Brilon. Zum dritten Mal in Folge hat das Finanzamt Brilon ein Rekordergebnis bei den Steuereinnahmen erzielt. Corona-Auswirkungen sind auch dort spürbar.
Das Finanzamt Brilon hat im vergangenen Jahr exakt 531.723.628 Euro eingenommen und damit erstmals die 500-Millionen-Schwelle überschritten. Der Grund liegt auf der Hand.
„Wir haben hier eine exzellente Wirtschaft", so Wilfried Apitz, seit April vergangenen Jahres Vorsteher der Behörde am Almerfeldweg. Wie im Jahr zuvor lag der Zuwachs wieder im zweistelligen Bereich, und das trotz eines Rückgangs bei der Einkommenssteuer um knapp 6,8 Prozent.
Geld geht in die Umsatzsteuer
Diese Euros wiederum dürften zumindest teilweise in einem anderen Topf gelandet sein, bei der Umsatzsteuer. Denn der Rückgang bei der Einkommenssteuer sei, so der Amtsvorsteher, ja nicht wegen rückläufiger Beschäftigung entstanden, sondern da hätten die Steuerentlastungen durchgeschlagen. Will sagen: Den Arbeitnehmern blieb 2018 von Lohn und Gehalt mehr zum Ausgeben im Portemonnaie.
Deutlich mehr auf dem Konto haben dürften wegen des Börsenbooms die Inhaber von Aktien. Stiegen doch die „übrigen Steuern und Nebeneinnahmen" um sage und schreibe 27,77 Prozent auf 44,8 Millionen Euro. Dieser Betrag umfasst im wesentlichen die Kapitalertrags- sowie die Abgeltungssteuer, die unmittelbar von den Banken an den Fiskus abgeführt werden.
Deutlich über dem Landesschnitt
Mit dem Zuwachs des Gesamt-Steueraufkommens um mehr als 11 Prozent liege das Finanzamt Brilon deutlich über dem landesweiten Durchschnitt der 104 Finanzämter von 7,57 Prozent. Deutlich über dem Landesdurchschnitt von 47 Tagen liegt die Behörde der Hansestadt auch im Ranking bei der Bearbeitungsdauer der Einkommenssteuererklärungen, nämlich um genau eine Arbeitswoche.
42 Tage mussten laut einer bundesweiten Umfrage des Internet-Portals "Lohnsteuer-Kompakt" die Steuerbürger im Altkreis Brilon auf die Erstattung warten. NRW ist mit seinem Durchschnittswert übrigens Spitzenreiter unter allen 16 Bundesländern. Nur Hamburg und das Saarland blieben noch unter 50 Tagen, in Hessen und Thüringen mussten die Einkommenssteuerpflichtigen sogar im Landesdurchschnitt 61 Tage auf ihr Geld warten.
Einkommenssteuer 2019
Ob in Brilon diesbezüglich noch was geht - am flottesten im vergangenen Jahr war das Finanzamt Herne mit 26 Tagen - zeigen die nächsten Wochen. Denn am Montag hat landesweit die Bearbeitung der Einkommenssteuererklärungen 2019 begonnen.
Auch interessant
Die Finanzverwaltung empfiehlt, die Steuererklärung elektronisch über die spezielle, kostenlose Finanzamt-Software "Mein Elster" abzugeben. Unter www.elster.de können Daten direkt in die Steuererklärung eingefügt werden. Das gilt auch für die durch Dritte wie dem Arbeitgeber oder Versicherungen direkt an das Finanzamt übermittelten persönlichen Daten.
Fahrten zur Arbeitsstelle
Darüber hinaus können ab dem zweiten Jahr auch die Angaben aus dem Vorjahr - wie Fahrten zur Arbeitsstelle, Kosten einer Haushaltshilfe - übernommen und so eine - allerdings unverbindliche - Steuerberechnung vorgenommen werden. Außerdem brauchen, darauf weist das Finanzamt hin, „grundsätzlich keine Belege mehr eingereicht" werden. Diese Unterlagen müssen nur noch aufbewahrt werden, um sie bei Bedarf auf eine konkrete Nachfrage des Finanzamtes hin vorlegen zu können.
Finanzamt im Fokus
Das Finanzamt Brilon ist für die sechs Kommunen des Altkreises Brilon zuständig und ist zudem Zentralamt für die Steuerveranlagung für Land- und Forstwirte im gesamten Hochsauerlandkreis.
Die Belegschaft der Behörde besteht derzeit aus 128 Mitarbeitern, davon sind 106 verbeamtet, 22 sind Regierungsbeschäftigte. 52 Mitarbeiter üben ihre Tätigkeit in Teilzeit aus.
Von 11 auf 15 erhöht hat sich im vergangenen Jahr die Zahl der Tele-Arbeitsplätze. Homeoffice sei auch für die Finanzverwaltung ein wichtiger Baustein zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Zurzeit absolvieren 25 Finanz- bzw. Steueranwärter sowie drei Aufstiegsbeamte, die ihre Ausbildung an der Landesfinanzschule Wuppertal und der Hochschule für Finanzen in Nordkirchen und Herford absolvieren, beim Finanzamt Brilon - so
viele waren es noch nie auf
einmal. Infos im Netz unter www.finanzverwaltung. nrw.de/de/karriere
Das Finanzamt Brilon weist auf einige für Arbeitnehmer interessante steuerliche Änderungen hin: So steigt der Grundfreibetrag pro Person von 9000 Euro auf 9168 Euro. Wer nur ein geringes Einkommen zu versteuern und auch keine Lohnersatzleistungen wie Arbeitslosen-, Kranken- oder Elterngeld bezogen hat, brauche keine Einkommenssteuer zu zahlen. In gleichem Umfang angehoben wurden die absetzbaren Aufwendungen für den Unterhalt einer gesetzlich unterhaltsberechtigten und bedürftigen Person (Eltern oder Kinder). Um 96 Euro auf 2490 Euro pro Elternteil steigt der Kinderfreibetrag.
Fahrräder sind stellenweise Steuerfrei
Erstmals bleibt für das vergangenen Jahr die private Nutzung dienstlich vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Fahrrädern - auch E-Bikes bis 25 km/h - steuerfrei. Auch die Entfernungspauschale bleibt unberührt. Damit soll das umweltfreundliche Engagement der Arbeitnehmer honoriert werden. Für die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel können Arbeitgeber ihren Mitarbeitern in gewissem Umfang steuerfreie Leistungen gewähren. Die Zuwendung allerdings mindert die Entfernungspauschale.
Amtsvorsteher Apitz legt den Arbeitnehmern die Abgabe einer Steuererklärung nahe: „Den meisten bringt die Steuererklärung bares Geld." Bis zum 31. Juli läuft die Abgabefrist. Sofern ein Steuerberater oder ein Lohnsteuerhilfeverein zurate gezogen werden, brauchen die Erklärungen sogar erst am 28. Februar kommenden Jahres vorliegen.
Publikumsverkehr geregelt
Wegen der Corona-Krise haben die Finanzämter landesweit den Publikumsverkehr strikt reglementiert. Lediglich in dringenden Ausnahmefällen kann ausnahmsweise nach vorheriger Terminvereinbarung ein Termin im Finanzamt stattfinden. Telefonisch sind die Mitarbeiter wie gewohnt erreichbar. Steuererklärungen und Anträge können fristwahrend in den Hausbriefkasten geworfen werden. Sie werden in der Reihenfolge des Eingangs bearbeitet.
Auch interessant
Und noch ein krisenbedingter steuerlicher Aspekt am Rande: Arbeitnehmer, die von ihren Unternehmen ins Homeoffice geschickt werden, können für diese Zeit natürlich ein häusliches Arbeitszimmer geltend machen - sofern ein separater Raum vorhanden ist. Wer dagegen mangels Platz mit dem Dienst-Laptop am Küchen- oder Wohnzimmertisch arbeitet, kann das nicht.
Auch interessant
Wobei Geschäftsstellenleiter Christoph Henke schon jetzt schmunzelnd darauf hinweist, dass bei der Ansetzung eines häuslichen Arbeitszimmers die Arbeitnehmer darauf achten sollten, in ihrer Steuererklärung im kommenden Jahr nicht für 230 Tage Fahrtkosten zum Arbeitsplatz geltend zu machen.