Brilon. Nicht jeder kann den Jahreswechsel zu Hause verbringen. Wie sieht es in diesen Tagen in der Geriatrie des Briloner Krankenhauses aus?

Von Thomas Winterberg

Brilon. Weihnachten oder den Jahreswechsel im Krankenhaus verbringen? Es gibt sicherlich Schöneres. Aber nicht alle Menschen haben in dem Fall eine Wahlmöglichkeit. Rund zehn Männer und Frauen mussten und müssen die jüngsten Feiertage auf der geriatrischen Station im Briloner Maria-Hilf-Krankenhaus verleben. Neues Knie, neue Hüfte, verheilter Bruch. Nicht jeder ältere Mensch kann sofort nach der Akut-Behandlung wieder zurück in die eigenen vier Wände. Die Geriatrie, die 2013 in Brilon gegründet wurde, ist für die meisten die Zwischenstation auf dem Weg nach Hause. „Und gerade weil die Menschen in einer geriatrischen Abteilung nicht einfach verwahrt werden, sondern wir sie wieder in die Selbständigkeit bringen – gerade deshalb liebe ich meinen Beruf.“

Den Alltag am Feiertag wuppen

Martin Karte ist seit Februar Bereichsleiter der Geriatrie am Brilon Krankenhaus. Mit derzeit acht Kolleginnen und einem Kollegen wuppen sie den Alltag. So viele Frauen? „Vielleicht sind das die besseren Menschen“, schmunzelt der 32-Jährige. Er führt ein junges Team in einer Abteilung, in der sonst oft viele ältere Pflegekräfte arbeiten. Generell sei es momentan schwierig, Personal in der Pflege zu bekommen. Und generell müsse der vorgegebene Personalschlüssel von 1 zu 10 bei Tag bzw. 1 zu 20 in der Nacht eingehalten werden. Gearbeitet wird in drei Schichten: von 6 bis 13.30 Uhr, von 13 bis 20.15 Uhr und von 20.15 bis 6.15 Uhr. Und die gelten auch an Feiertagen.

Anstoßen auf ein gesünderes Jahr 2021

„Rund um Weihnachten und Neujahr ist es immer etwas ruhiger. Aber allgemein steigt die Zahl der Menschen, die sich zum Beispiel nach einem operativen Eingriff hier wieder erholen“, sagt der 32-Jährige. Er hat in diesem Jahr an Weihnachten gearbeitet und zum Jahreswechsel frei. Weihnachten und Silvester seien besondere Tage im Jahr, sagt er: „Es ist schon etwas ruhiger und wir versuchen gerade an solchen Tage, unseren Patienten noch eine Portion mehr Zuwendung zukommen zu lassen.“ Man könne zwar keine Bescherung machen oder sich gemeinsam zu einer Feier treffen. Aber jeder spüre schon, dass gerade Heiligabend etwas Besonderes sei. Karte: „Vom Fenster aus schauen sie sich sonst an Silvester das Feuerwerk an und manche lassen sich auch von ihren Verwandten einen Piccolo bringen.“ Anstoßen auf ein hoffentlich besseres, gesünderes 2021.

Persönliche Zuwendung

Gerade in diesem Jahr sind die persönliche Ansprache und die Zuwendung wichtiger denn je. Wegen Corona dürfen die Krankenhaus-Patienten keinen Besuch empfangen. Das bedeutet mitunter, dass die älteren Menschen seit der Einlieferung ins Hospital keinen persönlichen Kontakt mehr zu ihren Familien hatten. „Unten an der Pforte konnten die Angehörigen Geschenke für ihre Eltern oder Großeltern abgeben. Und wir hier oben auf der Station versuchen, dass alles etwas weihnachtlich aussieht. Da geben sich meine Kolleginnen immer sehr viele Mühe. Zweige und Sterne an den Türen oder zwei Bäume auf den Fluren. Die eigene Familie können wir natürlich nicht ersetzen. Aber wir versuchen es so gut, wie es geht. Mit manchen Patienten kann man noch gute Gespräche führen. Liegt eine Demenz vor, dann hilft es auch schon mal, wenn wir eine CD auflegen und gemeinsam ein Weihnachtslied singen. Wie soll man sonst erklären, dass kein Besuch kommen darf.“

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Martin Karte ist über Umwege (Abi, Zivi, Lehramtsstudium, Altenheim, Krankenhaus) zur Geriatrie gekommen und arbeitet seit vier Jahren auf der Station, die 26 Betten vorhält. Rein von Berufs wegen hat der 32-Jährige es gelernt, Arbeit und Privates voneinander zu trennen - so gut es geht. „Aber trotzdem bleiben einem viele Gespräche und persönliche Schicksale in Erinnerung, Positive wie Negative. Oft muss man mit Angehörigen über leidige Themen wie Patientenverfügung reden. Und man kann nicht oft genug darauf hinweisen, wie wichtig so etwas ist. Andererseits macht es mich und mein Team innerlich froh, wenn ich sehe, dass Menschen wieder problemlos über den Flur gehen können, die noch zwei Wochen vorher nicht alleine aus dem Rollstuhl ins Bett gekommen sind. Man hat schon sehr unmittelbaren Kontakt zu Menschen und man bekommt auch sehr häufig ein positives Feedback. Ich bin schon auf Schützenfesten von früheren Patienten angesprochen worden, die sich an mich erinnerten und sich bedankt haben.“ Postkarten mit freundlichen und dankbaren Worten, die an die Kühlschranktür der Station geklebt wurden, sind auch für die Pflegekräfte immer wieder Aufmunterungen im oft beschwerlichen Alltag.

Motivation für jeden neuen Arbeitstag

Die meisten Zimmer auf der Station sind Doppelzimmer. Das macht die Arbeitsabläufe einfacher, sorgt aber auch dafür, dass die Patienten mitunter gegenseitig ein Auge aufeinander haben können. „Meine eigene Oma war im Februar hier bei uns und hatte eine sehr nette Zimmernachbarin. Die beiden telefonieren noch regelmäßig miteinander.“ Dass Pfleger und Patienten ein gemeinsames Ziel haben, dass sie sich über Therapie-Erfolge freuen können und dass es immer ein sehr unmittelbares Feedback gibt – all das gibt Martin Karte die Motivation für jeden neuen Arbeitstag. Auch für 2021!