Brilon. Es ist für die „Bäuerliche“ der dritte Anlauf, ihren Standort Brilon zu modernisieren. Jetzt hat das Planverfahren begonnen. Es gibt Widerstand.

Eine Aufteilung ihres Standortes auf zwei Betriebsstätten in Brilon kommt für die „Bäuerliche“ nicht in Frage. Das machte der Geschäftsführer der Raiffeisen Westfalen-Mitte eG, Thomas Röper-Schültken, Mittwochabend den rund 90 im Kolpinghaus zusammengekommenen Bürgern klipp und klar deutlich: „Das lässt sich wirtschaftlich nicht darstellen.“

Und er sagte auch, dass dieser dritte Anlauf zur Modernisierung des Standorts Brilon der letzte sei: „Wenn es nicht geht, packen wir unsere Sachen und ziehen weiter.“

Dr. Bartsch: Wichtiger Faktor für die heimische Wirtschaft

Das wäre aber nicht im Sinne der rund 800 landwirtschaftlichen Genossenschaftsmitglieder aus dem Stadtgebiet und auch nicht im Sinne der Stadt selbst, wie Bürgermeister Dr. Christof Bartsch betonte. Die Raiffeisen sei ein „wichtiger Faktor der Wirtschaft“ und für die heimischen Landwirte „unverzichtbar“: es sei ihnen nicht zuzumuten mit ihren „schweren Geräten“ nach Altenrüthen oder Büren zu fahren, um in der Erntezeit dort ihr Getreide abzuliefern oder sich im Frühjahr mit Dünger einzudecken. Dr. Bartsch: „Das wollen wir nicht.“ Andererseits gebe es wegen der Umbauplanungen an der Alexanderstraße „eine hohe Betroffenheit“ unter den Anliegern.

Frühzeitige Bürgerbeteiligung angelaufen

Diese Variante steht jetzt zur Diskussion: Oben die Keffelker Straße, links am Bahndamm das Lager und davor die Waage, rechts der Markt und Nebenflächen, auf dem Gelände der Möbelhalle untern soll ein Sechs-Familien-Haus entstehen
Diese Variante steht jetzt zur Diskussion: Oben die Keffelker Straße, links am Bahndamm das Lager und davor die Waage, rechts der Markt und Nebenflächen, auf dem Gelände der Möbelhalle untern soll ein Sechs-Familien-Haus entstehen © Raiffeisen

Im Kolpinghaus begann im Rahmen der Bauleitplanung für das Raiffeisen-Projekt die sogenannte „frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung“. Zum Auftakt stellten die Stadtverwaltung und die Investoren das Vorhaben vor, jetzt haben die von der Planung betroffenen - vor allem sind das die dort lebenden Nachbarn, aber auch die sogenannten Träger öffentlicher Belange - Gelegenheit, schriftlich Stellung zu beziehen.

Erst dann, so Stadtplanungsamtsleiter Gernot Oswald, „geht es ans Eingemachte“. Dann müssen die unterschiedlichen Eingaben und Interessen mit- und gegeneinander abgewogen werden. „Die Erschließung ist nicht das Gelbe vom Ei,“ sagte Oswald, und er bezog das auf die jetzige, bei der die landwirtschaftlichen Fahrzeuge, aber auch Silo- und Sattelzüge nach ihrem Stop an der „Bäuerlichen“ über die Alexander- und Jahnstraße durch das Wohngebiet auf die Keffelker Straße zurück fahren.

Anlieger leiden seit Jahrzehnten

Bei der jetzt ins Auge gefassten Variante geht das nicht mehr. Dann ist im Bereich des dort stehenden und von der Raiffeisen Westfalen-Mitte im vergangenen Jahr erworbenen Sechs-Familien-Hauses Schluss. Dort soll auf Kosten des Investors ein Wendehammer errichtet werden. Die „Bäuerliche“ könnte künftig nur noch direkt von der Keffelker Straße aus im Bereich der Einmündung der Alexanderstraße aus angefahren werden.

Standort-Erneuerung

Links an der Bahn entsteht ein 25 mal 12 Meter großes Dünger- und Kleinlager.

Im Hauptgebäude befinden sich neben dem nahe der Einmündung zur Keffelker Straße gelegenen Eingangsbereich das Büro und ein Kleinlager.

Zur Keffelker Straße hin ist die Außenfläche vorgesehen.

Der 1200 qm große und acht Meter hohe Markt geht rechts bis an die Nachbargrundstücke

Das würde allerdings für die Bewohner des dortigen Eckhauses quasi die Verdoppelung der bisherigen Verkehrsbelastung bedeuten. Mit Nachdruck und Leidenschaft trug die dort lebende Frau die Belästigungen vor, denen ihre Familie seit Jahrzehnten ausgesetzt sei. Neben dem Verkehr seien dies die Staubwolken, die beim Verladen von Getreide und Kunstdünger freigesetzt würden: „Wir können die Fenster nicht öffnen, nicht im Garten sitzen und die Wäsche draußen nicht trocknen.“ Tauben und Dohlen fänden einen „reich gedeckten Tisch“, deren „Hinterlassenschaften landen dann bei uns in den Gärten“. Und in Richtung der Verwaltung und der Ratsvertreter meinte sie: „Ihr wisst nicht, was da abgeht.“

Landwirtschaft im Raum Brilon verliert an Bedeutung

Sowohl der Raiffeisen-Chef wie auch die Vertreter der Stadt machten deutlich, dass die geplante Verlagerung an die Möhnestraße aufgrund landesgesetzlicher Vorgaben nicht möglich war. Im Außenbereich ist Einzelhandel zum Schutz der Innenstädte nur bis 800 qm möglich. Das, so Röper-Schültken, rechne sich nicht. Zudem wies er darauf hin, dass die Landwirtschaft im Raum Brilon ständig abnehme: „In zehn Jahren wird das nur noch die Hälfte sein.“

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Und überhaupt: „Wir machen doch nur das, was wir hier schon haben. Nur neu.“

Lennestadt segnet sogar 2000 qm Fläche auf der grünen Wiese ab

Im Nachbarkreis Olpe plant die dortige „Bäuerliche“ ein neues Agrarzentrum inklusive Markt zwischen Lennestadt-Grevenbrück und Finnentrop-Bamenohl direkt an der B 236 auf der „grünen“ Wiese. Der Einzelhandelsbereich ist auf 2000 qm angesetzt, der Großhandelsbereich auf 3000 qm. Umsatzerwartung: 10 Millionen Euro im Jahr. Die Stadt Lennestadt, auf deren Gebiet die Fläche liegt, hat das Vorhaben abgesegnet, die Gemeinde Finnentrop beklagt es.