Hochsauerlandkreis. Ein Ex-Polizist, der im HSK für den Weißen Ring arbeitet, soll ein Kriminalitätsopfer missbraucht haben. Die Staatsanwaltschaft ermittelt

Opfern von Kriminalität helfen ist das Ziel des bundesweit tätigen Vereins Weißer Ring. Gegen einen ehrenamtlichen Mitarbeiter im Hochsauerlandkreis stehen aber nun schwere Vorwürfe im Raum: Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung, Betrug und Unterschlagung.

Reaktion des Vereins

Der ehemalige Polizist wird beschuldigt, sexuelle Handlungen an einem von ihm betreuten Kriminalitätsopfer vorgenommen zu haben, wobei er die gesundheitliche Situation und die besondere Belastung der Frau ausgenutzt haben soll.

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Die Schilderungen der Frau bewertet der Verein als glaubhaft, sie hätten ihn am 10. Februar in Form von zwei Schreiben erreicht – eines von einer Rechtsanwältin, eines von einer Beratungsstelle. In einem der Schreiben würden zusätzlich Betrugsvorwürfe erhoben, dabei gehe es um Schäden zulasten der Sozialkassen. Mehrere Angebote zu einem persönlichen Gespräch mit dem Landesvorsitzenden des Vereins habe der Mann nach Bekanntwerden der Vorwürfe nicht angenommen. Die WP versuchte den Mitarbeiter für eine Stellungnahme zu den Vorwürfen am Dienstagnachmittag telefonisch zu kontaktieren – ohne Erfolg.

Wie bei jedem Strafverfahren gilt auch für den jetzt suspendierten Mitarbeiter die Unschuldsvermutung bis zum Beweis des Gegenteils. Dennoch habe der Weiße Ring Maßnahmen eingeleitet. Unabhängig von einer strafrechtlichen Bewertung durch die Justiz habe der Mann massiv gegen den Verhaltenskodex des Vereins und die Standards der Opferbetreuung verstoßen, so der Verein auf einer eigens eingerichteten Webseite, auf der er die Vorfälle aufarbeiten will.

Anfangsverdacht liegt vor

Der Mann sei noch am 10. Februar abberufen und von allen Vereinsaufgaben entbunden worden, zudem habe der Verein ihm den Kontakt zu allen Opfern, ehemaligen Opfern, deren Angehörigen und dem Netzwerk des Vereins untersagt. Obwohl er diese Nachricht nachweislich am selben Tag erhalten habe, habe er am folgenden Morgen ein weiteres Opfer betreut. Am 11. Februar habe die Bundesgeschäftsstelle des Weißen Rings eine am Vortag formulierte Strafanzeige an die Staatsanwaltschaft Arnsberg geschickt, bei der nun die juristische Zuständigkeit liegt.

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Oberstaatsanwalt Thomas Poggel bestätigte gegenüber der WP, dass eine entsprechende Anzeige vorliege. Die Staatsanwaltschaft habe daraufhin geprüft, ob sich daraus ein Anfangsverdacht ergebe – das sei bezüglich eines sexuellen Übergriffs bejaht worden. Weiteres habe sich bisher nicht konkretisieren lassen, da die mutmaßlich Geschädigte noch nicht namentlich bekannt sei.

Inzwischen sei die Angelegenheit der Polizei übergeben worden, die nun weiter ermittle. Bearbeitet werde der Fall im Übrigen nicht von der Polizei des HSK, sondern von Dortmunder Beamten. „Es ist Usus, dass eine andere Dienststelle die Ermittlungen übernimmt, wenn es sich bei einem Beschuldigten um einen - ehemaligen - Polizisten handelt“, so Poggel.

Aufarbeitung

In der Bundesgeschäftsstelle des Weißen Rings sei, so der Verein, eine Taskforce gegründet worden, die alle knapp 100 von dem Verdächtigen bearbeiteten Opferfälle auf mögliches Fehlverhalten prüfen soll. Derzeit laufende Opferfälle sollen von Ehrenamtlichen der Außenstelle Waldeck-Frankenberg übernommen werden. Die Taskforce werde auch alle anderen über 300 Außenstellen in Deutschland auf Unregelmäßigkeiten prüfen.

Der Verein wolle dafür sorgen, dass das Sechs-Augen-Prinzip, das in solchen Gesprächssituationen eigentlich obligatorisch sei, künftig nicht umgangen werden könne – es sei ein Formular in Arbeit, das von allen Beteiligten eines Gesprächs unterschrieben werden müsse. Zudem sollten weibliche Opfer künftig noch expliziter darauf hingewiesen werden, dass sie das Recht haben, von einer Frau betreut zu werden. Von den Vorwürfen gegen den Ehrenamtlichen sei man „zutiefst betroffen und geschockt“, wird der Bundesvorsitzende Jörg Ziercke zitiert.

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Weißer Ring bietet Hilfen an

Bora warb gleichzeitig um Vertrauen in die wichtige und wertvolle Arbeit der rund 220 ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Landesverband Westfalen- Lippe, die sich in 26 Außenstellen engagiert für die Interessen von Kriminalitätsopfern ein- setzen. Direkt nach Bekanntwerden der Vorfälle hat der Weißen Rings in der Bundesgeschäftsstelle in Mainz eine Taskforce eingerichtet, die sämtliche Opferfälle überprüfen wird, die der frühere Außenstellenleiter betreut hat. Der Verein hat zudem eine Hotline für potenziell betroffene Frauen geschaltet, die Kontakt zum Weißen Rings aufnehmen möchten. Ansprechpartnerin am Telefon ist Petra Klein, Vorstandsmitglied und Leiterin der Außenstelle Oldenburg in Niedersachsen. Über die Telefonnummer 0151/551 645 97 kann direkter Kontakt aufgenommen werden.

Der Weißen Rings verspricht größtmögliche Transparenz bei der Aufarbeitung des Geschehens.