Brilon. Die Hirsch-Apotheke in Brilon wird 250 Jahre alt. Die Geschichte begann am 6. September 1770 mit einem Privileg von Kurfürst Maximilian.
Das Haus hat es manchem Brilon-Bummler nicht nur von außen angetan. Immer wieder mal, erzählt Felix Hagelüken, kommen Urlauber ins Hochparterre und möchten ein Foto machen. Der Charme der schmucken Fachwerkfassade der Alten Hirsch Apotheke wird von ihrem Offizin nämlich noch übertroffen. Nostalgie pur.
Alte Eichenbalken unter der Decke, Holzvertäfelungen und Wandschränke, in denen die Medikamente noch in langen Schubladen liegen. Und trotz des nostalgischen Charmes: Digital ist die Apotheke up to date, betont Felix Hagelüken. Dieses Wochenende ist ein besonderes für den Inhaber und das Team: Die Alte Hirsch Apotheke wird 250 Jahre alt.
Im Jahr 1951 Umzug in die Bahnhofstraße
Damit gehört die Alte Hirsch zu den ältesten Apotheken in Westfalen. Einen Superlativ allerdings kann sie für sich in Anspruch nehmen: „Sie ist der älteste Steuerzahler in Brilon“, schmunzelt Winfried „Pille“ Holthaus, in dessen Familie sich die Alte Hirsch Apotheke sieben Jahrzehnte lang befand.
1942 hatte sein Vater, Heinrich Holthaus, die Apotheke erworben. Damals befand sich sie allerdings noch in der Strackestraße 12. 1951 folgte der Umzug an den jetzigen Standort in der Bahnhofstraße. Dort hatte Heinrich Holthaus das ehemalige Hotel zur Krone gekauft, grundlegend umgebaut und seine neue Apotheke eingerichtet - und ihr den heute bekannten Namen gegeben. Bis dahin war es lediglich die Hirsch-Apotheke. Und auch dieser Name ist bei weitem nicht so alt wie die Apotheke selbst.
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Der Briloner Heimatforscher Gerhard Brökel (†) hat in seiner zum 225-Jahr-Jubiläum verfassten Chronik erwähnt, dass die offiziell lizenzierte Briloner Apotheke wohl erst Ende des 19. Jahrhunderts einen Namen erhalten hat, nämlich Hirsch-Apotheke. 1980 übernahm Winfried Holthaus die Apotheke von seinem Vater. Seit 2011 befindet sie sich in Besitz der Apotheker-Familie Hagelüken aus Marsberg, die dort die Diemeltal-Apotheke betreibt. 2011 übernahm Hans Hagelüken die Alte Hirsch Apotheke,. 2013 richtete sein Sohn Felix Hagelüken wenige Schritte weiter, im Volksbank-Center eine komplett neue Apotheke ein. Als er ein Jahr später die Alte Hirsch-Apotheke übernahm, ließ er ihr den nostalgischen Charme.
Brandsalben für gefolterte Hexen angerührt
Zu dem gehört auch die alte Rezeptur, an der früher Salben angerührt und andere Arzneien gemischt wurden. Dafür gibt es heute eine separaten Arbeitsplatz.
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Denn das gehört auch heute noch zum pharmazeutischen Alltag von Apotheken-Leitung Gaby Jätzel und ihrem Team. Vor allem der Hautarzt, der Anfang 2017 in der Etage über der Apotheke seine Praxis einrichtete, verordnet seinen Patienten individuell abgestimmte Cremes und Salben. Die haben, sagt Felix Hagelüken, aufgrund der verwendeten Substanzen und der besonderen Mischungen oft eine derart kurze Haltbarkeit, dass sie industriell gar nicht hergestellt werden können. Was auch zum Standard-Service gehört: das Herunter-Dosieren von Medikamenten für Kinder.
Auch in Paderborn aktiv
Die Familie Hagelüken betreibt neben den beiden Apotheken in Brilon auch die Apotheke im Südring-Center in Paderborn und eine in Wewer.
Was für den aufgeklärten Kunden und Patienten heute selbstverständlich ist, hatte noch den Ruch von Alchemie, als Kurfürst Maximilian, Erzbischof von Köln, am 6. September 1770 die Urkunde unterzeichnete, mit der er Franz Benedict Varenhagen „die alleinige Berechtigung“ verlieh, in Brilon eine Apotheke zu führen und dieses Privileg auch für seine Nachfahren gelten sollte. Gerhard Brökel verweist in seiner Chronik auf einen Melchior Niedhardt Gronau, der schon ab 1676 in den Steuerlisten der Stadt als Apotheker auftaucht.
Besser Baldrian als „Beratungs-Schnaps“
Allerdings sei nicht bekannt, welche Qualifikation er für diese Tätigkeit besaß. Jedenfalls muss er sich als ehrbarer Kaufmann, der mit Öl, Essig, Branntwein handelte, Brandsalbe für gefolterte Hexen herstellte, in Brilon Anerkennung erarbeitet haben.
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In alten Protokollen ist vermerkt, dass der den Briloner Ratsherren den „Beratungs-Schnaps“ lieferte. Heute wäre manchmal Baldrian förderlich.