Brilon. Illegales Autorennen durch Brilon: Der Fahrer rast auch durch Wohngebiete. Er ist mit bis zu 200 km/h unterwegs. Die Hintergründe des Rennens.
Es war nur ein Bagatellschaden, den der 37 Jahre alter Autofahrer aus Werl an einem Februarabend angerichtet hatte. Bei der Ausfahrt von der Autobahn bei Bigge hatte er einem an der Kreuzung bei Rot wartenden Wagen einen Rempler versetzt und dessen Stoßstange geknautscht. Doch statt sich mit der Fahrerin zu verständigen, gab er Gas. Und wie. Rund 50 Kilometer weit, bis zum Möhnesee, flüchtete der 37-Jährige vor der Polizei. Ohne Grund. Nicht einmal Alkohol war bei der Fahrt im Spiel.
Am Montag bekam er vor dem Amtsgericht Brilon die Quittung: Zehn Monate Freiheitsstrafe wegen Unfallflucht, fahrlässiger Körperverletzung, Nötigung und eines illegalen Autorennens - als solches gilt seit 2017 der Versuch, sich vor der Polizei aus dem Staub zu machen.
Durch Wohngebiete, über Wirtschaftswege und auf grüner Wiese
Das „spezifische Ziel" eines derartigen Rennens, so hat es das Oberlandesgericht Stuttgart formuliert, sei nicht der Sieg, sondern die erfolgreiche Flucht. Und die ging in diesem Fall nicht nur über Hauptstraßen, sondern auch durch Wohngebiete in Brilon, über Wirtschaftswege und sogar auf die grüne Wiese.
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Die geschädigte Autofahrerin hatte die Polizei alarmier. Am Ortsausgang von Altenbüren fiel der Wagen, ein Golf, einer Polizeistreife auf. Die war über die Unfallflucht im Bilde, machte kehrt und nahm die Verfolgung Richtung Brilon auf. Nach ein paar hundert Metern drehte der 37-Jährige überraschend auf der B7 und bog im Südfeld in einen Wirtschaftsweg ein, die Polizei hinterher. Durch einen Zaun ging's auf eine Weide, wo die beiden Wagen, wie sich ein Polizist erinnerte, „Pirouetten drehten“ und sich schließlich festfuhren.
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An Streifenwagen vorbeigequetscht
Auf die Aufforderung, auszusteigen, reagierte der 37-Jährige nicht. Vielmehr gelang es ihm weiterzufahren. Die Polizisten im Dienst-BMW mussten passen. Kurz vor Brilon griff eine zweite Streife ein und setzte die Verfolgung fort. Diesmal ging es durch Wohngebiete am Derkerborn und am Renzelsberg. Dort verfranzte sich der Werler in einer Sackgasse. Der Streifenwagen versperrte den Rückweg. Doch auch dort kam der Werler der Aufforderung einer Polizistin, sich zu stellen, nicht nach, sondern fuhr einfach auf den Polizeiwagen los und quetschte sich an ihm vorbei.
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Zwei Kreisverkehre nahm der 37-Jährige entgegen der Fahrtrichtung, und weiter ging es durch die Stadt auf die Möhnestraße und dann in Richtung Warstein. Bis zu 200 km/h soll er auf dem Tacho gehabt haben – nutzte in Kurven die Gegenfahrbahn und fuhr über zwei rote Ampeln: „So etwas habe ich noch nicht erlebt“, so ein Polizist- Am Möhnesee, in Völlinghausen, war die Fahrt zu Ende. Nach einer rasant geschnittenen Kurve verlor der 37-Jährige die Kontroll und rutschte in eine Böschung.
Staatsanwalt will Zeichen setzen
Staatsanwalt Keller forderte als „deutliches Zeichen eine Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Monaten. So sah das auch Richter Härtel. Die Bewährungszeit beträgt drei Jahre, zwei davon muss der 37-Jährige ohne Führerschein auskommen. Zudem soll der von Hartz IV lebende Arbeiter 150 Sozialstunden leisten.
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Der ohne Verteidiger erschienene Angeklagte verfolgte die Verhandlung weitgehend regungs- und wortlos; auf Fragen des Richters und des Staatsanwalts ging er nicht ein, den Zeugen stellte er keine Fragen. Erst zum Schluss der Verhandlung ergriff der 37-Jährige doch noch das Wort. Er wolle sich erst noch überlegen, ob er das Urteil annehme. Und dann sagte er noch, dass ihm der Vorfall „furchtbar leid“ tue.