Brilon/Olsberg. Säckeweise hat ein Trio aus einer Parfümerie in Olsberg Kosmetika gestohlen. Eine Strafe gab es nicht. Bemerkenswert: Der einzige Zeuge kniff.

Ihre Beute duftete, nur mit dem Verduften klappte es nicht: Kurz nachdem sie in einer Augustnacht in der Bahnhofstraße in Olsberg eine Parfümerie eingebrochen waren und Kosmetika im Wert von 12.050 Euro eingesackt hatten, schnappte die Polizei die drei Täter. Gestern standen sie in Brilon vor Gericht. Zu einem Urteil kam es allerdings nicht.

Die drei Angeklagten, drei Rumänen im Alter zwischen 31 und 35 Jahren, erwartet aus einem anderen Verfahren in Hessen eine so hohe Strafe, dass ein Urteil im Hochsauerland nicht ins Gewicht fallen würde. Deshalb stellte das Schöffengericht das Verfahren ein - und wohl auch deshalb, weil man eine „sehr problematische Beweislage“ habe, wie der Vorsitzende des Schöffengerichts, Richter Neumann, sagte.

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Erfolgreiche Fahndung

Nach dem Einbruch in Olsberg flüchteten die drei Täter über die B480 in Richtung Winterberg.

Im Rahmen der sofort eingeleiteten Fahndung konnte sie ein Streifenwagen in Niedersfeld stellen.

Die Beute hatten die Einbrecher dabei; sie wurde der Parfümerie zurück gegeben.

Denn trotz der ungewohnt hohen Zahl der Verfahrensbeteiligten - neben dem dreiköpfigen Gericht waren das die Protokollantin, die Staatsanwältin, die drei Angeklagten und ihre drei Verteidiger, eine Dolmetscherin sowie fünf Justizwachtmeister und zwei Polizeibeamten zur Sicherung der drei aus der U-Haft in Fußfesseln vorgeführten Angeklagten - fehlte der einzige Zeuge.

Richter: „Sehr problematische Beweislage“

Das Trio hat schon einiges auf dem Kerbholz, sowohl in Rumänien wie auch in Frankreich traten die drei Männer in Erscheinung. Und drei Tage vor dem Einbruch in Olsberg hatten sie im Raum Gießen eine Parfümerie ausgeräumt. Schaden dort: rund 60.000 Euro. Die Anklage läuft, und auch ein Haftbefehl besteht.

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In Olsberg schlugen sie gegen 4.45 Uhr zu. Als sie die Tür zu der Parfümerie aufhebelten, löste die Alarmanlage aus. Das bemerkte ein Nachbar, der die drei bei der Tat beobachtete. Er war der einzige Zeuge - und hatte gestern keine Lust, zu dem Prozess zu erscheinen. Auch ein Anruf von Richter Neumann bei dem jungen Mann und ein Gespräch mit dessen Mutter - „Ich musste lautstark werden.“ - fruchtete nicht. Der Vorsitzende: „Jetzt haben wir ein Riesenproblem.“

In Hessen erwartet die drei Angeklagten eine wesentlich höhere Strafe

Staatsanwältin Humpert brachte § 154 der Strafprozessordnung ins Spiel. Nach dem kann von einer Strafverfolgung abgesehen werden, wenn den Angeklagten in einem anderen Verfahren eine wesentlich höhere Strafe erwartet. Seit der Festnahme in Olsberg befinden sich drei in Untersuchungshaft. Dort bleiben sie - auch wenn das Schöffengericht in Brilon seinen Haftbefehl aufhob. Denn im Zusammenhang mit dem Verfahren in Gießen besteht ebenfalls ein Haftbefehl, der als sogenannter „Überhaftbefehl“ über den Briloner Gerichtsbeschluss hinaus wirkt.

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Zwei der drei Angeklagten waren es wenige Wochen vorher nach Deutschland eingereist. Einer ihrer Anwälte hielt die schnelle Abfolge der beiden Straftaten in Gießen und Olsberg für „ein sich aufbauendes dynamisches Geschehen“, das man strafmildernd berücksichtigen müsse.

Zeuge tauchte nach Verhandlung doch noch auf

Während der Vorsitzende Richter den Beschluss des Schöffengerichts erläuterte, klopfte es energisch an der Tür. Herein kam der zuvor vermisste Zeuge. Nach dem Anruf habe er sich umgehend auf den Weg gemacht, schneller sei es nicht gegangen, sagte. „Jetzt ist es zu spät“, sagte Richter Neumann, „Sie können gehen.“ Und Staatsanwältin Humpert rief ihm zu: „Sie wären ein wichtiger Zeuge gewesen. Jetzt ist es vorbei. Tschüss.“

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Die Corona-Masken der Angeklagten und ihrer drei Verteidiger ließen in diesem Moment leider keinen Rückschluss auf ihre Mimik zu.