Winterberg. In Winterberg steht ein Grabstein als Protest von Gastronomen gegen den Corona-Lockdown. Die Initiatoren über Reaktionen und ihre Gründe.
„Die Reaktionen sind unterschiedlich. Es gibt Menschen, die finden es pietätlos und eine Dame hat gesagt, es habe ihr den Sonntag ruiniert.“ Das sei nicht das Ziel der Aktion gewesen, sagt Jörg Honekamp, Mit-Geschäftsführer des Berghotels Kahler Asten und des Big-Mountain-Restaurants/Hostels in Winterberg.
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„Ich fand das anfangs auch hart“, stimmt der Gesellschafter und Geschäftsführer beider Häuser, André Stielicke, zu. „Aber es erregt Aufmerksamkeit. Und hier auf dem Kahlen Asten haben wir dafür den geeigneten Ort .“ Der Corona-Protest der Gastronomen hat Aufmerksamkeit erzeugt.
Symbolisches Grab angelegt
Honekamp und Stielicke haben am vergangenen Sonntag ein symbolisches Grab angelegt. Blumenkranz, Urne, Grablichter und eine beschriftete Tafel im Stil einer Todesanzeige für die Gastronomie liegen nun genau an einem der meistfrequentierten Touristen-Hotspots des Sauerlandes.
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Die beiden Gastronomen wollen damit protestieren. Aufmerksam machen auf die zunehmend verzweifelte Lage ihrer Branche, die seit 17. März wegen der Corona-Pandemie keine Gäste mehr empfangen darf und noch keine Ahnung hat, wann sie wieder öffnen darf.
Die Lage der Gastronomen ist prekär
„Seit sechs Wochen ist geschlossen und es kann noch Wochen dauern, bis Lockerungen kommen. Das kann sich kein Gastronom erlauben!“, stellt Honekamp klar. Für einen so langen Einnahmenausfall reichten auch die bisherigen staatlichen Hilfen, unter anderem für kleine Betriebe, nicht. Alle ihre 24 Festangestellten seien in Kurzarbeit, mit Lieferservice und Außer-Haus-Verkauf versuchen Stielicke und Honekamp, die Verluste etwas abzufedern.
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Der Protest mit der Grabstelle sei sicher provokativ, aber „man möge doch einen Schritt weiter denken. Die Beschäftigten der Gastronomie fragen sich jeden Tag: Wann darf ich wieder arbeiten? Wie soll ich mit den 60 Prozent Kurzarbeitergeld auskommen?“
Empfinden von Ungerechtigkeit
Dass der Einzelhandel inzwischen wieder öffnen darf, die Gastronomie aber nicht, empfinden die Wirte als Ungerechtigkeit. Das sei ein Kernpunkt des Protestes, sagt Stielicke. Aufgrund der Besucherfrequenz gälten seine Unternehmen als Risikobetriebe, an die besonders hohe Hygieneanforderungen gestellt würden – und das schon lange vor Corona. Detaillierte Reinigungs- und Desinfektionspläne, umfangreiche Dokumentation, Probenentnahme und mehrmals jährlich behördliche Kontrollen, das sei für ihn seit vielen Jahren Alltag. Von der Kellnerschürze bis zum Eiswürfel werde alles geprüft.
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Dass die Gastronomen es schaffen würden, auch unter den derzeitigen Bedingungen Gäste hygienisch einwandfrei zu bewirten, daran besteht für ihn kein Zweifel. „Hygienevorschriften, damit kennt sich die Gastronomie aus. Besser wahrscheinlich als mancher Einzelhändler.“ Auch zusätzlichen Abstand zwischen den Tischen zu schaffen und das Personal im Kundenkontakt mit Masken arbeiten zu lassen, all das sei möglich. „Aber der Branche fehlt die Lobby“, findet Stielicke. Die symbolische Grabstelle auf dem Kahlen Asten wollen er und sein Geschäftspartner jedenfalls stehen lassen, „bis sie verwittert“.