Brilon/Winterberg. In Winterberg soll eine Frau von ihrem ehemaligen Lebensgefährten vergewaltigt worden sein. Vor dem Amtsgericht muss ein Staatsanwalt aussagen.
„Ihre Worte sind mir deutlich in Erinnerung geblieben. Die Formulierungen habe ich heute noch im Kopf“, sagt Staatsanwalt Klaus Neulken als Zeuge vor dem Amtsgericht in Brilon. Damals berichtete eine Frau in der Rolle der Angeklagten, dass sie vergewaltigt worden sei. Neulken wägte als Vertreter der Staatsanwaltschaft im Verfahren zu der Zeit die Angaben ab und kam zu einer Entscheidung.
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Am nächsten Tag machte er einen Sitzungsvermerk, der schließlich zu der Verhandlung am Amtsgericht Brilon führte, wo sich ein ehemaliger Lebensgefährte der Frau verantworten muss. Er soll die Mutter seiner neun Kinder im Oktober 2013 im Rahmen eines Besuches in Winterberg vergewaltigt haben. Staatsanwalt Neulken soll dem Gericht erläutern, wie die vermeintlich Geschädigte damals die Umstände geschildert hatte.
Umzug nach Winterberg als mögliches Motiv
„Sie machte in der Verhandlung damals deutlich, dass es ein ziemliches Hin und Her gab und der Angeklagte sie immer wieder auszog, nachdem die heutige Nebenklägerin sich wieder angezogen hatte. Sie habe ihrem Lebensgefährten klargemacht, dass sie das nicht wolle“, sagt Neulken. Auslöser für die Tat sollen nicht bezahlte Rechnungen der Frau gewesen sein, die dann auf den Angeklagten zurückgefallen seien. Als weiterer Grund für den Übergriff soll der Umzug nach Winterberg genannt worden sein. Die räumliche Trennung vom Lebensgefährten soll diesem nicht gefallen haben.
E-Mails mit Hinweisen?
Am nächsten Verhandlungstag am 2. Januar 2020 sollen mehrere E-Mails der mutmaßlich Geschädigten vorgelesen werden in der sie von der vermeintlichen Vergewaltigung berichtet.
In welchem Rahmen die damals Angeklagte überhaupt auf das Thema zu sprechen kam, kann der Zeuge nicht mehr sagen. „Das hat mich damals auch beschäftigt. Wieso sagt sie das jetzt auf einmal? Es war nicht der erste Verhandlungstag. Wollte sie eine Begründung für ihre Tat liefern oder wieso hielt sie es so lange zurück? Der Detailreichtum ihrer Schilderung ließ ihre Aussage aber für mich glaubhaft wirken. Sie hätte es auch dramatischer darstellen können, wenn sie es sich ausgedacht hätte“, erklärt Neulken.
Angeklagter neigt zu Gewalt
Der Zeuge erinnert sich auch, dass der Lebensgefährte im Verfahren gegen die Frau damals zugegeben habe, eines seiner Kinder geohrfeigt zu haben. Andere soll er mit einem Messer bedroht haben, als sie ungefragt Wurst aus dem Kühlschrank genommen hätten.
„Im damaligen Verfahren wurde auch der älteste Sohn der beiden vernommen, der von heftigen Problemen berichtete und starker Gewalt, so dass er sich vom Jugendamt aus der Familie herausholen ließ“, sagt Neulken aus.
USB-Stick mit Beweisfotos gesucht
Im Verfahren soll auch ein USB-Stick eine Rolle gespielt haben. Darauf sollen sich Bilder befinden, die Verletzungen der vermeintlich Geschädigten zeigen, die von Gewaltausbrüchen des Angeklagten stammen sollen. Außerdem sei dort ein Mitschnitt eines Telefonats zu hören. Die Frau stelle darin ihren Lebensgefährten zur Rede und spreche darin die Vergewaltigung an. Doch der Angeklagte habe in der Aufnahme nicht auf die Vorwürfe reagiert. Aber genau dieser Datenträger ist bisher nicht aufzufinden.
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Ende Januar 2020 soll das Urteil im Verfahren gefällt werden. Vorher soll noch ein ehemaliger Lebensgefährte der vermeintlich Geschädigten gehört werden. Ihm soll sie von dem Vorfall erzählt haben. Auch der Richter, der damals den Fall in Medebach verhandelt hatte, soll gehört werden, um zu erfahren, in welchem Zusammenhang die Frau damals erstmalig von der mutmaßlichen Vergewaltigung erzählte.