Hochsauerlandkreis. Zeugnisse der Rechtsgeschichte gibt es einige im HSK. Eine Übersicht zeigt, wo mittelalterlichen Relikte in der Region zu besichtigen sind.
An den Pranger stellen, das gibt es heute noch. Im Internet. Die echten Schandpfähle, wie der neben dem alten Rathaus auf der altehrwürdigen Oberstadt von Marsberg sind nur noch Zeugnisse der Rechtsgeschichte vergangener Jahrhunderte. Zusammengefasst und nachzulesen sind sie jetzt in der der neuen Broschüre: „Streitkulturen: Herren, Hexen und Halunken im Hochstift Paderborn.“ Zusammengestellt hat sie der Historiker Frank Huismann und Sarah Masiak. 80 Seiten heimische Rechtsgeschichte in Wort und Bild aus dem südlichen Paderborn und angrenzenden nördlichen Sauerland präsentierten sie jetzt in der Wewelsburg.
Grenzübergreifendes Projekt
„Die Broschüre ist das Produkt einer intensiven und guten Zusammenarbeit der Arbeitsgruppe“, sagt Claudia Linnenbrink aus Padberg. Sie und ihr Mann Thomas arbeiten in der Arbeitsgruppe mit. Den Begriff „Gerichtsbarkeit“ oder „Rechtsgeschichte“ ersetzte die Arbeitsgruppe schon früh durch das Wort „Streitkulturen“.
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Um das Thema für jeden, auch ohne rechtliches Vorwissen interessant zu machen, so Claudi Linnenbrink weiter. Die angefügten Begriffe „Herren, Hexen und Halunken“ sollen verdeutlichen, dass Streit interdisziplinär, also nicht nur Streit mit der Obrigkeit bedeutet, sondern auch Streit von Bürgern untereinander, Bauer gegen Bürger oder Bürger gegen Landes- oder Gerichtsherr. Als besondere Gerichtsbarkeit kam in Padberg die Gerichtsbarkeit der Juden hinzu. Das Projekt wird durch Leader-Mittel gefördert.
13 Gerichtsstätten, Orte, Gebäude und Objekte um alltägliche Konflikte mit Gerichten werden in der Broschüre aus historisch korrekte und unterhaltsame Weise beschrieben. Die Broschüre will die Relikte der Rechtsgeschichte vorstellen, in historische Zusammenhänge bringen und zu ihrem Besuch anregen. Die im Anhang gedruckten Tourenvorschläge geben die Möglichkeit, sich auf die Pfade des Rechts zu begeben.
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Zum Besuch anregen
Sie führen nach Padberg mit seinen zwei Kirchen und der Synagoge, nach Obermarsberg mit der Rolandsfigur bei der Stiftskirche, dem Pranger und dem Museum der Stadt, nach Fürstenberg mit seinem Patromonialgericht, zum Jesuitenkolleg in Büren, zur Wewelsburg und zur Burg Lichtenau.
Hier ist die Broschüre erhältlich
Zunächst wurde die Broschüre in einer Auflage von 5000 Stück gedruckt. Sie ist bei den Projektpartnern, für die Region Marsberg beim Förderverein Ring Padberg und im Museum der Stadt Marsberg in Obermarsberg, in Fürstenberg über das „Alte Patrimonialgericht“, in Büren und Lichtenau über die Touristikinformation sowie natürlich über das Kreismuseum Wewelsburg gegen eine freiwillige Spende an den jeweiligen Verein erhältlich.
Noch in diesem Jahr sind weitere Aktivitäten der Arbeitgruppe geplant. Dazu gehören zwei Exkursionen. Die erste findet am Sonntag, 26. September statt und führt nach Büren, eine zweite lädt am 3. Oktober, geschichtsinteressierte Besucher nach Lichtenau ein. Eine weitere Exkursion ist für Mitte oder Ende Oktober in Obermarsberg geplant. Alle Veranstaltungen sind kostenlos, jedoch ist die Teilnehmerzahl coronabedingt auf 25 limitiert.
So gilt die Burg Ringelstein der Herrschaft Büren als trauriges Beispiel der exzessiven Hexenpolitik in den Jahren 1630/1631. Über 50 Personen wurden allen vom 17. März bis 15. April 1631 als vermeintliche Hexen und Hexer verurteilt. Auf der Wewelsburg gab es auch einen Hexenkeller. Die Herren von Padberg spielten im Mittelalter eine gewichtige Rolle. Sie waren schon 1263 im Besitz des Freigerichts.
Bei der Präsentation der Broschüre betonte der Autor Frank Huismann, dass es in ganz Deutschland wohl kein vergleichbares Projekt in dieser Form gebe. Zwar hätten einzelne Städte durchaus ihre Rechtsgeschichte aufgearbeitet. Eine ganze Region darzustellen, dies sogar überregional und grenzübergreifend, sei einzigartig.
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Auch der Bezug zur Gegenwart wurde hergestellt. So werden Bußgeldstrafen, die unbezahlt bleiben, heute mit Gefängnis geahndet. Früher wurden die Schuldigen an den Pranger gestellt. Voraus gingen Streitigkeiten und Beleidigungen, also die untere Ebene der Straftaten. sie wurden durch das Prangerstehen abgegolten. Und es traf solche, die eine Geldbuße nicht zahlen konnten.