Brilon. Die Deutsche Bahn plant Instandsetzungen auf Strecken bei Brilon. Es gibt auch Tunnelsanierungen. Wo und wann es in Zukunft Sprengungen gibt.
Die Deutsche Bahn hübscht, wie für die Hansetage versprochen, in den kommenden Wochen den Bahnhof Brilon-Wald auf, obwohl das Hanse-Event wegen der Corona-Krise ausfällt. Rund 100.000 Euro macht sie locker. Ein Klacks gegen das, was in den nächsten Jahren dort in die Modernisierung der Bahnsteige nebst neuer Überführung und in die Sanierung des an der B 251 beginnenden Elleringhauser Tunnels gesteckt wird.
Bautätigkeit beginnt im Jahr 20222
Das Planfeststellungsverfahren für die Tunnelsanierung wurde zum Jahreswechsel beendet, Klagen gab es keine, so dass – so eine Sprecherin der Deutschen Bahn AG auf Anfrage der WP – 2021 die Arbeiten ausgeschrieben werden: „Wir gehen von einem Start der Bautätigkeit in 2022 aus.”Auf gut vier Jahre ist die Tunnelsanierung angelegt. Insgesamt ein Jahr, zu Beginn und am Ende der Maßnahmen, muss die Bahnstrecke komplett gesperrt werden.
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Das 1393 Meter lange Bauwerk stammt aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Am 6. März 1872 war der Stich durch den Habberg, die Wasserscheide von Rhein und Weser, nach mehr als dreijähriger Bauzeit für den Bahnbetrieb freigegeben worden. Dem alten Gewölbe und dem Mauerwerk, das hatte vor Jahren eine Untersuchung ergeben, könne „auf Dauer keine Tragfähigkeitsfunktion zugewiesen” werden, die Bausubstanz sei schlecht und werde sich weiter verschlechtern. Der Elleringhauser Tunnel fällt in die Zustandskategorie 4: Gravierende Schäden, aber – immerhin – ohne Sicherheitsrelevanz.
Lüftungsschacht 125,5 Meter tief
Das sah bei den zwei Zentimetern, die bei der Bergdurchfahrt stellenweise am Mindestabstand von 3,50 Meter zwischen den Gleisen fehlten, anders aus. Deswegen darf der Tunnel nur eingleisig und unter Ausschluss von Begegnungsverkehr befahren werden. Und da das nach Ansicht der Deutschen Bahn auch auf Dauer für die reibungslose Bedienung der Oberen Ruhrtalbahn ohne Einschränkung der Kapazität ausreicht, soll das überflüssige Gleis – wie schon 1984 auf dem Abschnitt zwischen Brilon-Wald und Scherfede – entfernt werden.
Separater Rettungsstollen 474 Meter weit in den Berg getrieben
Ein „Szenario 2030“ geht von 30 Zugpaaren täglich zwischen Bestwig und Brilon-Wald aus. Mit der baulichen Sicherung des Tunnels ist allerdings nicht getan. Selbst nach der Sanierung entspricht der Bergdurchbruch nicht den aktuellen Anforderungen an den Brand- und Katastrophenschutz. Dafür ist er zu lang. Denn nach den Richtlinien des Eisenbahnbundesamtes muss von jeder Stelle des Tunnels ein sogenannter sicherer Bereich in höchstens 500 Metern Entfernung erreichbar sein. Als sichere Bereiche gelten die beiden Portale.
Weitere Sanierungen
Neben dem Elleringhauser Tunnel saniert die Deutsche Bahn auch den Glösinger und den Freienohler Tunnel.
Die beiden sind mit 686 bzw. 648 Metern wesentlich kürzer als der Elleringhauser Tunnel.
Beide werden wegen der Bedeutung der Strecke für die Wirtschaft im Gegensatz zum Elleringhauser Tunnel zweigleisig saniert; ursprünglich wollte die Deutsche Bahn alle drei nur noch eingleisig betreiben.
Die Deutsche Bahn kalkuliert für alle drei Maßnahmen einen Kostenaufwand von rund 265 Millionen Euro.
Der NWL beteiligt sich an dem auf Druck der Region durchgesetzten zweigleisigen Ausbau der beiden Tunnel zwischen Meschede und Arnsberg mit 15 Millionen Euro.
Und da klafft zwischen den beiden Tunnelenden in der Mitte eben eine Lücke von 393 Meter. Um im Notfall Menschenleben retten zu können, wird deshalb parallel zum Tunnel ein separater Rettungsstollen 474 Meter weit in den Berg getrieben. Und weil dieser Rettungsweg das Richtmaß von 300 Metern übersteigt, reicht ein lediglich begehbarer Fluchtweg nicht aus, sondern er muss mit großem Feuerwehrgerät befahrbar sein, ein Wendehammer inklusive. Für Fahrzeuge ist eine 3,50 Meter breite Spur vorgesehen, für Personen ein 1,60 Meter breiter Fluchtweg. Der Notausgang vom Eisenbahntunnel zu diesem Rettungsweg verläuft durch eine 20 Meter lange Verbindungsschleuse.
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Und auch das ist noch nicht alles. Während für den Eisenbahntunnel eine natürliche Belüftung gegeben ist, muss der Rettungsstollen über einen 125,5 Meter hohen und drei Meter breiten Schacht mit Sauerstoff versorgt werden werden.
Tunnel-in-Tunnel-Methode und tägliche Sprengungen
Für den sogenannten bergmännischen Vortrieb des Rettungsstollens und die Anlage des Lüftungsschachtes sind Sprengungen geplant. Etwa zwei- bis dreimal täglich wird es dort eine Zeit lang knallen. Sprengungen sind auch bei der Aufbereitung des Tunnels selbst nicht zu vermeiden. Im ersten Schritt wird eines der beiden Gleise entfernt und das verbliebene in die Mitte des Tunnels verlegt. Das wird dann komplett eingehaust, sodass eine Röhre entsteht, durch die der Bahnbetrieb auch während der Sanierungsarbeiten aufrecht erhalten werden kann.
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Drumherum verbleibt ausreichend Platz, um die neue Schale aus Spritzbeton auftragen zu können.
2023 Modernisierungsoffensive 3
Und wenn die Tunnelsanierung gerade angelaufen ist, geht es auch ein paar hundert Meter entfernt weiter: Im Rahmen der „Modernisierungsoffensive 3” will die Deutsche Bahn AG ab 2023 den Bahnhof in Schuss bringen.
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Die Tage der unsäglichen Unterführung sind gezählt. Die beiden Mittelbahnsteige werden erneuert und mit einer Brücke verbunden. Die Investitionssumme ist bisher bereits um mehr als eine Million Euro auf - Stand Jahresende - rund 8,5 Millionen Euro gestiegen, wie CDU-Rats- und Kreistagsabgeordneter Wolfgang Diekmann weiß.
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Diekmann ist als Sprecher der CDU-Fraktion in der Verbandsversammlung des Zweckverbandes Nahverkehr Westfalen Lippe (NWL) nah dran an den Planungen. Die Kostensteigerung sei auf eine später eingeplante Anhebung des Gleisniveaus zurückzuführen, mit der die Bahnsteige dem Höhenkonzept des hessischen Schienenverkehrs angepasst werden. Zudem sei die Baukostenentwicklung eingepreist. Bei „realistischer Betrachtung“ geht der NWL davon aus, dass mit der Bahnhofssanierung Ende 2022/Anfang 2023 begonnen werden könne. Diekmann hat Respekt vor der logistischen Leistung, die mit der Abwicklung der beiden räumlich und zeitlich so dicht beieinander liegenden Großbaustellen erforderlich sein wird: „Da darf nichts kollidieren und für zusätzliche Probleme sorgen.”