Marsberg. Die Ritzenhoff AG aus Marsberg hat keine Angst vor Engpässen durch den Coronavirus. Grund: lokale Verbundenheit ins Sauerland. Ein Firmenbesuch.

Das Coronavirus grassiert auch in Deutschland. Im Hochsauerland ist es zwar – Stand 6. März 2020 – noch nicht angekommen. Aber die Folgen sind dennoch zu spüren. Die Menschen fühlen sich zu Hamsterkäufen veranlasst. Seit Tagen sind die Mehlregale in den Supermärkten leer. Toilettenpapier ist aus. Das Virus hat auch Auswirkungen auf die Wirtschaft im Land. Lieferengpässe werden erwartet, die die Produktion lahmlegen.

Produktion der Markengläser im Sauerland

Die Sorge hat der Glashersteller Ritzenhoff aus Essentho schon mal nicht. „Wir sind nicht auf Zulieferer aus Fernost angewiesen“, sagt Kerstin Hülsmann, Pressesprecherin des Unternehmens. „Die gesamte Produktion unser Markengläser findet hier am Standort statt.“ Alle Rohstoffe, die zur Glasherstellung benötigt werden, kommen aus der Umgebung. Trotzdem hat die Ritzenhoff AG auch die Folgen von Corona zu spüren bekommen. Nicht nur die. Auch das Sturmtief Sabine hat die Kundschaft verprellt.

Hausmesse für weltweiten Fachhandel

Genau an dem Wochenende Anfang Februar als das Sturmtief mit Orkanböen über das Land fegte, fand in Frankfurt die Ambiente statt. Es ist die größte Konsumgütermesse weltweit.

„Wir präsentieren dort dem Fachpublikum und unserer Kundschaft immer unsere aktuellen Trends für den Tisch und Geschenke rund um das Thema Glas“, so Kerstin Hülsmann. Das Corona-Virus war auf dem Vormarsch. Die Messe fand noch statt. Aber viele Kunden blieben aus. Und dann wütete noch das Sturmtief Sabine. Ein weiterer Grund, das Kunden nicht kamen.

Per Hand werden die Dekore auf das Glas aufgebracht.
Per Hand werden die Dekore auf das Glas aufgebracht. © Annette Dülme | Annette Dülme

Um ihnen dennoch die Neuheiten zu präsentieren, riefen der Glashersteller Ritzenhoff in Absprache weiterer Markenhersteller aus dem Sauerland, wie die Firma Blomus aus Sundern, Leonardo sowie Ritzenhoff und Breker die „Brand Days“ ins Leben. Drei Tage lang präsentierten sie in ihren eigenen Räumen eine Hausmesse. „Unsere Kunden hatten somit die Gelegenheit, mit einer Anreise gleich mehrere Hersteller zu besuchen und sich über die neuesten Kreationen zu informieren“, erklärt die Pressesprecherin. Verlockende Angebote inklusive.

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„Unser hauseigener Showroom ist dafür bestens geeignet“, findet sie. In der Tat. Der Showroom ist von außen architektonisch einem riesigen Glastropfen nachempfunden, der sich vor dem Verwaltungsgebäude mit seinem grünen Grasdach in die Landschaft schmiegt. Die Inneneinrichtung ist ganz in Weiß gehalten, damit die Ritzenhoff-Gläser voll zur Geltung kommen.

Okkulte Gin-Gläser und Tattoos auf dem Weizenglas

Im Vordergrund stehen diesmal die neuesten Kreationen: Eine magisch, okkulte Gin-Kollektion. Designt hat sie die angesagte, skandinavische Künstlerin Karin Rytter, eine Meisterin der traditionellen Linolschnitt-Technik. Die fabelhaften, mystischen Dekore erinnern an den Kupferstich-Stil historischer Gin-Labels.

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Bei der neuen Wein-Serie kommt die griechische Mythologie aufs Glas. Mit echten Goldfäden schlängeln sich Göttersagen der Antike rund um den Kelch. Hülsmann: „Jedes Glas der Serie erzählt jeweils eine andere faszinierende Sage.“ Dionysos und Pari kommen ins Spiel und natürlich Göttervater Zeus. Im gleichen Design gibt es zum Weinglas passend jetzt auch ein Wasserglas.

Tattoo-Künstler aus Hamburg

Ein Tattoo-Künstler aus Hamburg hat seine Körperkunst-Kreationen auf die neue Weizenbierglas-Kollektion gebannt. Das passende Schnapsglas gibt es auch gleich dazu. Ganz zart dagegen kommen die Silberfädenkreationen auf der neuen Proseccoglas-Serie daher.

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Beim Besuch der Hausmesse kann die Kundschaft auch gleich noch hautnah miterleben, wie das hochwertige Ritzenhoff Kristall-Glas hergestellt und veredelt wird. Unter anderem führt Betriebsratsvorsitzender Axel Ballez durch die Fertigungshallen. „Als einziger Glashersteller in Europa bieten wir alles, war für die Entwicklung und Produktion eines Glases notwendig ist, aus einer Hand an“, sagt er. Einen stolzen Unterton kann er nicht verbergen. Seit 28 Jahren arbeitet er bei Ritzenhoff. „Dabei fertigen wir unsere Gläser auf den Anlagen einer der modernsten Glasproduktionsstätten Europas.

Glasbrei kocht bei 1.500 Grad Celsius

Das flüssige Glas wird vollautomatisch in Tropfen portioniert.
Das flüssige Glas wird vollautomatisch in Tropfen portioniert. © Annette Dülme | Annette Dülme

Es ist laut. Es ist heiß. Wie die Ursuppe selbst, kocht in der Schmelzwanne der Glasbrei, ein Gemisch aus Quarzsand, Soda, Kalk, Pottasche und Kalisalpeter, bei ca. 1.500 Grad Celsius. Auf vier parallel laufenden Glasproduktionslinien werden täglich bis zu 65.000 Tonnen flüssiges Rohglas zu 140.000 Gläsern verarbeitet. Das flüssige Glas wird in Tropfen portioniert und während des Erkaltungsprozesses in Form gebracht, zu Stielen gepresst, als Kelch geblasen, per Laser geschnitten, zusammengesetzt und verschmolzen.

Innovative Techniken, wie die Mundrandbearbeitung durch Laser oder durch das traditionelle Sprengen und Schleifen gehören mit zur automatischen Produktion. Ritzenhoff produziert sechs Mio. Abziehbilder, die mit Hand dekoriert werden. Neu ist der innovative Digitaldruck, der Ritzenhoff ganz neue Veredelungsmöglichkeiten bietet.