Marsberg/Altkreis. Politiker unter 30 in den Räten zwischen Brilon und Winterberg, zwischen Olsberg und Marsberg kann man an einer Hand abzählen. Warum ist das so?
Tatsächlich. In Winterberg und Olsberg ist ein Mitglied im Stadtrat unter 30 Jahre alt. Brilon, Hallenberg, Medebach und Marsberg können kein einziges Ratsmitglied in dieser Alterskategorie vorweisen. Aber eines haben alle Räte der sechs Altkreisstädte gemeinsam: Die meisten ihrer Mitglieder sind älter als 50 Jahre. Soweit die Altersstruktur der einzelnen Stadträte.
Für unsere Lokalpolitik-Serie haben wir die Strukturen der Stadträte einmal genau unter die Lupe genommen und sind der Frage nachgegangen: „Wer hat Zeit für so ein Amt“. Vielleicht die Lehrer?
18 Beamten in Olsberg vertreten
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Im Stadtrat Olsberg sind immerhin 18 Beamte vertreten. In Winterberg nur einer, in Hallenberg zwei. In Marsberg sind die meisten Ratsmiglieder Angestellte, ebenfalls in Medebach, Hallenberg und Winterberg. In Brilon sind alle Berufsrichtungen in relativ ausgewogener Form vertreten, darunter auch Hausfrauen, Hausmänner und Rentner bzw. Pensionäre, teilt uns die Stadtverwaltung auf Nachfrage mit.
Früher drei Lehrer im Rat Marsberg
Ein Pensionär ist Wilhelm Hennigfeld aus Marsberg. Der 76-Jährige bedient somit zwei Berufsgruppen. Als er in die Kommunalpolitik eintrat, war er erst Mitglied in diversen Ausschüssen und er war noch im Schuldienst tätig. Mit 64 Jahren ging er für die CDU in den Stadtrat.
Dort bringt er sich bis heute ein. „Natürlich“, sagt er, „können Lehrer sich ihre freie Zeit flexibler einteilen, als jemand, der im Schichtdienst beschäftigt ist. Aber das habe sich in der Ganztagssituation heute an den Schulen inzwischen auch verändert. Aber es gebe auch Situationen, in denen Lehrer an ihre zeitlichen Grenzen stoßen, sagt er. Wenn etwa Konferenzen angesetzt sind und es um Schüler und Versetzungen geht. Hennigfeld: „Dann ist Anwesenheitspflicht gegeben und das geht dann auch absolut vor.“
Stadtleben mitgestalten und etwas bewegen
Lange Zeit waren drei Lehrer im Stadtrat Marsberg, jetzt nur noch er als pensionierter Lehrer. Und als Pensionär könne er sich voll und ganz der Kommunalpolitik widmen, sagt er mit der ihm eigenen Besonnenheit. Vor 50 Jahren ist Hennigfeld nach Marsberg gekommen. So lange ist er auch in der CDU aktiv. „Weil ich etwas bewegen und mitgestalten will.“
Das will auch Arris Masalsky aus Marsberg. Er vertritt mit seinen 54 Jahren die größte Altersgruppe der Stadtratsmitglieder im Altkreis. Er engagiert sich seit gut einem Jahr im Stadtrat in der SPD. Er ist für den ausgeschiedenen Jan Stoop nachgerückt. Davor war er einige Jahre als sachkundiger Bürger im Schulausschuss.
Viele Ratsleute sind über 50 Jahre
Von Beruf ist er Versicherungsmakler. Für ihn ist das mehr als ein Full-time-job. Und Zeit für Hobbys und/oder Ehrenämter ist knapp. Für die ehrenamtliche Parteiarbeit nimmt er sich die. Ohne wenn und aber, wie er sagt. „Das sind ja nicht nur die Ratssitzungen, sondern auch die Fraktionssitzungen vor den Ratssitzungen und Ausschusssitzungen. Da bleibt wenig Zeit für Hobbys.
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Masalsky singt seit 21 Jahren im Raduga-Chor mit. „Ich komme eigentlich nur alle paar Monate dazu, mitzusingen. Schade.“ Seine Mitarbeit in der Deutsch-Französischen Gesprächsrunde leidet auch. Die trifft sich immer montags. Dann ist auch Fraktionssitzung. Er ist auch ehrenamtlicher Fahrer des Bürgerbusses. Das allerdings auch nur noch eingeschränkt. „Ein Ehrenamt ist schon auch aufwendig“, sagt er. „Egal, ob im Vereinsvorstand oder in der Partei. Es kostet Zeit.“
Zeit selber einteilen
Das weiß auch Manuela Köhne. Sie ist 52 Jahre alt, Mutter von drei erwachsenen Kindern. Sie vertritt die Gruppe der Selbstständigen. Mit ihrem Mann Dirk und ihrem Sohn bewirtschaftet sie das Klostergut in Bredelar. Das Gute an der Selbständigkeit: „Man kann sich seine Zeit selber einteilen.“
Und ihr großes Hobby war uns ist seit jeher die Politik. „Es wurde schon immer bei uns zu Hause viel über die Politik diskutiert“, sagt sie. Auch in ihrem Elternhaus. Ihr Bruder ist Bürgermeister von Bad Wünnenberg.
Nicht nur kritisieren, auch anpacken
Manuela Köhne: „Man kann nicht nur immer kritisieren.“ Wenn man mit den Gegebenheiten nicht zufrieden sei und etwas verändern wolle, müsse man eben mitarbeiten in der Politik, diskutieren und seine Meinung vertreten.
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Mit 21 Jahren ist sie in die CDU eingetreten und hat als sachkundige Bürgerin in den Ausschüssen mitgearbeitet. Außerdem ist sie im Landesvorstand und im Kreisvorstand der Frauen-Union . Seit 2011 hat sie ein Ratsmandat. Eine Sitzung des Stadtrates in Marsberg abzusagen kommt für sie absolut nicht in Frage. „Da hält mir mein Mann den Rücken frei.“