Brilon. Anlässlich des 800. Stadtjubiläum von Brilon gab es für Interessierte Einblicke hinter die Stadtmauern. Die Besucher freuten sich auf noch mehr.

Die dritte Reise zum 800. Stadtjubiläum von Brilon führte hinter die Stadtmauern in das 15. Jahrhundert und die frühe Neuzeit. Die Initiatoren (Briloner Heimatbund, Museum und Stadt Brilon) hatten zum „Tag der Dörfer“ nach Scharfenberg eingeladen – die Veranstaltung fand statt, als die Corona-Krise noch nicht in dem Maße um sich gegriffen hatte wie derzeit.

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„Heute rücken die 16 Dörfer in unser Blickfeld, es geht uns vor allem um die wirklichen Kleinode des Sauerlandes“, begrüßte Museumsleiter Carsten Schlömer rund 100 Gäste im Feuerwehrgerätehaus. „Die Dörfer und Brilon bilden zwei Seiten derselben Medaille. Ohne die historische Bindung zwischen Stadt und Dorf wäre unser Leben heute ein anderes.“ Bei einem Dorfrundgang erfuhren die Teilnehmer anhand von Denkmälern und Gebäuden viel über die Vergangenheit Scharfenbergs.

Vorträge im Landhotel Schnier

Anschließend gab es im Landhotel Schnier zwei Vorträge mit Einblicken in die anderen Dörfer. Hans Gerd Gehling (SPD Ratsherr) führte die Gruppe zum Fuß eines ehemaligen Schieferberges, der am Ende scharf abfiel. „Hier entstand vor dem Jahr 1300 das Dorf Scharfenberg, genau im Grenzgebiet des Kurkölnischen Sauerlandes, des Grafen von Waldeck und Bischofs von Paderborn.

Die wunderschöne Kirche in Scharfenberg war einer der Schauplätze, die sich Besucher näher ansehen konnten.
Die wunderschöne Kirche in Scharfenberg war einer der Schauplätze, die sich Besucher näher ansehen konnten. © WP | Monika wiegelmann

Deshalb wurde der Ort mehrfach überfallen.“ 1306 wurde erstmals eine Burg erwähnt und die Besitzungen Scharfenbergs vermutlich bei Erbaufteilungen der Adels- und Ritterfamilie von Padberg an die Söhne Hermann und Johan übertragen, die dann Hermann und Johan von Scharfenberg hießen. Hermann baute eine Burg, die dreimal komplett zerstört wurde: 1359, 1404 und 1473.

Scharfenberg fällt Grafen zum Opfer

Scharfenberg wurde immer wieder das Opfer der Grafen von Waldeck. Diese konnten Brilon durch die großen Stadtmauern nicht einnehmen und brandschatzten daher Scharfenberg. Die Burg war 1695 verfallen. 1694 zählte der Ort etwa 150 Menschen und die Guts- und Ortsherrschaft wurde im Rahmen eines Lehens an die Familie Gaudenz von Weichs gegeben, ein Glücksgriff. 1750 wurde eine neue Pfarrkirche eingeweiht, Bauherr war Friedrich-Ernst von Weichs. Der letzte von Weichs blieb kinderlos und das Lehen fiel 1819 an den preußischen Staat zurück. Es folgte Alexander von Ledebur, der nichts von Forst- und Landbetrieb verstand. Er ließ wahllos Holz hauen, um seine Schulden zu begleichen.

Zwangsversteigerung

1835 kam es zur Zwangsversteigerung und 67 Familien aus Scharfenberg erstanden das Anwesen und das Herrenhaus. Aus armen Besenbindern, Fuhrleuten und Waldarbeitern wurden mit der Zeit Bürger eines wohlhabenden Ortes. Aber 1847 brannte das ganze Dorf ab. 1853 übernahm die Gemeinde den Wald von den Familien und so wurde der Ort Scharfenberg sehr vermögend. Architekt Heinz Pack führte durch die denkmalgeschützte Kirche mit ihrer wertvollen Ausstattung. Vom Vorgänger, eine kleine Kapelle, wurden bei Ausgrabungen Bruchsteinfundamente gefunden.

Datum der Fortsetzung ungewiss

In der 4. Jubiläumsveranstaltung soll es um Reformation in Brilon gehen.

Die Veranstaltung ist für den 22. April in der Propsteikirche Brilon vorgesehen. Aufgrund der Corona-Krise ist derzeit eine Absage aber wahrscheinlich.

Die Westfalenpost wird darüber informieren, wann die Jubiläumsveranstaltungen fortgesetzt werden können.

Die neue Kirche wurde von 1745-1750 erbaut. Beim großen Dorfbrand 1847 brannten zwar Turm und Kirchendach ab, doch die barocke Ausstattung blieb wegen des massiven Gewölbes verschont. Mittelpunkt ist der prächtige zweigeschossige Hochaltar von etwa 1750 mit dem Kreuzigungsbild von 1851.

Wappen der Stifterfamilie

Über einem Drehtabernakel ist das Wappen der Stifterfamilie von Weichs angebracht. Ein Gabelkreuz mit Reliquien wurde um 1400 angefertigt und im 18. und 19. Jahrhundert als wundertätig verehrt. Es war das Ziel etlicher Wallfahrten. „Der Sage nach schwebte es in einem Wald bei Scharfenberg in der Luft und wurde von einem Schäfer entdeckt“, so Heinz Pack. „Dem herbeigerufenen Pastor gelang es, das Kreuz zu ergreifen und in die Kirche zu bringen.“ Rudi Bauer führte die Gruppe zu der Stelle, von der 1847 mittags der große Dorfbrand ausging.

Der scharfe Berg von dem die Stadt ihren Namen hat heißt im Sprachgebrauch „Rabenknapp“.
Der scharfe Berg von dem die Stadt ihren Namen hat heißt im Sprachgebrauch „Rabenknapp“. © WP | Monika Wiegelmann

„Innerhalb von einer Stunde brannte das Dorf ab und auch die Pfarrkirche fing Feuer. Der Südostwind wirkte wie ein Gebläse. Zum Glück waren viele Menschen und Tiere auf den Feldern und es gab nur drei Tote.“ 92 Familien waren betroffen, unzählige Wohnungen, 13 Ställe und sechs Scheunen brannten ab. Mit 900 Talern von der Versicherung wurde das Dorf um die Mittlere und Obere Straße herum wieder aufgebaut.

Viele Besucher müssen stehen

Der ehemalige Ortsvorsteher berichtete auch über das Scharfenberger Schulwesen. Im Landhotel Schnier wurde es so voll, dass viele stehen mussten. Der Abend begann mit einem Film von 1977 über den traditionellen feucht-fröhlichen Waldbegang. „Alle 16 Dörfer haben ihre Besonderheiten und man könnte den Rundgang auch in jedem anderen Ort durchführen“, begrüßte Bürgermeister Dr. Christof Bartsch auch viele Gäste aus den anderen Dörfern und betonte „das Zusammenwachsen der Stadt und seiner Dörfer ist in den letzten Jahrzehnten gut gelungen.“

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Vielfältiger Abend

Es wurde ein unterhaltsamer Abend, mit Vorträgen, plattdeutschen Gedichten von Doris Tilly „Suerland-Heimatland“ (J. Balkenhol) über die Dörfer sowie Liedvorträgen der Frauen und Männer des MGV „Concordia“ Scharfenberg. Alle warteten auf die Vorträge von Carsten Schlömer über seine Reise durch die 16 Dörfer und ihre Charakteristik sowie den Vortrag von Ehrenbürgermeister Franz Schrewe über die Scharfenberger Geschichte – darüber wird noch berichtet.