Brilon. 38 Meter hoch streckt sich das Riesenrad am Briloner Kirmeswochenende auf dem Marktplatz. Doch wo ist das Fahrgeschäft während Corona?
Kenner sprechen von „Columbia III“. Das ist keine Raumfähre, aber hoch hinaus geht es damit trotzdem. „Columbia III“ ist das nostalgische „Kompakt“-Riesenrad, das seit Jahren das Symbol und Aushängeschild für die Briloner Michaeliskirmes ist. Es steht immer auf dem Marktplatz mit dem Rücken zu Jägerhof und Cafe am Markt. Und aus den 26 drehbaren Gondeln hat eigentlich schon jeder Kirmesbesucher aus 38 Metern Höhe auf das bunte Treiben geschaut. Dieses Jahr ist alles anders. Und „Columbia III“ kribbelt es in diesen Tagen vermutlich in den Schausteller-Füßen, mit denen das Rad auf kleinster Fläche von 15,5 mal 14 Metern Briloner Bodenkontakt haben würde. Denn vom 25. bis 28. September wäre Michaelis.
Die letzten Wochen waren eine Katastrophe
Aber Corona und Columbia sind keine Freunde. Die Kirmes fällt ins Wasser. Und was macht „Columbia III“ am Michaelis-Wochenende? Das Rad dreht sich in Potsdam. Dort wird in Form einer begehbaren Ausstellung 30 Tage lang 30 Jahre Deutsche Einheit gefeiert. „Columbia III“ ist das einzige Fahrgeschäft dort.
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Und Michael Burghard, vom Schausteller-Betrieb Burghard-Kleuser-Dortmund, ist froh, dass es langsam wieder losgeht.
„Die letzten Wochen und Monate waren eine Katastrophe. Ruinös. Ich bin ein kritischer Mensch und ganz bestimmt kein Aluhut-Träger. Aber die Maßnahmen, die hier ergriffen wurden, gingen zu weit“, sagt Burghard. Er ist fest davon überzeugt, dass eine Open-Air-Veranstaltung wie eine Kirmes möglich gewesen wäre. Einweg-Geschirr, Desinfektionsspender, regelmäßige Durchsagen, mit der Bitte, Abstand zu halten, Security – all das hätte man umsetzen können, sagt er. „Aber man kann ja gar nicht argumentieren, sondern wird sofort als irre dargestellt.“
Große Sorgen bei den Schaustellern
Den Schausteller, der noch ein weiteres, größeres Riesenrad hat, treibt die Sorge um, dass mit dem Ausfall von solchen großen Volksfesten auch eine Tradition wegbrechen könnte. Seiner Meinung nach seien die Corona-Maßnahmen überzogen gewesen und hätten Politikern vornehmlich zur persönlichen Profilierung gedient, wer der beste Krisenmananger sei.
„Ich habe eine Verantwortung gegenüber meinen Kunden, die ich mit jedem Aufbau und jedem Betrieb trage. Aber auch die Politik hat Verantwortung gegenüber den Menschen und damit auch gegenüber unserer Branche.“
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Er überlege ernsthaft sich einer Klage anzuschließen, um Schadenersatz für die vielen ausgefallenen Volksfeste zu verlangen. Schließlich sei es wissenschaftlich nicht erwiesen, dass eine Freiluft-Veranstaltung eine andere Corona-Gefährdung darstelle als z.B. eine Flugreise. „Die Lufthansa hat Geld bekommen, wir nicht.“
Um ein Fahrgeschäft wie das Riesenrad von A nach B zu transportieren, es aufzubauen, die Platzmiete und den Strom zu zahlen und das Personal zu entlohnen, fallen laut Burghard rund 15.000 Euro an. Die müssen erstmal reinkommen. Aber in Brilon sei er immer gern: ein schöner Platz, eine angenehme Atmosphäre und sein Cousin mit einem Kinderfahrgeschäft direkt nebenan. Fast ein Heimspiel. Vielleicht klappt es im nächsten Jahr wieder. Und Schausteller Burghard hofft, dass zumindest die Weihnachtsmärkte stattfinden können. „Sonst ist die Hälfte der Branche kaputt.“
148 Schausteller kommen normalerweise nach Brilon
Auch wenn es für ihn und sein Team stets viel Arbeit bedeutet, ist für Marktmeister Winfried Pape die kirmesfreie Zeit eine ungewöhnliche Phase. Schon längst wären jetzt Straßen gesperrt, Strom- und Wasserleitungen verlegt. „Es wäre in diesem Jahr die 66. Michaeliskirmes gewesen. Es wurden 16 Fahrgeschäfte verpflichtet und eine Geisterbahn, Schausteller wären etwa 148 nach Brilon gekommen“, so Pape über die Pressestelle der Stadt. 195 Krammarkthändler hätten sich angemeldet, plus etwa 30 Restplatzvergaben. Hoffentlich kehrt bis nächstes Jahr wieder Normalität ein und „Columbia III“ kann wieder kommen.
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