Medebach. In den 80ern bedeuteten ihre Mofas Freiheit. Jetzt setzten sie sich erneut auf ihre Mofas. Das erlebten sie auf ihrer Tour durchs Sauerland.

Die Jugend prägt uns alle für das Leben. Da gibt es alte Kinofilme, die man nie vergisst und die auch nach vielen Wiederholungen im Fernsehen fesselnd sind, der ganz eigene, sich entwickelnde Musikgeschmack oder die ersten eigenen motorisierten Fahrzeuge, meistens Zweitakter.

Motoren hatten es den Mitgliedern und Mofa-Rockern der Jugendclique Jawa-Club aus dem Jahr 1983 damals besonders angetan. Denn diese sportlichen 25 km/h ließen für die Jugendlichen den Traum von der großen Freiheit wahr werden. Gemeinsam erlebten sie mit ihren Mofas so manches Abenteuer, das in seinen Einzelheiten und Konsequenzen bis heute nicht mit den Erziehungsberechtigten besprochen worden ist.

Und so reifte bei einigen, die sich heute noch regelmäßig zum Kickern, Wandern und Feiern treffen, der Wunsch nach einer Revival-Tour. Zwar sind die Pickel längst weg, stattdessen ziehen sich die ersten Falten um die Augen. Doch so ganz alt fühlt sich die Truppe nicht. Schon oft hatten sich die Jungs von damals gefragt: „Wie wäre es, noch einmal 15 zu sein, den Mofa-Führerschein frisch in der Tasche zu haben und mit ausreichend Zweitaktgemisch die Gegend unsicher zu machen?“

Côte d’Azur von Waldeck-Frankenberg

Jetzt wurde diese Idee in die Tat umgesetzt. Doch wie kam es genau dazu? Uli Drilling, einer der Teilnehmer, erklärt: „Nach einem Kinobesuch des Filmes ,25 km/h’ wurden noch ein paar Bierchen getrunken. Dabei entstand die Idee, die alljährliche Wanderungstour mit einer Mofa-Rundfahrt zu kombinieren.“ Schnell war auch ein Ziel gefunden, nämlich das 80 Kilometer entfernte Kassel mit einem Abstecher an den Edersee. Vor 40 Jahren war dieser nämlich für die Truppe der Nabel der Welt, der Edersee die Côte d’Azur von Waldeck-Frankenberg.

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Am vergangenen Wochenende war es endlich soweit: Uli, Bummi, James, Theo, Cardi, Georg und Horst hatten ihre Rucksäcke gepackt, Anhänger beladen und ihre Mofas vollgetankt, um zu ihrer dreitägigen Abenteuerreise zu starten. Morgendlicher Treffpunkt für den Trip war die Zweiradwerkstatt Clement, hier hatten die Teenies damals viel Zeit mit dem Schrauben an ihren Zweitaktern verbracht. Werkstattinhaber Theo Clement verabschiedete die Crew, er hatte sie bei den Vorbereitungen auch tatkräftig unterstützt.

Werkstattinhaber Theo Clement hilft damals wie heute den Mofafreunden beim Schrauben.
Werkstattinhaber Theo Clement hilft damals wie heute den Mofafreunden beim Schrauben. © Kerstin Neumann-Schnurbus

Dann war es endlich soweit, die Helme wurden aufgesetzt, die Kupplungshebel gezogen, die Gänge eingeworfen und mit einem Tritt erwachten die Einzylinder aus dem Schlaf und der Geruch der großen, weiten Welt kam wieder aus dem dünnen, langen Auspuff. Zur Mofa-Flotte zählten Fahrzeuge von Puch, Hercules, Zündapp und ein Langbankmofa von Kreidler. Das älteste Fahrzeug war 60 Jahre alt. Bei einer kleineren Panne unterwegs, die mit einem Pausensnack überbrückt wurde, wurde mit ölverschmierten Händen geschraubt, gefachsimpelt und das Problem, wie früher, gemeinsam behoben.

Nach 40 Kilometern erreichten die Mofa-Enthusiasten den Edersee und es kam jede Menge Spaß beim Bad im knapp 20 Grad kühlen Nass auf. Mitfahrer Christoph Hast erzählte begeistert: „Es war eine tolle Fahrt hierhin, die Mofa-Reisegeschwindigkeit entschleunigt und es bleibt Zeit, die Landschaft zu bestaunen.“ Zwar war auf dieser Reise der Weg das Ziel, doch trotzdem freuten sich die Medebacher Mofa-Rocker, nach einem Besuch von Schloss Wilhelmshöhe endlich das Ziel zu erreichen und ihren Allerwertesten eine Pause zu gönnen.

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So war fast alles wieder wie früher, nur wurde diesmal in Kassel nicht im Zelt geschlafen, sondern im Hotel. Am zweiten Tag der Tour stand eine gemeinsame Wanderung von Kassel nach Zierenberg durch den Habichtswald mit dem Erklimmen der 639 Stufen des Hermanndenkmals auf dem Programm.

Kein Einsatz fürs Abschleppfahrzeug

Zwei weitere Freunde der Kickergruppe kamen zu Besuch und der letzte Daheimgebliebene hatte sich für alle Fälle ein Abschleppfahrzeug für seine Kumpels besorgt, das zum Glück nie gebraucht wurde. Ein Höhepunkt der Tour war eine nächtliche Zimmerparty am Samstag, die genauso laut und lustig gefeiert wurde wie die Jawa-Club-Partys vor 40 Jahren.

Nach dem gemeinsamen Frühstück ließen sich die die Mofa-Piloten noch einmal auf der Heimfahrt den erfrischenden Fahrtwind ins Gesicht wehen. Am Sonntagabend erreichten alle nach Zwischenstopps, in der Altstadt von Wolfhagen, an der Klosterruine in Burghasungen und bei der Wasserkunst in Landau, wieder wohlbehalten Medebach.

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Insgesamt haben sie bei dieser Mofa-Wochenendreise 200 Kilometer zurückgelegt. Der Cheforganisator der Tour, Horst Hunold, resümiert: „Das war eine rundum gelungene Sache. Bis auf einen gerissenen Gaszug und ein Auspuffproblem konnten wir uns auf die alte Technik verlassen.“ Und Uli Drilling ergänzt: „Zwar mussten wir die ursprüngliche Idee, mit genau denselben Modellen wie in den 80ern zu fahren, verwerfen. Trotzdem war es ein Erlebnis, teilweise applaudierten die Leute am Straßenrand.“