Winterberg. Rundgang zeigt, wie sich das St. Franziskus auf die Pandemie vorbereitet, an was dabei alles zu denken ist und wie sich Routinen verändert haben.

Die Stoßzeit scheint erstmal vorbei zu sein. Anfangs, erzählt Krankenschwester Marion Mönxelhaus, sei der Andrang an der Corona-Abstrichstelle deutlich größer gewesen, das Gesundheitsamt schickte 50 bis 60 Verdachtsfälle pro Tag vorbei.

Es wurde eigens ein Holzschuppen als Unterstand vors Fenster der Abstrichstelle gezimmert, eine Einbahnregelung eingerichtet mittels Absperrband, Loch in der Hecke und neuem Rindenmulch-Pfad. Ein Sicherheitsdienst stand Wache. Anfangs sei das auch nötig gewesen. Inzwischen ist es deutlich ruhiger geworden. Während des WP-Besuchs kommt nicht ein einziger Testkandidat durch den strömenden Regen.

Krankenschwester Marion Mönxelhaus arbeitet an der Corona-Abstrichstelle – fürs Pressefoto nicht in kompletter Schutzbekleidung.
Krankenschwester Marion Mönxelhaus arbeitet an der Corona-Abstrichstelle – fürs Pressefoto nicht in kompletter Schutzbekleidung. © Stefanie Bald

Das Krankenhaus Winterberg hat seinen Betrieb an die Pandemie angepasst. Zwar werden seit gut einer Woche auch wieder nicht lebensrettende Operationen durchgeführt.

Doch das Hospital bleibt in Habachtstellung. „Es ist komisch“, sagt Geschäftsführer Andreas Pulver. Rund eine Woche habe es gedauert, den Krankenhausbetrieb umzustellen, Räume neu zu verteilen, neue Laufwege festzulegen, alle Mitarbeiter zu schulen.

Investorensuche „wahrscheinlich erledigt“

Am Montag (4.5.) fand ein runder Tisch zur Zukunft des insolventen Krankenhauses statt. Teilnehmer: Landrat Dr. Karl Schneider, die Bürgermeister aus dem Südkreis, Vertreter von Bezirksregierung und Gesundheitsamt sowie der Generalbevollmächtigte Dr. Christoph Niering und Geschäftsführer Andreas Pulver.

Die Kreisverwaltung teilte auf Anfrage mit, zu dem „internen Austausch“ sei keine Pressemitteilung geplant. Von Krankenhausseite hieß es am Abend, es sei der Status quo erläutert, das Sanierungskonzept und mögliche Zukunftsperspektiven besprochen worden. Die Gespräche würden im Juni „fortgeführt und intensiviert.“

Pulver hatte vorab mitgeteilt, er rechne noch nicht mit einer Entscheidung. Er gehe aber davon aus, dass sich die A-Lösung, die Suche nach einem privaten Investor, „höchstwahrscheinlich erledigt“ habe. Zu groß sei aufgrund von Corona derzeit die Zurückhaltung möglicher Geldgeber. Sein Wunsch sei es, eine Perspektive für das Haus zu finden. Pulver sagte auch zu, dass das Krankenhaus weitere Schritte künftig transparenter kommunizieren werde als bisher.

Danach sei Ruhe eingetreten. „Wir warten auf etwas, das kommen könnte. Aber noch ist es nicht eingetreten.“ Die Kunst sei, sich schnell einzustellen auf veränderte Gegebenheiten.

In jedem Bereich gibt es einen Ansprechpartner. Zusammen bilden sie die Corona-Gruppe. Sie entscheidet, wie die durch Corona erweiterten Infektionsschutzvorgaben im Krankenhaus Winterberg konkret umgesetzt werden. Alle Mitarbeiter hätten große Flexibilität bewiesen; Corona habe das Team enger zusammengeführt.

Einblick in veränderte Routinen

Beim Rundgang zeigt Ursula Dohle, Leitende Oberärztin der Inneren Medizin und Hygienebeauftragte, wie viele Einzelmaßnahmen zu einer solchen Umstellung gehören: Die Praxis des ärztlichen Notdiensts ist umgezogen, um Platz für die Abstrichstelle zu schaffen.

Ein Übergabepunkt für den Rettungsdienst wurde eingerichtet, damit die Sanitäter das Krankenhaus möglichst nicht mehr betreten müssen. Jeder Patient wird auf Corona getestet. Separate Röntgenmöglichkeiten für Covid-19-(Verdachts)Fälle sind ausgewiesen. Übergaben am Schichtende finden per Video- oder Telefonkonferenz statt. Auf allen Stationen ist Mund-Nasen-Bedeckung Pflicht, in kritischen Bereichen eine komplette Schutzausrüstung. Patienten, bei denen nicht lebensnotwendige Eingriffe geplant sind, müssen vor der Aufnahme sieben Tage lang Tagebuch führen und notieren, ob sie Covid-19-Symptome haben.

Die augenfälligsten Veränderungen: An der Tür zu Station 1 prangen große Schilder „Dieser Zugang ist gesperrt!! Infektionsabteilung“. Die komplette Geriatrie wurde geräumt und zur Isolierstation umgewidmet.

https://www.wp.de/staedte/altkreis-brilon/corona-widerstand-staatsschutz-ermittelt-gegen-briloner-id229041831.html

Auch auf der Intensivstation gibt es deutliche Veränderungen: Vor zwei Patientenzimmern wurden zusätzliche Leichtbauwände eingezogen, die jeweils einen kleinen Extra-Raum schaffen. In dieser Schleuse legen Ärzte und Pflegekräfte die volle Schutzbekleidung aus Haube, Schutzmaske, Visier, Einwegkittel und -handschuhen an.

Neue Wände auf der Intensivstation

„Grundsätzlich wäre es möglich, die komplette Intensivstation in einen Isolierbereich umzuwandeln. Dann könnten allerdings keine Patienten ohne Covid 19 mehr dort aufgenommen werden“, erklärt Dohle. Es sind Pläne für die Hinterhand, auszuspielen erst im Bedarfsfall.

Auch auf anderen Stationen wird für verschiedene Szenarien vorausgeplant, um 35 zusätzliche Betten könnten die Kapazitäten rasch erweitert werden.

https://www.wp.de/staedte/altkreis-brilon/corona-nur-eine-neuerkrankung-im-hsk-gemeldet-id229040061.html

Doch derzeit ist es ruhig auf den Fluren. Nicht nur, weil keine Besucher kommen dürfen und die Cafeteria geschlossen ist. Es sind schlicht wenige Patienten da. Das bereitet der Oberärztin teilweise Sorgen. „Es ist nicht davon auszugehen, dass die Menschen massenweise gesünder sind als sonst.“

Will heißen: Sie geht davon aus, dass auch Menschen mit schwerwiegenden Krankheiten derzeit aus Angst vor Ansteckung die Krankenhäuser meiden. Das könne zu erheblichen Problemen führen.

Finanzielle Verluste ausgleichen

Finanziell bringe die derzeit geringe Auslastung das insolvente Haus nicht in weitere Schwierigkeiten, betont Geschäftsführer Pulver. Durch das Krankenhaus-Entlastungsgesetz bekommt es vom Land pro Tag 560 Euro für jedes leerstehende Bett, das ohne die Pandemie voraussichtlich belegt wäre.

Berechnungsgrundlage ist der Belegungsdurchschnitt des Vorjahres. Der liegt in dem 100-Betten-Haus bei rund 70. Zum Vergleich: Mitte April 2020 hatte das St. Franziskus 32 Patienten, weniger als die Hälfte des Durchschnittswerts.

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Die Regelung zu Ersatzzahlungen gilt bis 30. September, Pulver bezeichnet sie als „auskömmlich“. Kurzarbeit sei definitiv nicht geplant – auch, um die Mitarbeiter zu halten. „Menschen in der Pflege werden derzeit als Helden angesehen. Sie in Kurzarbeit zu schicken, würde kein Mensch verstehen.“