Brilon. Der Forstwirtschaftsplan schreibt rote Zahlen, Brilon steckt gleichwohl den Kopf nicht in den Sand. Das Waldvermögen steht auf dem Spiel.

Das ist eine kleine Kapitulation vor dem Klimawandel: „Auf der Hochfläche“, sagt Forstamts-Chef Dr. Gerrit Bub, „geben wir die Fichte auf.“ Um die Forst-Kapazitäten voll auf die wertvollen weitläufigen Waldbereiche zu konzentrieren, auf denen es noch was zu retten gibt, sollen die vom Borkenkäfer befallenen Fichtenbestände auf den Kalkkuppen im Raum Brilon-Rösenbeck-Madfeld sich selbst überlassen werden. Ziel aller Bemühungen, so Dr. Bub am Donnerstagabend im Haupt- und Finanzausschuss, sei „die Verminderung unseres Waldvermögens zu verlangsamen.“

Fichte nur noch in höheren Regionen

Nach den verheerenden „Kyrill“-Schäden im Jahr 2007 hatte der Briloner Forstbetrieb noch mehrere hunderttausend Fichten neu gepflanzt. Unter den rund 250.000 Baum-Setzlingen, die im nächsten Jahr neu in den Boden gebracht werden, befinden sich nur noch 7200. Und die sollen nur noch in den höher gelegenen Revier-Regionen wie dem Dreis und dem Hohen Eimberg ausgebracht und mit Sturmriegeln - zum Beispiel aus Mammutbäumen - vor künftigen Orkanen geschützt werden. Der Brotbaum der heimischen Forstwirtschaft hat ausgedient.

Schon jetzt hat sich der Forstbetrieb 110.000 Douglasien gesichert. Dieser Nadelbaum gilt nicht nur als trockenheitsresistenter, sondern er hat auch, so der Briloner Forst-Chef, rund 50 Prozent mehr Zuwachs als die Fichte. Und: „Er verkauft sich unglaublich gut.“ Derzeit seien 95 Euro für den Festmeter zu erzielen. Zum Vergleich: Bei der Fichte sei der Preis seit Mai von 52 auf um die 33 Euro gefallen.

Zeitdruck bei den Setzlingen

Der Druck bei der der Beschaffung der Douglasien-Setzlingen hat einen Grund. Der Hoffnungsträger der heimischen Forstwirtschaft muss im Frühjahr in die Erde. Ob das Aufforstungsprogramm wie geplant umgesetzt werden kann, liegt mit an der Politik und an der Verabschiedung des Kommunal-Haushaltes für das kommende Jahr. Vor Jahresfrist war die aufgrund eines Vetos der Briloner Bürgerliste um zwei Monate in den Januar hinein verzögert worden. Das hatte dem Forstbetrieb Probleme bereitet, wie Dr. Bub jüngst noch im Forstausschuss anmerkte. Geplant ist die Verabschiedung für die Ratssitzung am 28. November.

Angesichts der großflächigen Borkenkäferschäden sind Setzlinge überall gefragt. Rund 250.000 Euro sind für die Neuanpflanzung veranschlagt. Dr. Bub: „Je später wir das Geld zum Kaufen bekommen, desto schlechter wird es.“ Es sei unter Umständen zu überlegen, eigenes Fichtensaatgut im Lohn-Auftrag anziehen zu lassen. Eine eigene Baumschule rechne sich nicht, das, so Dr. Bub, würde „irre teuer“. Ausschuss-Vorsitzender Günther Wiese (SPD) nahm die Landesregierung in die Pflicht. Er hoffe, dass „in Düsseldorf die Einsicht wächst“, angesichts der riesigen Waldschäden die sogenannten Ersatzgelder aus dem Bau von Windrädern auch für Aufforstungen freizugeben.

Einschlag geht an die 90.000-Festmeter-Marke

Rund 80 Hektar Kulturfläche will das Forstamt im kommenden Jahr neu bestocken. Darunter sind fünf Hektar, auf denen Jungpflanzen aus biotischen und abiotischen Gründen ausgefallen sind. Etwa durch Verdorren (abiotisch) oder aber durch Wildverbiss, Mäuse oder Überwachsen durch andere Pflanzen (biotisch). Bei sogenannten Waldblößen, kahl gewordenen Flächen unterhalb von 0,1 Hektar, entscheidet der Forst je nach Einzellfall, ob er dort nachbessert oder die Fläche der Naturverjüngung überlässt.

Das nasskalte Wetter der vergangenen Wochen habe den Borkenkäfer zwar gebremst, aber die weitere Entwicklung sei „unkalkulierbar“, so Dr. Bub zur WP.

Bis zu 90.000 Festmeter werde man wohl in diesem Jahr schlagen, in manchen Revieren wie am Dreis oder in Madfeld liegt der Hiebsatz bei 187 Prozent des üblichen. Die Preise purzeln ins Bodenlose, Industrieholz sei „gar nicht mehr absetzbar“. Man sei froh, sagte Dr. Bub, das kommunale Blockheizkraftwerk zu haben, das das Holz abnehme; zudem sei ein Biomasse-Kraftwerk in Dänemark Kunde geworden. Zum Glück, so der Forst-Chef, habe man vor „mit einer sehr großen Firma“ - gemeint ist Egger - einen zuverlässigen Partner. Dr. Bub: „Andere würden sich so etwas wünschen.“

Dr. Bub wies noch einmal darauf hin, dass von bereits abgestorbenen Borkenkäfer-Bäumen keine Gefahr mehr ausgehe, infektiös seien die, bei bereits befallen sind, aber bei denen die Krone noch grün sei. Aus Unkenntnis müsse man sich manchmal den Vorwurf anhören: Der Wald stirbt, und die schlagen grüne Bäume.“

„Da wächst ordentlich was heran.“

Im Forstausschuss kam die Frage auf, ob es sich angesichts der aufgrund der stark gestiegenen Kosten für die Forstdienstleistungen nicht lohnen können, einen eigenen Harvester anzuschaffen, mit dem sich die Bäume schnell fällen und verarbeiten lassen. Die Nachfrage nach diesen Dienstleistern ist zum einen groß, andererseits scheuen die Forstunternehmen auch die Aufstockung ihres Fuhr- und Maschinenpark. Ein Harvester koste schnell 1,5 Millionen Euro. Dr Bub kann die Zurückhaltung der zumeist kleinen Familienbetriebe verstehen: „Was ist, wenn der Boom vorbei ist?“

Während das Windwurf-Holz nach den Orkanen gut in Nasslagern bis zum Verkauf geparkt werden konnte, ist dies bei Käferholz anders. Durch die Käferschäden seien Pilze ins Holz eingedrungen, die einen Verfaulungsprozess auslösen.


Ziel des Waldumbaus sei, so Dr. Bub, einen „zukunftsfähigen, stabilen, nadelholzdominierten und klimaplastischen Mischwald“ zu erhalten. Dass sich seit „Kyrill“ wieder einiges entwickelt hat, könne jeder sehen, der - so SPD-Fraktionssprecher Hubertus Weber - „mit offenen Augen durch den Wald“ gehe: „Da wächst ordentlich was heran.“