Hallenberg. Der Muttergottestag in Hallenberg findet trotz Corona statt. Warum das Gnadenbild in der Unterkirche schon so manchen Sturm überstanden hat.

Seit mehr als 700 Jahren wird in der Hallenberger Wallfahrtskirche als Gnadenbild eine thronende Madonna mit Kind verehrt. „Unsere liebe Frau von Merklinghausen“ hat in dieser Zeit schon viele Gebet erhört und viel erlebt. Eine Corona-Pandemie war vermutlich nicht dabei. Seit 1927 wird der Muttergottestag wieder jährlich und regelmäßig begangen. Ohne Unterbrechung. Selbst in Kriegszeiten. Immer am Sonntag nach Maria Himmelfahrt wird dieser Tag gefeiert – das ist diesmal der 16. August. Und daran wird auch ein Virus nichts ändern.

Ein anderes Gepräge

„Der Muttergottestag wird in diesem Jahr ein anderes Gepräge haben. Er wird in angepasster Form stattfinden“, sagt Pastor Matthias Kamphans. In ganz kleiner Prozession durch Ministranten, Fahnenabordnungen und den Priestern wird um 10 Uhr das Gnadenbild aus der Unterkirche an den Freialtar begleitet. Danach findet dann die Begrüßung und die Segnung der Krautbunde statt. Dann wird die Messe auf dem Freigelände an der Unterkirche gefeiert. Hauptzelebrant wird Weihbischof Dominicus Meier von den Benediktinern in Meschede sein. An das Ende der Hl. Messe wird sich ein kleines „Marienlob“ anschließen, bevor mit dem Segen des Weihbischofs die vormittägliche Feier endet.

Abends um 20.30 Uhr wird es eine festliche Marienfeier an der Unterkirche geben. Über den ganzen Tag besteht natürlich dort die Möglichkeit zu beten. Mehr geht nicht.

Keine Prozession

Die feierliche Prozession, bei der das Gnadenbild von der Unterkirche hoch zur St.-Heribert-Pfarrkirche getragen wird, gibt es diesmal nicht. Kein Fahnenmeer entlang der Straßen, keine Blumenteppiche, keine Vesper am Nachmittag. Die Mutter-Gottes-Figur wird nicht in der Kirche aufgestellt und abends auch nicht in einer Lichterprozession zu ihrem angestammten Platz zurück geleitet. Trotzdem soll der Tag feierlich begangen werden. Pastor Kamphans: „Die Bundesstraße ist ja wie jedes Jahr am Sonntag von 6 bis 13 Uhr gesperrt. Umleitungen sind ausgeschildert. Parkplätze sind ausreichend vorhanden. Und somit haben wir auch gegenüber ausreichend Möglichkeiten, uns um die Unterkirche zu verteilen. Die Beschallung richten wir so aus, dass man dem Mess-Verlauf auch jenseits der Hecke gut folgen kann und man das Gefühl behält, ein Teil des Ganzen zu sein.“

Das Gnadenbild „Unsere liebe Frau von Merklinghausen“.
Das Gnadenbild „Unsere liebe Frau von Merklinghausen“. © wp | Rita Maurer

In der Regel kopiert Pfarrgemeinderatsvorsitzender Heribert Knecht um die 800 bis 1000 Liedzettel. Ob auch diesmal so viele Gläubige kommen, muss sich zeigen. „Ich glaube schon, dass viele darauf warten und enttäuscht wären, wenn der Muttergottestag ausfiele“, sagt er.

Auszüge aus der Historie

Pastor Stephan Berkenkopf hat im Heimatbuch der Stadt (Band 1) eine Abhandlung über die Marienwallfahrt in Hallenberg geschrieben. Er war elf Jahre Pastor im Pastoralverbund Bad Wildungen-Waldeck und ist jetzt Pastor im Pastoralverbund Mindener Land. Er schreibt u.a.

Das Merklinghauser Gnadenbild war im ausgehenden 13. Jahrhundert das einzige, das sich in der entlegenen südöstlichen Grenzregion des Erzbistums Köln befand. Im angrenzenden Erzbistum Mainz, in unmittelbarer Nähe Merklinghausens gab es jedoch vier weitere Marienwallfahrtsorte: Girkhausen, Bromskirchen, Rengershausen und Frankenberg. Merklinghausen gehörte also zu einem mit Marienwallfahrtsorten reich bestickten Teppich im Grenzgebiet der Erzbistümer Köln und Mainz.

Allein die Existenz von fünf Wallfahrtsorten auf engstem Raum (etwa 60 Quadratkilomter) zeugt von einer tiefen Verehrung der Gottesmutter. Eine vergleichbare Fülle ist von keiner anderen Stelle Westfalens (bzw. Hessens) bekannt. Mit Ausnahme Merklinghausens bzw. Hallenberg istdie Wallfahrt in diesen Orten nach der Reformation zum Erliegen gekommen, und die Gnadenbilder verschwanden.

Der älteste Bericht über die Hallenberger Wallfahrt ist in Lachemeyers Chronik enthalten: „Von dem frommen und religiösen Sinne der Bewohner von Hallenberg und der nächsten Umgebung in den ersten Jahrhunderten nach Verbreitung des Christenthums zeugen noch die Spuren ehemaliger Klöster, namentlich in der Kettelfege, im Nonnenwinkel und zu Bubenkirchen. Nach den Klöstern Nonnenwinkel und Bubenkirchen ging man, so wird erzählt, jährlich aus der Nähe und Ferne in Prozession und wallfahrtete von da nach der bei Hallenberg gelegenen Kapelle Merklinghausen, indem das noch in derselben vorhandene Marienbild in der ganzen Gegend als Gnadenbild, bei dem viele Wunder geschehen sein sollen, berühmt war.“

Im Namen der Gemeinde weist er noch einmal darauf hin, dass sich alle Teilnehmer an die Verordnungen und Corona-Schutzmaßnahmen zu halten haben. Knecht: „Nachdem alle Planungen abgeschlossen sind, freut sich Hallenberg auf die Feier dieses Festtages unter ganz neuen Rahmenbedingungen. Alle Gläubigen bitten wir herzlich mitzuhelfen, dass auf dem Gelände an der Unterkirche und darüber hinaus, die Abstandsregeln gut eingehalten werden und wir somit allen die Mitfeier ermöglichen können.“

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Dass – getreu dem Motto: Not lehrt beten – ausgerechnet wegen der Pandemie mehr Menschen kommen werden, glaubt Pastor Kamphans nicht. „Diejenigen, die etwas damit verbinden und die auch sonst kommen würden, werden die Möglichkeit nutzen.“ Ein kirchliches Angebot sei nicht dafür da, einen Bedarf zu wecken, der ohnehin nicht da sei. In der Corona-Hochphase sei ihm aber schon aufgefallen, dass er in der Unterkirche vor der Mutter Gottes immer wieder Gebetskopien habe nachlegen müssen. „Eine Messfeier ist nicht der einzige Ort um zu beten.“

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Besondere Ausstrahlung

Unbestreitbar hat „Unsere liebe Frau von Merklinghausen“ aber schon seit langer Zeit eine besondere Ausstrahlung. „Das Gnadenbild datiert aus der Zeit um 1260/70. Es wird angenommen, dass es auch schon früh Wallfahrten dorthin gegeben hat“, weiß Stadtarchivar Georg Glade. In der Reformationszeit sei die Wallfahrt wohl zum Erliegen gekommen. Glade: „Das Gnadenbild selber wurde in der Barockzeit ungestaltet und von einer sitzenden in eine stehende Madonna umgearbeitet. Danach geriet es in Vergessenheit, in dem Sinne, dass niemand mehr wusste, dass es sich um das alte Gnadenbild handelt. Erst der Benediktinerpater Ansgar Pöllmann hat das Bild 1927 ,wieder aufgefunden‘ und in den ursprünglichen Zustand zurückversetzen lassen, worauf die Wallfahrt neu belebt wurde.“

Und diese Tradition soll auch Corona nicht unterbrechen.