Hallenberg. Spielen oder nicht spielen? In Zeiten von Corona stehen viele Freilichtbühnen vor dieser Frage. In Hallenberg betrifft das die Passion.
Der Palast von Pilatus steht im Rohbau. Am Tempel herrscht Bau-Stopp. Corona beeinträchtigt auch die Vorbereitungen an der Freilichtbühne in Hallenberg massiv. „Gemeinsame Proben und Bühnenbau müssen nun erstmal ruhen. Einzelproben - das hat unser Regisseur angeboten - können ab Mittwoch über Videoschaltung, sprich Skype, stattfinden. Wir halten momentan noch daran fest, die Passion in diesem Jahr zu spielen“, sagt Bühnensprecher Georg Glade.
Noch viele Fragen offen
Ob die Premiere wirklich am 7. Juni oder später gefeiert werden kann, ob die Spielzeit verkürzt, die Spielpause gestrichen oder die Saison gar komplett ins nächste Jahr verschoben werden muss - all das ist zurzeit noch offen. Andere Theater haben die Segel bereits schweren Herzens gestrichen.
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„Wir vom Verband können keine Empfehlungen abgeben; dafür ist die Situation von Bühne zu Bühne unterschiedlich. Keine Bühne ist ein Abziehbild der anderen. Manche spielen schon ab Mai, andere erst im Sommer. Ich kann sehr gut verstehen, wenn noch gewartet wird“, sagt Heribert Knecht. Er ist Ehrenmitglied an der Freilichtbühne in Hallenberg, hat selbst zweimal (1990 und 2000) den Jesus gespielt und er ist Vizepräsident des Verbandes Deutscher Freilichtbühnen. Rund 90 Bühnen gehören diesem Zusammenschluss an: Bühnen von Lilienthal bei Bremen bis zu Illertissen in Mittelschwaben. Rund eine Million Zuschauer haben diese Häuser pro Spielzeit. Sollte die Freiluft-Theatersaison tatsächlich abgesagt werden, würde es für viele ein trister Sommer - für Besucher und Bühnen.
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Professionelle Arbeit
Freilichtbühnen sind schon lange kein Zusammenschluss mehr von talentierten Laien, die gerne auf den eigentlich gar nicht vorhandenen Brettern, die die Welt bedeuten stehen, um andere zu unterhalten. Die Open-Air-Theater arbeiten zunehmend professionell, stellen erfahrene Regisseure ein, spielen Welt-Uraufführungen, lassen neue Musik komponieren, beschäftigen Choreographen, Sprachtrainer und machen unterm Strich hochwertige Kulturarbeit. All das kostet. Und trotz Unterstützung durch öffentliche Gelder ist der Erlös aus dem Ticket-Verkauf die harte Währung, die zählt. Denn auch wenn die Akteure vor und hinter den Kulissen ihre Arbeit ehrenamtlich verrichten, bleiben Fixkosten.
Knecht: „Das sind nicht nur Versicherungen, die unabhängig vom Spielbetrieb weiter gezahlt werden müssen. Gerade in den letzten Jahren haben viele Theater investiert - in moderne Übertragungstechnik, in Überdachungen.“ Viele Theater hätten Material für den Bühnenbau gekauft, Kostüme geschneidert, Leihverträge dafür abgeschlossen.
Mut und Zuversicht
Corona hat die Bauarbeiten am Palast des Pilatus und am Tempel von Jerusalem ausgebremst. Ein Virus erschüttert sämtliche Fundamente. Der Bühnenbau auf der Freilichtbühne muss warten, die Proben müssen warten und auch die unzähligen Besucher, die schon Karten gebucht haben, müssen warten.
Die Freilichtbühne kann nur hoffen, dass der bittere Kelch einer Saison-Absage an ihr vorübergeht. Die Bühne ist kein anonymes Unternehmen. Sie besteht aus Menschen, die anderen Jahr für Jahr eine Freude machen, die sie ablenken und unterhalten wollen. Warten und hoffen müssen daher auch die rund 40.000 Menschen, die alle zehn Jahre zur Passion kommen, weil sie aus diesem ganz speziellen Stück Mut und Zuversicht schöpfen wollen. Eine Intention, die wir gerade in diesen Tagen so gut gebrauchen könnten. Thomas Winterberg
„Im Falle einer Absage wäre das Geld zwar nicht in den Sand gesetzt, aber es wäre jetzt investiert, ohne dass jetzt Einnahmen zu erwarten wären“, rechnet Knecht vor. Eine erfolgreiche Saison mit vielen Zuschauern ist nun mal der Garant dafür, die Verbindlichkeiten für solche Projekte nach und nach abzutragen. Und jetzt das. „Die meisten Bühnen könnten einen Teilausfall oder eine komplette Saisonabsage einmalig verkraften. Aber große Rücklagen haben die Wenigsten.“
Blickt man auf die Homepage des Freilichtbühnenverbandes, so haben z.B. die Freilichtbühne Billerbeck bei Coesfeld, die Westfälischen Freilichtspiele Heessen bei Hamm oder die Freilichtspiele Katzweiler in der Pfalz die Saison 2020 bereits abgesagt. Auch die Freilichtbühnen Freudenberg (nicht Mitglied im Verband) und Bellenberg spielen nicht. Manche Bühnen verschieben ihre Premierentermine. In Korbach und auch in Herdringen ruht der Probenbetrieb. Die Hoffnung stirbt zuletzt.
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„Die Kartennachfrage für die Passion ist groß. Vereinzelt gibt es Nachfragen, ob wir denn tatsächlich spielen. Wir erklären dann die Situation und ernten immer Verständnis. Müssten wir wirklich absagen, würden die Karten zurückgenommen oder es gäbe Gutscheine. Aber so weit sind wir noch nicht“, betont Georg Glade.