Brilon. Die Anzeige ist in der Welt, es gibt kein zurück: Aus einem „Spaß“ wurde ein handfestes Offizialdelikt: versuchte schwere räuberische Erpressung.

Auch wenn es im vergangenen Jahr das Karnevals-Wochenende war und er beteuert, deshalb doch nur einen Spaß habe machen wollen: Weil er mit einem alten Luftgewehr zu seiner Schwester marschierte und von ihr vermeintlich ihm zustehende 12.500 Euro für einen 33.000 Euro teuren und für die gemeinsame Hofbewirtschaftung angeschafften Ackerschlepper einforderte, muss sich ein 61 Jahre alter Mann aus dem Raum Brilon wegen Hausfriedensbruch und versuchter schwerer räuberischer Erpressung vor Gericht verantworten.

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Die familieninternen Spannungen scheinen mittlerweile aus der Welt. Weihnachten, so erzählte der Angeklagte, habe man noch zusammen Kaffee getrunken. Doch weil es sich bei der sich so heftig anhörenden Anzeige von damals um ein Offizialdelikt handelt, muss die Justiz das Verfahren durchziehen. Ob es aber mit einer Strafe endet, steht in den Sternen. Denn Verteidiger Oliver Brock gelang es nach ebenso zäher wie hartnäckiger Überzeugungsarbeit, das Gericht von der Notwendigkeit einer psychiatrischen Begutachtung seines Mandanten zu überzeugen. Die steht wegen späterer schleierhafter Gesetzesverstöße und weiterer anstehender Verfahren ohnehin an.

Verteidiger zweifelt Schuldfähigkeit an

Erste Hinweise auf hirnorganische Auffälligkeiten und eine depressive Verstimmung liegen bereits vor. Brock möchte klären lassen, ob der 61-Jährige nicht bereits zum Zeitpunkt dieses Vorfalls krank gewesen und deshalb vielleicht nur vermindert oder vielleicht sogar völlig schuldunfähig sein könnte.

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Eine sogenannte Verständigung war nicht zustande gekommen. Für den Fall eines Geständnisses im Sinne der Anklage hatte der Vorsitzende des Schöffengerichts, Neumann, eine Freiheitsstrafe von einem bis zwei Jahren auf Bewährung in Aussicht gestellt. Da der Angeklagte ja nicht „wie ein Bankräuber“ vorgegangen und das Ganze eine familieninterne Angelegenheit sei, wäre die Annahme eines minderschweren Falles möglich. Darauf steht als Mindeststrafe ein Jahr, und die kann zur Bewährung ausgesetzt werden. Das ist bei der Mindeststrafe von drei Jahren bei einer versuchten schweren räuberischen Erpressung nicht mehr möglich.

Karabiner-Patronen aus Vorkriegszeit aufbewahrt

Dazu konnte sich der 61-Jährige jedoch nicht durchringen. Mehrfach beteuerte er, „doch nichts Böses“ geplant zu haben und er die Schwester „nur verarschen“ wollte. Das sah Richter Neumann anders: „Sie wollten das Geld.“

Nach dem Tod seiner Frau hatte das Leben des Angeklagten zu bröckeln begonnen. Er verlor wegen Trunkenheit im Straßenverkehr den Führerschein, setzte sich aber gleichwohl ans Steuer, wurde dabei mehrfach erwischt und schon dreimal zu Bewährungsstrafen verurteilt, drei weitere Verfahren sind darüberhinaus noch anhängig. Für den Angeklagten steht also einiges auf dem Spiel.

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Bezeichnend auch der in diesem Verfahren mitangeklagte Verstoß gegen das Waffengesetz: Bei einer Hausdurchsuchung hatte die Kripo in einem Schrank neun in einer Zigarrenkiste aufbewahrte Karabiner-Patronen aus Vorkriegs-Wehrmachtsbeständen entdeckt - Fundstücke bei Umbauarbeiten an seinem Haus.