Marsberg. Wegen Corona hat die Kinder- und Jugendpsychiatrie Marsberg ihr Behandlungsspektrum eingeschränkt. Wie Therapeuten und Patienten damit umgehen.
Wegen der Corona-Krise läuft der Betrieb auch in der Kinder- und Jugendpsychiatrie Masberg auf Sparflamme. Die Kinder- und jugendpsychiatrische Ambulanzen der LWL-Klinik Marsberg haben sich darauf eingestellt und ihr Spektrum erweitert um telefonisch psychotherapeutische Hilfsangebote. Die WP sprach darüber mit dem Chefarzt der LWL-Klinik, Dr. Falk Burchard.
Herr Dr. Burchard, um was für Angebote handelt es sich?
Alle bereits vereinbarten ambulanten Termine werden nun telefonisch, und neuerdings teilweise auch in Form von Videosprechstunde durchgeführt. Für Kinder und Jugendliche, die Medikamente erhalten, gibt es telefonische Medikamentensprechtunden.
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Zudem gibt es eine bedarfsweise telefonische Beratung für Eltern, deren Kinder sich bereits in unserer Behandlung befinden. Darüber hinaus bieten wir eine Beratung von Eltern und Kindern, unter Umständen in Form eines Eltern-Kind-Gespräches, wie mit familiären Konflikten, Langeweile, Problemverhalten umgegangen werden kann.
Welche Angebote fallen momentan wegen Corona aus?
Nicht durchgeführt werden können zur Zeit Gruppentherapien und Diagnostiktermine, bei denen Patient und Untersucher nahe beieinandersitzen müssen.
Dann sind Sie therapeutisch durch Corona sehr eingeschränkt tätig?
Grundsätzlich ist ja die Versorgung insgesamt deutlich zurückgegangen, um nicht zu sagen, zusammengebrochen. Unsere eigenen Tageskliniken sind geschlossen. Zwei Drittel der stationären Plätze wurden leergeräumt, um möglichst wenig Möglichkeiten der Ansteckung zu lassen. Die ambulante Versorgung findet nur reduziert statt, Telefon- oder Videokontakte können den persönlichen Kontakt nicht wirklich ersetzen. Jugendämter arbeiten mit reduzierter Personenzahl, Schulen stehen nicht oder nur sehr begrenzt zur Verfügung. Dazu kommt, dass eine völlig neue Situation herrscht, in die sich jeder erstmal selbst anpassen und neu zurechtfinden muss. All dies führt dazu, dass gerade Familien, die Hilfen von außen benötigen, ziemlich auf sich allein gestellt sind.
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Wie wird die Situation von den Beteiligten angenommen?
Man kann schon sagen, dass die Situation im Moment erstaunlich ruhig und diszipliniert von den Menschen, auch von den Kindern und Jugendlichen, hingenommen und gemanagt wird. Da kann schon ein großes Lob ausgesprochen werden. Zu erwarten ist aber auch, dass sich nach einer Normalisierung der Lage Probleme zeigen werden, die jetzt noch gar nicht sichtbar sind.
Institutsambulanz Marsberg
Die kinder- und jugendpsychiatrische LWL-Klinik Marsberg ist mit 11 Stationen an den Klinikstandorten Marsberg und Paderborn, drei Tageskliniken und vier Ambulanzen für die kinder- und jugendpsychiatrische Vollversorgung dreier Landkreise (HSK, Paderborn und Höxter) zuständig.
Telefonische Betreuungs- und Beratungsangebote bietet die Institutsambulanz Marsberg unter Tel. 02992 6013152 (Sprechzeiten: montags bis donnerstags von 8 Uhr bis 16 Uhr, freitags von 8 Uhr bis 14 Uhr.
Wie gehen die von Ihnen betreuten Kinder und Jugendlichen mit dem Thema Corona um?
Das ist je nach Persönlichkeit und Lebenssituation sehr unterschiedlich. Manche Kinder sind da sehr unbekümmert, können sich gar nicht vorstellen, dass es wirklich ein Problem gibt. Andere machen sich Sorgen um ihre Eltern und Großeltern, andere ziehen sich zurück und sagen wenig.
Was hat sich für die Kinder und Jugendlichen verändert, gilt die Abstandsregelung auch in den Stationen?
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Natürlich achten wir sehr auf Hygiene, leiten die Patienten an, sich häufig die Hände zu waschen und vermitteln eine allgemeine Achtsamkeit. Vielleicht ist diese gegenseitige Achtsamkeit eine Qualität, die die Zeit im Moment besonders ausmacht.
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Die Kinder bzw. vor allem Jugendlichen, die im Moment noch in der Klinik behandelt werden müssen, machen die Situation sehr diszipliniert und ernsthaft mit. Dabei entsteht teilweise auch eine besondere Atmosphäre von Nähe und Verbundenheit, weil man im Moment ja ziemlich gegenseitig aufeinander angewiesen ist.
Und was ist mit dem Personal?
Besondere Zeiten sind eben besonders. Anfangs sahen wir viel Unsicherheit und auch Ängste bei unseren Mitarbeiter. Aber natürlich waren wir alle unsicher, was uns da jetzt erwartet, auch die Leitungen. Mittlerweile spielt sich eine gewisse Routiniertheit ein. Viele Szenarien sind schon mal durchdacht worden, so dass subjektiv und objektiv das Gefühl von Handlungssicherheit langsam wiederkommt. Wir haben gute Berater und halten gut zusammen. Und was wir auch sehen, es ist alles irgendwie doch machbar. Dadurch, dass wir in der Kinder- und Jugendpsychiatrie zurzeit weniger Patienten behandeln als früher, haben wir einen Personalpuffer aufgebaut, der eingesetzt werden kann, wenn es eng wird. Noch ist es nicht eng geworden, aber wir haben ja noch einige Wochen vor uns.
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Ihr Fazit?
Insgesamt glaube ich aber schon, dass wir die Krise gut bewältigen werden und dabei haben unsere Mitarbeiter durch besonnenes Handeln, die Bereitschaft zu flexiblen Lösungen und das Hintanstellen persönlicher Animositäten sehr viel beigetragen. Wir können stolz sein auf die tollen Mitarbeiter, die wir hier haben!