Hallenberg/Winterberg/Medebach. Sterbende und Angehörige begleiten – in Zeiten von Corona sehr schwer. Doch die Ehrenamtlichen sagen: „Scheuen Sie sich nicht, uns anzusprechen.“

„Schwierig. Ganz schwierig“, antwortet Dr. Maike Wigand auf die Frage, wie Hospizarbeit und Sterbebegleitung in Corona-Zeiten laufen. Wigand ist die Vorsitzende der Hospizinitiative Hallenberg/Winterberg. Der Verein begleitet seit über 20 Jahren junge und alte Menschen im letzten Lebensabschnitt und deren Angehörige.

Ein ehrenamtlicher Dienst, der von Nähe lebt, vom Zuhören, Reden, auch mal vom Handhalten oder auf die Schulter legen. Alles nicht erlaubt in Zeiten von Corona. „Unsere Begleitungen in Altenheimen waren bis vergangenen Mittwoch komplett ausgesetzt. Unsere Helfer durften die Heime nicht betreten, da wurden keine Ausnahmen gemacht.“

Für die große Vorsicht der Heime habe sie vollstes Verständnis. „Aber wenn man weiß, wie die Leute dort sich normalerweise auf unsere Helfer freuen und wie sehr sie auf sie warten, dann ist das hart.“ Das Pflegepersonal wachse während der Krise über sich hinaus. Aber die Zeit, eine Weile ungestört bei jemandem am Bett zu sitzen, sei meist einfach nicht vorhanden.

Begleitung mit vielen Hindernissen

Die Ehrenamtlichen haben versucht, aufrecht zu erhalten, was möglich ist. Haben mit ihren Schützlingen telefoniert oder Briefe geschrieben. Wigand sagt, alle sehnen sich danach, den Dienst wieder aufzunehmen.

„Zur Krisen-Hochzeit im April habe ich gefragt, wer bereit wäre, mit vor das im Seniorenzentrum St. Josef zu kommen, um dort für die Bewohner zu singen. Da hatte ich innerhalb kurzer Zeit 25 Zusagen – viel mehr, als sich dann treffen durften.“ Die Senioren kamen also auf den Balkon und einige Helfer sangen unten vorm Haus. „Es sollte einfach ein Zeichen sein“, und es habe auch beiden Seiten Freude gemacht, selbst mit zehn Metern Abstand.

Kontakt zur Hospizinitiative

Wer die Hilfe der Hospizinitiative in Anspruch nehmen möchte, kann sich unter Tel.: (0151) 15669840 oder hospiz-h-w@t-online.de melden. Begleitung von Angehörigen ist zum Beispiel telefonisch, bei Spaziergängen, per Mail oder Whatsapp möglich.

„Wir brauchen auch finanziellen Spielraum“, spricht Dr. Maike Wigand das Thema Finanzen an. Die Planung teurer Projekte wie „Hospiz macht Schule“ läuft weiter, ebenso andere Kosten. Gleichzeitig ist in der Coronakrise das Spendenaufkommen stark gesunken. Wer die Hospizinitiative mit einer Mitgliedschaft oder Spende unterstützen möchte: Sparkasse Hochsauerland, IBAN: DE09 4165 1770 0081 0023 88.

Die normale Arbeit der Ehrenamtlichen aber wurde durch Abstandsgebot und Besuchsverbot in Heimen unmöglich. „Ich habe mich mit einem Herrn getroffen, den ich begleite. Er auf dem Balkon, ich unten, beide mit Maske, und wir beide hören schlecht…“ Unter solchen Umständen sind ein persönliches Gespräch und das Gefühl von Nähe kaum zu erreichen.

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Doch nicht nur in Altenheimen greift die soziale Isolation um sich. Die Initiative begleitet auch Personen, die zu Hause leben, entweder allein oder betreut von Angehörigen. Zwei Anfragen für neue Begleitungen haben die Initiative seit März erreicht. Gäbe es die Pandemie nicht, wären 15 bis 20 Anfragen in diesem Zeitraum zu erwarten gewesen, sagt Wigand. Es ist nicht davon auszugehen, dass der Bedarf geringer geworden ist.

Mehr über die Hospizinitiative Hallenberg/Winterberg

Wigand ist sich vielmehr sicher, dass sich die Bedürftigen und ihre Angehörigen zurückhalten. „Es gibt eine große Scheu und Angst, Fremde ins Haus zu lassen.“ Viele Bedürftige sagten sich in dieser Lage bestimmt: Der Pflegedienst und der Doktor müssen reingelassen werden. Eine Hospizbegleitung sei im Gegensatz dazu nicht unbedingt notwendig. „Das führt leider dazu, dass wir gerade da, wo wir am dringendsten gebraucht würden, jetzt auf Hindernisse stoßen“, bedauert Wigand.

Angst, Fremde ins Haus zu lassen

Es ist eine Sorge, die sie Betroffenen und Angehörigen gern nehmen würde. Sie möchte sie ermutigen, sich auch während der Coronakrise bei der Initiative zu melden und Hilfe in Anspruch zu nehmen. Denn, so verspricht sie, die Ehrenamtlichen halten sich an Abstandsregeln, tragen Masken und tun alles, um eine Gefährdung der Patienten und Angehörigen zu vermeiden.

Das Sauerland-Wetter für die kommende Woche

Der weitgehende Stillstand trifft auch die Helferinnen und Helfer selbst. Keine Treffen, keine Weiterbildung, keine Supervision, keine Vorträge, keine Trauerbegleitung, keine Besuche von „Hospiz macht Schule“ in den Schulen. Übers Smartphone wird Kontakt gehalten, „wir verlieren uns nicht, aber das alles fehlt enorm.“

Ab Herbst wieder Trauercafé geplant

Es bestehe Hoffnung, dass das Trauercafé und „Hospiz macht Schule“ im Herbst wieder anlaufen können – immer unter der Voraussetzung, die Corona-Lage in der Region bleibt stabil. Bis die Hospizarbeit wieder wie früher laufe, werde es noch lange dauern. „Aber die Leute sollen auch jetzt keine Scheu oder Angst haben, uns anzusprechen. Wir haben ausreichend viele Ehrenamtliche und arbeiten streng nach den Sicherheitsregeln.“

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Maike Wigand ist selbst Medizinerin. Wie blickt sie bezüglich der Pandemie in die Zukunft? „Ich bin genauso unsicher wie alle anderen. Meiner Meinung nach hat die Politik in Deutschland gut entschieden und ich habe großes Vertrauen in unsere Virologen. Jeglicher Leichtsinn aber erschreckt mich zutiefst, ich finde, es geht mit den Lockerungen teilweise zu schnell.“

Auf einen Impfstoff warten und bis dahin tun, was möglich ist – das ist erstmal die Devise auch in der Hospizarbeit. Aber es geht weiter.