Medebach. Harald und Irmgard Schnellen betreiben ein Modegeschäft in Medebach in vierter Generation. Den Laden gibt es seit 1890. Jetzt naht das Ende.
Im kommenden Jahr wird ein Medebach im Hochsauerlandkreis eine Tradition enden. Dann, vermutlich im Frühling, schließt das Modehaus Rupprath. Die Inhaber Harald und Irmgard Schnellen gehen in den Ruhestand. „Wir haben das Haus seit 35 Jahren geführt“, erklärt Harald Schnellen am Telefon.
Seine Vorfahren stehen aber schon viel länger für Mode und freundliche Beratung in Medebach: 1890 eröffnete Schnellens Urgroßvater Franz Rupprath den Betrieb – der Name ist bis heute geblieben. Von ihm ging das Geschäft auf den Sohn über, von diesem auf die Tochter und von dieser wiederum auf ihren Sohn.
„Unser traditionsreiches Geschäftsmodell heißt: Service mit Freude“, sagt dieser. „Wir beraten kompetent und die Zufriedenheit der Kunden ist uns wichtiger, als jedesmal etwas zu verkaufen.“ Auch mal einen Schwatz mit der Kundschaft halten, auch mal deren Sorgen lauschen, „auch das ist unsere Aufgabe.“
Seitdem die Nachricht von der Schließung die Runde macht, hätten sich bereits viele Kunden gemeldet und ihr Bedauern ausgedrückt, erzählt Schnellen. Aber ein Zurück gibt es nicht.
Fünfte Generation hat andere Pläne
Es gebe mehrere Gründe für die Entscheidung, die sich gegenseitig beeinflussen. Da ist zum einen der bevorstehende Ruhestand: „Ich werde dieses Jahr 64 Jahre alt. Da möchte ich das Geschäft nicht mehr mit Blick auf die nächsten zehn Jahre strategisch umstellen.“
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Das aber wäre zumindest teilweise nötig, denn der Strukturwandel erfordert Veränderungen. Dabei sei nicht allein die Konkurrenz des Onlinehandels maßgeblich. Auch in der Warenwirtschaft werde die Digitalisierung immer wichtiger. Außerdem müsse man sich, um zukunftsfähig zu bleiben, stärker auf einzelne Sortimentsbereiche konzentrieren – dafür aber biete Medebach kein ausreichend bevölkerungsstarkes Einzugsgebiet.
Zweites Geschäft
Neben dem Haupthaus in der Oberstraße 19 führt Familie Schnellen auch einen CBR-Store in der Oberstraße 24. Dort wird Damenmode zweier bekannter Marken verkauft. Dieses Geschäft wird, anders als das Haupthaus, bereits in diesem Jahr schließen.
Eine Zeitlang hatte es so ausgesehen, als ob eine fünfte Generation der Familie das Modehaus übernehmen würde: Einer der drei Söhne von Harald und Irmgard Schnellen hatte im Betrieb die Grundlagen erlernt, dann Textilbetriebswirtschaft studiert und als Unternehmensberater gearbeitet. Doch inzwischen hat er gemeinsam mit anderen ein erfolgreiches Startup in Hamburg gegründet und wird beruflich nicht nach Medebach zurückkehren.
Räumungsverkauf läuft
Alle diese Gründe zusammengenommen hätten die Entscheidung ausgelöst, schon zum jetzigen Zeitpunkt eine Schließung im kommenden Jahr in den Blick zu nehmen. „Wir müssen nicht schließen“, betont Schnellen. „Wir können.“ Auch die Corona-Pandemie sei nicht der Auslöser gewesen – sie habe den ohnehin laufenden Strukturwandel jedoch beschleunigt.
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Apropos Corona: Zum 130-jährigen Firmenjubiläum war im März zwar keine Feier geplant, wohl aber ein paar Aktionen für die Kundschaft. Das Unternehmen wollte sich bei seinen Stammkunden bedanken, die zu seiner langen Geschichte beigetragen haben. Eine Woche vor dem geplanten Start kam die Schließung aller Geschäfte dazwischen.
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„Es ist schon etwas traurig, dass eine so lange Tradition demnächst abgeschlossen werden muss. Aber ich denke, dass auch meine Eltern es unter den gegebenen Bedingungen mittragen würden“, meint Harald Schnellen. Bis es 2021 so weit ist, läuft der Räumungsverkauf, so dass für die Kunden noch einige Schnäppchen und Schwätzchen drin sein dürften.