‚Strafe Gottes‘, sondern es ist vielmehr die Hoffnung da, dass Gott in dieser Zeit hilft. Ich spüre bei den Menschen die Sehnsucht nach Hoffnung und Gott als den Hoffnungsgeber. Wem Glaube und Gott im Leben bislang wichtig waren, den trägt das auch jetzt. Wer es im Alltag verloren hat, für den ist der Glaube wieder ein Licht geworden. Ein Licht werde ich bald entzünden, wenn ich abermals allein in der Krankenhauskapelle den Ostergottesdienst feiern werde: Dieses Licht, das uns durch die Auferstehung geschenkt wird, macht uns Mut. Mut für so Vieles und auch dafür, dass wir durch diese Pandemie hindurch kommen werden.