Medebach. Als Jahrhundertzeuge hat er viel erlebt. Franz Schüngel, oder Bohnen-Franz, wie man ihn in Medebach nennt, wird 100 Jahre alt.

Die Frage, wie man 100 Jahre alt wird, beantwortet der Medebacher Franz Schüngel so: mit guter ausgewogener Ernährung, viel Bewegung und viel frischer Luft. Er muss es wissen, denn am Sonntag, 14. Februar, feiert er seinen 100. Geburtstag.

Bohnen-Franz, wie er in Medebach von jeher genannt wird, ist so etwas wie eine Institution in der Hansestadt. Jeder kennt ihn, er kennt jeden und jeden am längsten, denn er ist der älteste männliche Medebacher.

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Als Jahrhundertzeuge hat er viel erlebt. Er ist aufgewachsen in der Weimarer Republik, hat als junger Erwachsener den Nationalsozialismus erlebt und in den Jahren des Wirtschaftswunders eine Familie gegründet. Bis heute ist sein Lebensmotto: Auch wenn dir Schlimmes widerfährt – das Leben ist ein Geschenk. Sei zufrieden im Leben, was immer es auch beschert und verliere niemals den Humor.

Traumatische Kriegserlebnisse

Der lebensfrohe Senior wurde am 14. Februar 1921 als Sohn von Wilhelm und Elisabeth Schüngel in Medebach geboren und ist seinem Geburtsort seit 100 Jahren treu geblieben. Dort ist er zur Schule gegangen, turnte im Sportverein, fischte mit Freunden in der Gelänge, ging zur Kommunion und machte eine Ausbildung zum Maßschneider. Seine Kindheit und Jugend verbrachte er in Harmonie mit der Natur. Mit seinem Vater, der als Waldaufseher und Wildheger auf Gut Glindfeld beschäftigt war, stromerte er schon früh durch die heimischen Wälder und lernte die Natur genau kennen und lieben.

Franz Schüngel: Bild aus der Kindheit.
Franz Schüngel: Bild aus der Kindheit. © Kerstin Neumann-Schnurbus

Doch diese Sorglosigkeit sollte nicht lange anhalten. Als 17-Jähriger musste er die Schrecken der Pogromnacht und damit das Ende der jüdischen Gemeinde in Medebach miterleben. Auch der Zweite Weltkrieg ging nicht spurlos an ihm vorüber, denn neun Monate später wurde er zum Militär eingezogen. Bei einem Fallschirmsprung aus einem brennenden Flugzeug wurde Franz schwer verletzt und geriet in amerikanische und britische Kriegsgefangenschaft, aus der erst 1948 entlassen wurde.

Liebe seines Lebens

Ein Jahr später absolvierte er die Meisterprüfung und arbeitete als selbstständiger Schneidermeister und später als Herrenausstatter. Im Jahr 1950 lernt er die Liebe seines Lebens, Philippine (liebevoll von allen Bienchen genannt), kennen. Das Paar kaufte ein Haus in der Bachstraße und bekam zwei Kinder, drei Enkelkinder und eine Urenkelin. Kurz nach dem Umzug vor zwei Jahren ins St. Mauritius Wohn- und Pflegezentrum, wo sich das Ehepaar Schüngel sehr wohl fühlt, feierten die beiden eiserne Hochzeit.

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Aktiver Vereinsmensch und Sportler

Gefeiert hat der Jubilar immer gerne und fit war er auch. Er fuhr mit 92 Jahren noch Fahrrad und machte jeden Morgen seine Turnübungen. Auch in verschiedenen Vereinen ist Franz Schüngel zeitlebens aktiv gewesen. Er ist Mitglied im kameradschaftlichen Verein, bei der St.-Sebastianus-Schützenbruderschaft, im Kolpingverein und beim TuS Medebach. Dort war er viele Jahre Fußballobmann, Vorstandsmitglied, Fußballer und auch Mitbegründer der Tennisabteilung.

Ihm zu Ehren gibt es am Sonntag, neben anderen Geburtstagsüberraschungen, auch eine Sonderausgabe der Vereinszeitschrift „Sportecho“ mit Gratulationen, einer Bildergalerie und einem Zeitraffer über die vergangenen 100 Jahre.

Vollends zufrieden und bei relativ guter körperlicher und geistiger Verfassung freut sich Franz Schüngel auf die morgige Feier seines besonderen Jubiläums mit seinen Liebsten und auf Besuche, sobald das wieder möglich ist.