Hochsauerland/Winterberg/Medebach/Hallenberg. Hat die Diskussion um die Corona-Impfung die Sauerländer auch für den Schutz gegen Tetanus, Polio und Co. sensibilisiert? Wir haben nachgefragt.

„Impfung“ ist derzeit ein enorm häufig verwendetes Wort, fast immer geht es dabei um Schutz vor dem neuen Corona-Virus. Doch was ist eigentlich mit anderen wichtigen Impfungen wie denen gegen Tetanus, Masern, Polio und Diphterie? Hat die Diskussion um Covid19 dazu geführt, dass die Menschen generell einen kritischen Blick in ihren Impfpass und den ihrer Kinder werfen, um möglicherweise Versäumtes nachzuholen?

Als Gesamtübersicht erfasst wird im Hochsauerlandkreis nur der Impfstatus der Kinder bei Kindergarten-Reihenuntersuchung und vor der Einschulung. Die neuesten verfügbaren Zahlen sind hierbei die des Jahres 2018, in den Vorjahren seien die Zahlen aber nahezu identisch gewesen, teilt Kreis-Pressesprecher Martin Reuther mit.

2018 verzeichnete das Gesundheitsamt bei den künftigen Erstklässlern folgende Quoten: 89,7 Prozent der Kinder waren gegen Polio (Kinderlähmung) geimpft worden. Etwas mehr, nämlich 90,2 Prozent, hatten den Dreifachschutz gegen Tetanus, Diphterie und Keuchhusten erhalten. In allen Fällen war die sogenannte Grundimmunisierung abgeschlossen, die Kinder hatten also alle dafür nötigen Impfdosen erhalten – jeweils drei in festgelegten Abständen.

Neues Gesetz zur Masernimpfung

Etwas anders sieht die Lage bei der Immunisierung gegen Windpocken und Masern/Mumps/Röteln aus – letzterer wird ebenfalls als Kombinationspräparat gegeben. Zwar wird bei den allermeisten Kindern (97,6 bzw. 89,6 Prozent) hier die Grundimmunisierung begonnen. Aber nur 92,2 bzw. 82,5 Prozent schließen sie auch ab, verfügen also über den vollen Schutz. Das sei „in der Tat nicht befriedigend“, wie das Gesundheitsamt auf Nachfrage mitteilt. Die entscheidende Rolle spiele „eine gewisse Impfmüdigkeit der Eltern“.

Reihenuntersuchungen bei Kindern

„Der Kinder- und Jugendärztliche Dienst des Gesundheitsamtes überprüft den Impfstand erstmals bei der Kindergartenreihenuntersuchung der Vierjährigen in den Kitas. Dann werden den Eltern Überweisungen zu Ärzten übergeben. Das gleiche Procedere erfolgt bei den Schuleingangsuntersuchungen. Dadurch wird die Impfquote nach den Schuleingangsuntersuchungen noch erhöht“, teilt das Gesundheitsamt des Kreises mit.

Durch das Masernschutzgesetz erwarte man aber ab 2020 eine weit höhere Impfquote gegen Masern, Mumps und Röteln. Das Gesetz ist am 1. März 2020 in kraft getreten.

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Es besagt, dass alle Kinder, die mindestens ein Jahr alt sind, beim Eintritt in Kindergarten, Tagespflege oder Schule eine Masernimpfung vorweisen müssen. Da in Deutschland der Masernimpfstoff nur als Kombipräparat zusammen mit den Impfstoffen gegen Mumps und Röteln (manchmal zusätzlich Windpocken) zu haben ist, dürfte sich das Masernschutzgesetz auch positiv auf die Impfquote gegen diese Krankheiten auswirken.

Corona hat Patienten sensibilisiert

So viel zu den Kindern. Aber wie sieht es bei den Erwachsenen aus? Die Sauerlandpraxis mit Standorten in Medebach, Hallenberg und Winterberg betreut pro Quartal etwa 6000 Patienten. Und das Thema Impfen werde seitens der Patienten derzeit tatsächlich häufiger angesprochen als sonst, meint der Arzt Tim-Henning Förster. Corona habe die Menschen sensibilisiert.

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Auch die Grippeimpfung sei diese Saison gefragter gewesen als sonst – die Grippewelle indes bisher milder als in anderen Jahren. „Normalerweise sind die Kalenderwochen 8, 9 und 10 die Hochzeit der Grippe“, meint Förster. Kaum Menschen zu treffen verhindert eben auch andere Krankheiten als Covid19, und falls die Grippe noch auf den Karneval hofft, wird sie dieses Jahr bekanntlich enttäuscht.

Weil bei Erwachsenen im Gegensatz zu Kindern oft lediglich noch Auffrischimpfungen im Abstand mehrerer Jahre erforderlich sind, kann es schonmal passieren, dass Patienten deren Termine vergessen. „Das ist mir bei der zehnjährlichen Tetanus-Auffrischung neulich sogar selbst passiert“, meint Förster.

Und weil es auch anderen passiert, erinnere die Praxis ihre Patienten gern daran: „Unser EDV-System zeigt dann, wenn der Patient in die Praxis kommt, einen Hinweis an, dass ein Impftermin ansteht. Wenn die Patienten uns die Erlaubnis gegeben haben – Stichwort Datenschutz – schreiben wir ihnen auch rechtzeitig.“