Brilon. Neubau-Wohnen für 5,80 Euro Miete/Quadratmeter, und dazu ein Pool von Leih-E-Bikes für die Bewohner. Das gibt es demnächst in Brilon und anderswo

Es gehört landesweit zu den ersten geförderten Projekten dieser Art und der Anspruch ist ehrgeizig: Die Wohnungsbaugenossenschaft Hochsauerland will „die Weichen für die Entwicklung des Wohnungsangebotes in der Region neu stellen“. Rund 15 Millionen Euro nimmt sie dafür in den kommenden Jahren für Investitionen in Brilon, Olsberg und Medebach in die Hand.

Kern des Konzeptes: Entgegen der allgemeinen Entwicklung auf dem Wohnungsmarkt „kostengünstige und dabei zukunftsfähige Wohnungen in einem lebenswerten, kleinteiligen Umfeld aus Hausgruppen in zentrumsnahen Lagen“ zu errichten - jeweils inklusive eines Pools von E-Bikes für jedes Quartier. Los geht es am Derkerborn in Brilon.

Blick in die Alexanderstraße in Brilon: Das sind die beiden ersten und damit ältesten Häuser der Wohnungsbaugenossenschaft Hochsauerland. Sie sollen abgerissen und ersetzt werden, außerdem baut die Genossenschaft dort ein weiteres Mehrfamilienhaus. Das hat auch die Raiffeisen Westfalen-Mitte auf ihrem derzeit mit einer Halle (im Hintergrund) bebauten Grundstück vor.
Blick in die Alexanderstraße in Brilon: Das sind die beiden ersten und damit ältesten Häuser der Wohnungsbaugenossenschaft Hochsauerland. Sie sollen abgerissen und ersetzt werden, außerdem baut die Genossenschaft dort ein weiteres Mehrfamilienhaus. Das hat auch die Raiffeisen Westfalen-Mitte auf ihrem derzeit mit einer Halle (im Hintergrund) bebauten Grundstück vor. © Jürgen Hendrichs

Dort steht der genossenschaftliche Wohnblock aus den 70er Jahren. 29 Wohnungen befinden sich in dem verschachtelten und bis zu fünf Etagen hohen Flachdach-Komplex.

Gespräche in Düsseldorf

Diese Architektur-Sprache ist passe, und davon, so Peter Wagner, ehemaliger Direktor der Sparkasse Hochsauerland und Vorstandsvorsitzender der Genossenschaft, habe auch das Bauministerium in Düsseldorf nichts wissen wollen, als man dort gemeinsam mit Bürgermeister Dr. Christof Bartsch wegen Fördermöglichkeiten für das neue Vorhaben vorsprach.

Ökologie und soziale Kontakte

Die aktuellen Pläne sehen vor, am Derkerborn eine aus vier giebelständig zur Straße stehenden Gebäuden bestehende Häuserzeile zu errichten. Jedes Haus ist, inklusive Dachgeschoss, nur drei Etagen hoch. Das ergibt zusammen 900 Quadratmeter Wohnfläche und Platz für zwölf Parteien. Dabei sollen die Wohnungsgrößen dem unterschiedlichen Bedarf und den Ansprüchen von Singles, Senioren und Familien mit Kindern angepasst werden.

446 Wohnungen im Bestand

Die Wohnungsbaugenossenschaft Hochsauerland wurde 1935 gegründet.

Der aktuelle Bestand liegt bei 446 Wohnungen mit einer Gesamtwohnfläche von 27.827 qm.

Leerstandsquote: 0,8 Prozent.

Das Anlagevermögen ist mit 11,9 Millionen Euro ausgewiesen, die Mieteinnahmen betrugen 2019 2,2 Millionen Euro und der Überschuss 357.900 Euro.

Um tatsächlich günstigen Wohnraum zu schaffen, wird bei Bau auf kostentreibende Keller oder Tiefgaragen verzichtet. Jedes Quartier erhält einen Gemeinschafts-Pavillon, in dem u.a. die E-Bikes und deren Ladestationen untergebracht sind. Die Bikes - es wird sowohl spezielle Lastenräder zum Einkaufen als auch Freizeiträder geben - können wie beim Car-Sharing per App gebucht werden. Als Gebühr, sagt Peter Wagner, denke man an einen Euro pro Stunde. Die Pavillons samt Ladestation steht natürlich auch den privaten E-Bikes der Mieter zur Verfügung.

CO2-neutrale Bauweise

Nebeneffekt des neuartigen Mobilitätsangebotes: Als Bauherr braucht die Genossenschaft nicht mehr anderthalb Stellplätze pro Wohnung ausweisen, sondern nur noch einen. Peter Wagner: „Wir wollen Wohnungen bauen, keine Stellplätze.“ Zu dem Wohnhof-Konzept gehört auch eine entsprechende Gestaltung der Freiflächen. So gibt es befestigte und unbefestigte Bereiche, Platz zum Spielen und Grünflächen. All das soll, so sieht es das Konzept vor, „durch zufällige Begegnungen die Kommunikation und die Bekanntschaft unter den Bewohnern fördern“.

Bei den Gebäuden wird auf CO2-Neutralität geachtet. So kommt bei der Konstruktion Holz zum Einsatz, es ist eine Solaranlage und Heizen mit Holz vorgesehen.

Auch die „Bäuerliche“ baut in der Alexanderstraße

Auf diese Weise, so Peter Wagner, lasse sich eine Kaltmiete von 5,80 Euro pro Quadratmeter rechnen. Zur Einordnung: Auf dem frei finanzierten Wohnungsbau geht es nach Angaben des Ex-Bankers bei 7,50 Euro los.

Während in der Eichholzstraße in Brilon der Bau eines genossenschaftlichen 10-Familien-Haus seinem Ende entgegen geht, nimmt ein weiteres in Brilon erste Formen an: Die Genossenschaft will ihre beiden ältesten Häuser - es handelt sich um die beiden 1935 in der Alexanderstraße gebauten Objekte - abreißen und auch dort nach dem neuen Konzept neu bauen. Zudem will die Wohnungsbaugenossenschaft dort vorab im nächsten Jahr ein weitere Fünf-Familien-Haus bauen.

Pläne für Olsberg und Medebach

Wie berichtet, plant in diesem Bereich auch die Raiffeisen Westfalen-Mitte, die „Bäuerliche“, im Zuge ihrer Standort-Modernisierung den Bau eines Mehrfamilienhauses. Das soll auf dem Gelände de jetzigen Möbelmarktes errichtet werden.

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Wohnhöfe wie in Brilon plant die Wohnungsbaugenossenschaft auch in Olsberg und Medebach. Peter Wagner: „Wenn es Grundstücke gäbe, würden wir das auch anderswo noch machen.“