Olsberg. Wolfgang Fischer ist seit elf Jahren Bürgermeister in Olsberg – und will es bleiben. Das sind seine Pläne für Olsberg, Bigge und die Dörfer.

Wolfgang Fischer schenkt Kaffee aus einer silbernen Kanne ein. Dann setzt er sich an den großen Tisch in seinem Büro. Der Raum wirkt aufgeräumt. An den Wänden hängen Bilder – Nahaufnahmen aus der Natur. Auf dem Schreibtisch steht ein Foto seiner Frau. DerBürgermeister der Stadt Olsberg wirkt entspannt, kramt kurz durch die Flyer der CDU. Nimmt einen Schluck aus seiner Tasse und kommt direkt auf das Thema zu sprechen, das derzeit so beherrschend ist. Corona. Und Wahlkampf, die NRW-Kommunalwahl steht bevor – am 13. September.

Wahlkampf in diesem Jahr anders

„Ja, der Wahlkampf findet dieses Jahr anders statt. Viel über die Sozialen Medien, das gehört dazu, also bediene ich das.“ Zwei- oder dreimal hat er ein Video gemacht. Mehr nicht. „Mir fehlt der Kontakt, wissen Sie?“, sagt er dann unvermittelt.

Steckbrief

Geboren: 1963 in Bigge, Abschluss an der Städtischen Realschule Olsberg. Es folgt eine Ausbildung zum Schreiner, das Fachabitur und das Studium zum Bauingenieurwesen.

Sieben Jahre ist er Leiter der Straßenmeisterei Winterberg und zuständig für die Unterhaltung von 280 Kilometern Bundes- und Landstraße.

Verheiratet mit Elke Menke.

„In meinem Kalender standen während der Schützenfestsaison 118 Termine, zu denen ich gegangen wäre. Jetzt ist nichts mehr da.“ Die Kontakte, die Feste draußen – „den Laden schmeißen“ – das ist das Elixir, das seinen Beruf ausmacht. Die Antwort, wieso er jetzt, nach elf Jahren als Bürgermeister, ein drittes Mal antreten will.

Ein Blick zurück auf elf Jahre Amtszeit

Bevor er in die Zukunft schaut, blickt er noch einmal zurück.

Heimatcheck- Dörfer fühlen sich abgehängt

Olsberg gehört zu den Gewinnern im Heimatcheck der WESTFALENPOST. Mit einer 1,98 benoten die Bürger die Frage, wie gerne sie in ihrem Ort leben. Ein Erfolg, den Wolfgang Fischer mit Freude verfolgt hat. Beim Gespräch hat er das Heft mit den Ergebnissen vor sich liegen – er scheint gut vorbereitet. Das drängendste Thema ergibt sich allerdings im Bereich der offenen Fragen, die die Leser an die WP richten konnten und ist nicht in dem Heft enthalten: Viele Menschen haben im Heimatcheck angegeben, dass sie sich auf den Dörfern von der Kernstadt abgehängt fühlen. Eine Problematik, die Wolfgang Fischer versteht. „Aus reiner Betrachtung kann ich das verstehen. Viele sagen mit Blick auf Olsberg und Bigge: Guck mal, was da läuft.“ Allerdings seien die Investitionen, die die Stadt tätige, zu einem großen Teil auch in die Dörfer geflossen. „Zusammengefasst sogar einen Tacken mehr als in der Kernstadt.“ Das Geld werde für Kitas, Gemeinschaftshäuser oder die Feuerwehr ausgegeben. Zudem gebe es einen Obulus für die Dorfpflege, der vorher genauestens abgesprochen wird.

Besonders das Stadtentwicklungsprojekt IKEK habe dazu beigetragen, im Gespräch mit den Dörfern zu bleiben und zu eruieren, was die Gemeinschaft dort braucht, was dort wichtig ist. Wolfgang Fischer betont, dass er die Fördermöglichkeiten im Blick habe, die es für die Dörfer und ihre Projekte gibt. „Ich sage ja, wir haben Millionen in der Kernstadt investiert. Aber die Dörfer können und sollen das Gespräch mit uns suchen und uns mitteilen, was sie wollen und brauchen.“

Ob das Gefühl von „abgehängt sein“ auch dem Nahverkehr geschuldet ist, weist Wolfgang Fischer von sich. „Der wurde ja auch im Heimatcheck gut benotet“, sagt er und wedelt kurz mit dem WP-Heft. Eine 2,98 hat er bekommen. „Das kann natürlich immer besser werden, aber es gibt einen Bus in jeden Ortsteil und ein Top Angebot an öffentlichen Verkehrsmitteln.“ Dazu gehöre das Anrufsammeltaxi, der Bürgerbusverein. Außerdem seien große Bildungseinrichtungen in Olsberg und daher sei die Anbindung nicht schlecht, wie Wolfgang Fischer sagt. „Aber ja, ein oder anderes kann man ausbauen.“

Angesprochen auf die Projekte, auf die er am stolzesten ist, schlägt er einen Bogen zu 2015 und 2016. Flüchtlingskrise. Rund 350 Menschen habe die Verwaltung in Olsberg unterbringen müssen. „Wir haben uns dagegen entschieden, die Flüchtlinge zentral unterzubringen, sondern haben privat angemietet. So gab es keine Gewaltexzesse und mehr Akzeptanz unter den Bürgern. Das war eine riesige Herausforderung und ich möchte noch einmal ein dickes Lob aussprechen. An meine Mitarbeiter, die mit allen Problemen so gut klargekommen sind. Und an die zahlreichen ehrenamtlichen Helfer, mit denen wir einen engen Draht hatten.“

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Dann spricht er von seinem zweiten Stolzprojekt, das eigentlich viel aktueller ist: Der Stadtumbau. Das Zentrumkonzept Bigge-Olsberg. 2015 der erste Spatenstich, im Juli 2020 ist der Umbau in Olsberg beendet. Fünf Jahre mit 80 Bauerlaubnisverträgen, für die er manchmal selbst an der Tür geklingelt hat. Fünf Jahre voller Bürgergespräche und Kritik – manchmal auch berechtigte, wie er sagt. „Es waren harte fünf Jahre, aber es hat sich echt gelohnt“, sagt Wolfgang Fischer und nickt dazu bekräftigend. Er hat ein „super Gefühl“ nach dem Abschluss. Jetzt geht es in Bigge weiter, viel will er dazu aber nicht verraten. „Im Herbst werden wir konkreter.“ Er grinst.

„Ich kann nicht ohne Baustellen“

Er steht kurz auf und zeigt aus dem Fenster seines Büros. Zu sehen ist der große Vorplatz am Rathaus. Leere Bänke. Einige Jugendliche hören laut Musik. Dann sind sie wieder verschwunden. „Eigentlich sollte hier das Zentrum sein. Das ist nicht so gelungen“, sagt Wolfgang Fischer.

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Das neue Zentrumkonzept allerdings schon. Er lässt sich auf mehrere Fragen hin noch nicht darauf ein zu verraten, was im Herbst konkretes in Bigge passieren soll.

Er lacht nur, sagt: „Ich kann nicht ohne Baustellen.“ Dass das Zentrum in Bigge abgehängt ist, nicht richtig dazugehöre, da widerspricht er. „Über den Kneipp-Erlebnisweg ist Bigge mit eingebunden. In Bigge gibt es kleine, feine, tolle Alleinstellungsmerkmale, die wir herausarbeiten werden.“ Jetzt hat er doch etwas verraten.

Thema Zukunft geht nicht mehr ohne Nachhaltigkeit. Erst vor kurzem hat der Rat Empfehlungen abgesegnet – für eine nachhaltigere Stadt. „Das Thema Klimaschutz ist schon lange vorhanden. Wir haben viele Maßnahmen dazu umgesetzt, aber nicht drüber geredet“, sagt Wolfgang Fischer.

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E-Mobilität fördern, Renaturierungsmaßnahmen – Nachhaltigkeit sei definitiv wichtig für ihn, sagt er. Dazu gehört auch die Energiewende, die in Olsberg in den letzten Jahren teils auf Kritik gestoßen ist. Die Energiewende sei ein fortlaufender Prozess, der konstruktiv begleitet werden solle. Bei dem realistische Ziele formuliert und Bürgerinnen und Bürger mitgenommen werden sollen. Wolfgang Fischer sagt aber auch: „Auf die Höhenrücken gehören keine Windräder.“

Viele Aufgaben für eine weitere Amtszeit

Sollte Wolfgang Fischer noch einmal Bürgermeister werden, steht er vor einigen Herausforderungen. Wie die Entwicklung von Gewerbeflächen. „Wir sind beschränkt durch Berg und Tal“, sagt Wolfgang Fischer. Und bringt das Problem auf den Punkt. Durch den Klimaschutz seien Flächen eine knappe Ressource. „Man muss genau gucken, welche Flächen man versiegelt. Interkommunale Flächen können eine Lösung sein, die Zusammenarbeit mit Herrn Bartsch läuft gut dahingehend.“ Allerdings habe die Absage durch den Briloner Rat zur interkommunalen Fläche Antfeld/Altenbüren ihn sehr enttäuscht. „Das hat uns viel Geld gekostet.“ Man sei aber in guten Gesprächen für neue Ansätze, denn gerade Olsberg als Wirtschaftsstandort sei wichtig für die Attraktivität der Stadt – gerade für junge Familien. Wolfgang Fischer spricht noch weitere Aufgaben an, die er anpacken will.

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Die Diskussion in Bigge, wo es um die Erweiterung der Klinik geht, die den Raum für den Offenen Ganztag betrifft: „Ein Luxusproblem. Wir führen dahingehend Gespräche.“ Die Digitalisierung: „Da geht noch mehr, da müssen manche noch aus dem Dornröschenschlaf erwachen.“ Tourismus: „Wir wollen den Gesundheitstourismus weiterentwickeln. Ein Kneipp-Stützpunkt werden. Und die Angebote auch in der Hotellerie ausbauen.“ Viel vorgenommen hat er sich. Viel angestoßen. Viel umgesetzt.

Welche Fehler hat es gegeben?

Und die Fehler? Was ist in elf Jahren als Bürgermeister schief gelaufen? „Das Leben ist nie perfekt. Jeden Tag macht man Fehler“, sagt er.

Schnelle Fragen

Olsberg in 10 Jahren sehe ich…

… als Gewinner im ländlichen Raum, der als Ort nicht nur älter wird sondern auch bunter.

Ich liebe Olsberg, weil...

… ich die Menschen, die hier wohnen, so gerne mag!

BVB oder Schalke?

Der BVB, ganz klar!

Kaffee oder Tee?

Kaffee

Winter oder Sommer?

Beides. Das ist so schwierig, weil ich begeisterter Skifahrer bin, aber auch gerne wandern gehe.

Stichwort Kommunikation. „Da kann man dran arbeiten, mal eine Nacht drüber schlafen – aber ich bin eher der Typ, der kurz und knapp abwägt und schnell entscheidet. Und der Stadtrat trägt meine Art der Ratsführung nun schon lange mit.“ Er sei Pragmatiker. Er fackele nicht lange. Und Fehler, die müsse man eben zugeben. „Wer das nicht kann, ist für den Job nicht geeignet“, sagt er schlicht.

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