Kinos schließen wegen Corona, aber der Rat Brilon tagt sieben Stunden im Kinosaal. Mehr noch: Der ganze Umgang in der Corona-Krise ist fragwürdig
Darf ich ehrlich sein? Ich habe die konstituierende Sitzung des Rates Brilon nach knapp drei Stunden verlassen. Das ist nicht meine Art. In der Regel bleibe ich bei Sitzungen, wenn möglich, bis zum Ende. Aber: Ich habe mich dort in Zeiten einer Pandemie unwohl gefühlt.
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Das neue Kino, wo der Rat tagte, hat zweifellos ein schönes Ambiente. Alles bestens. Filme dürfen dort aktuell nicht über die Leinwand flimmern, Vorschlagslisten mit Parlamentariern, die darum ringen, wer in welchem Gremium sitzen darf, aber schon. Klar. Das Leben muss weiter gehen. Eine Stadt muss geschäftsfähig bleiben und jedem Bürgermeister sei ein würdiger Rahmen beim Amtsantritt gegönnt. Aber gerade jetzt in der Ära steigender Corona-Fall-Zahlen bleibt ein ungutes Gefühl.
Dass dann durch den Antrag von Prof. Dr. Dr. Alexander Prange auf geheime Abstimmung die Sitzung zunächst unnötig in die Länge gezogen wurde, hat zu Recht bei den Ratskollegen für Unmut gesorgt und mein Unwohlsein befeuert. Übelste Schimpfworte standen im Raum, aber auch die Hinweise, dass sich unter den Stadtvertretern Schwerkranke und Menschen aus Risikogruppen befinden. Sie prallten zunächst ab. Nach einer geheimen Runde ging das Prozedere dem Vernehmen nach dann doch öffentlich weiter, aber auch nur schleppend.
Besondere Zeiten erfordern besondere Maßnahmen. Statt verbriefte Rechte und politische Spielregeln auszureizen, sind gesunder Menschenverstand und Empathie gefragt. In seiner Antrittsrede hatte der Bürgermeister um Leidenschaft, Verantwortungsgefühl und Augenmaß gebeten. Ich fand die Akustik im Saal eigentlich sehr gut; der Appell kam aber offenbar nicht überall an.
Im Vorfeld der konstituierenden Sitzung im HSK hatte übrigens der Ältestenrat vorab eine tragbare Lösung gefunden und eine gemeinsame Liste bei der Bildung von Ausschüssen erstellt. Danach lief alles ganz flott.
Ist ja schließlich Corona und niemand sollte länger als nötig mit vielen Leuten in einem geschlossen Raum sitzen. Hoffen wir, dass es gut ausgeht!