Winterberg. Helga Hermann ist Tagesmutter in Winterberg. Die Corona-Krise erlebt sie als schwer für einige Kinder - mit gravierenden Folgen in der Zukunft.
Gemeinsam spielen, essen, lachen, singen, toben, spazieren gehen – das versuchen viele Tagesmütter auch jetzt während der Corona-Pandemie für die Kinder, die sie betreuen, aufrecht zu erhalten. Eine von ihnen ist Helga Hermann aus Winterberg. Sie ist gelernte Erzieherin und Sprecherin der Tagesmütter im Raum Winterberg, Hallenberg und Medebach. Im Gespräch mit der WP erzählt sie, wie Tagesmütter mit der für sie zurzeit schwierigen Situation umgehen.
Schwierige Situation
Die 46-jährige Winterbergerin hat selbst zwei Söhne im Teenager-Alter und betreut als Tagesmutter insgesamt fünf Kinder im Alter zwischen einem und zweieinhalb Jahren. Alle kommen trotz der Corona-Pandemie weiter zu ihr nach Hause, manchmal alle gleichzeitig, an manchen Tagen sind auch nur zwei bis drei Tages-Kinder da. „Ich finde es wichtig, dass die Betreuung nicht wochenlang unterbrochen wird. Das ist auch für die Bildungs-Zukunft der Kinder wichtig. Sonst fange ich nach wochenlanger Auszeit im Prinzip bei meiner pädagogischen Arbeit wieder ganz von vorne an“, erzählt Helga Hermann, die bereits seit 16 Jahren als Tagesmutter aktiv ist und vorher im Bereich der Jugendhilfe gearbeitet hat.
Nicht überall herrscht liebevolle Fürsorge
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„Ich persönlich erlebe in den Familien, deren Kinder ich betreue, sehr viel liebevolle Fürsorge. Aber ich weiß, dass das nicht überall so ist und, dass es in vielen Familien gravierende Probleme gibt, die sich durch Corona verschärft haben“, so die Einschätzung der erfahrenen Pädagogin. „In solchen Fällen kann die Tagespflege ein wichtiger Rettungsanker sein.“ Die Winterberger Erzieherin befürchtet auch Folgen für die psychische Entwicklung der Kinder: „Wir werden in Zukunft bei älteren Kindern verstärkt mit Depressionen zu tun haben, weil viele zurzeit so abgeschottet sind und auf die paar Quadratmeter zu Hause eingegrenzt sind.“ Wie sehr sich die Kinder untereinander und den Kontakt zu anderen vermissen, habe sich ganz deutlich nach dem Lockdown im Frühjahr gezeigt, wo es eine Betreuung nur für Kinder gab, deren Eltern in „systemrelevanten Berufen“ arbeiten.
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Das Bemühen des Eltern und die Realität
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„Für Kinder ist es wichtig, dass sie voneinander lernen, gemeinsam spielen und kommunizieren. Deshalb freue ich mich, wenn die Kinder auch jetzt zumindest stundenweise kommen – zumal viele Eltern, die berufstätig sind, auf eine Betreuung angewiesen sind“, erklärt Helga Hermann. Sie erzählt, dass einige Eltern von Tageskindern zurzeit im Homeoffice arbeiten und sich bemühen, möglichst Familie und Beruf gut unter einen Hut zu bekommen. Viele Eltern würden durchaus versuchen, sich an die Aufforderung zu halten, die Betreuungs-Stunden zu reduzieren. Doch oft sei das aufgrund ihrer Arbeitszeiten nicht möglich.
Bei Gesprächen mit ihren Kollegin habe sich gezeigt: „Die meisten Eltern machen sich keine allzu großen Sorgen, dass die Kinder sich in der Tagespflege mit Corona anstecken könnten. Sie haben ein sicheres Gefühl.“ Dementsprechend würden von ihr und auch von ihren Kolleginnen fast alle Kinder weiterhin betreut – wenn auch mit reduzierter Stundenzahl. Vorteil der Tagespflege-Betreuung sei mit Blick auf die Ansteckungsgefahr, dass die Kinder in einer kleinen Gruppe mit maximal fünf - immer den gleichen - Kindern betreut werden. Trotzdem sei es wichtig, zum Schutz aller Beteiligten jetzt erhöhte Hygiene- und Vorsichtsmaßnahmen umzusetzen. Das habe auch den Alltag in der Tagespflege verändert, berichtet die Tagesmütter-Sprecherin.
Hygiene- und Desinfektion sei noch mehr im Fokus
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Beschäftigte in der Tagespflege können sich inzwischen regelmäßig auf das Corona-Virus testen lassen. Das Thema Hygiene- und Desinfektion sei noch mehr in den Fokus gerückt und das Bringen und Abholen der Kinder finde grundsätzlich mit Schutzmaske und auf Distanz, möglichst draußen, statt. Das Bällebad zum Beispiel – sonst beliebte Spielattraktion – hat Helga Hermann erstmal komplett stillgelegt. Auch regelmäßiges Lüften und möglichst viele Outdoor-Aktivitäten sollen für mehr Sicherheit sorgen. Denn natürlich sei es auch für die Tagesmütter selbst wichtig, sich und ihre Familien möglichst gut vor Ansteckung zu schützen. Die Sorge sei immer mit dabei – zumal vereinzelt in den vergangenen Monaten schon Tagesmütter selbst von Corona betroffen gewesen seien.
Gute Distanz finden
Schwieriger geworden sei für einige Kolleginnen die Aufrechterhaltung der Tagesbetreuung auch deshalb, weil nun teilweise parallel ihre eigene Kinder ebenfalls zu Hause sind und mitbetreut werden müssen. Das könne aufgrund des unterschiedlichen Alters und sehr verschiedener Bedürfnisse zu Probleme führen. Besonders schwierig sei die Situation, wenn gleichzeitig eigene Kinder im Homeschooling betreut werden müssen. „Wir müssen abwägen zwischen dem, was pädagogisch sinnvoll ist und dem, was zum Schutz vor Corona notwendig ist. Dafür ist es wichtig, eine gute Distanz zu finden“, erklärt Helga Hermann. Dabei müsse man sich von der Frage leiten lassen: „Wie können wir die notwendigen Maßnahmen so umsetzen, dass wir das pädagogisch gut vertreten können?“