Winterberg. Nach dem Insolvenzantrag: Welche Strategien verfolgt werden, um das das St.-Franziskus-Hospital zu retten und wirtschaftlich zu betreiben.

Die Nachricht schockte am Dienstag eine ganze Region: Das 129 Jahre alte Krankenhaus Winterberg hat einen Insolvenzantrag gestellt. Ein Sanierungsexperte soll helfen, das St.- Franziskus-Hospital zu retten. Ohne Unterstützung von außen sei das nicht möglich, sagte Dr. Christoph Niering zur Westfalenpost. Eine Schlüsselrolle spielen die Krankenkassen.

Loyalität der Arbeitnehmer

Im Insolvenzverfahren wird das Haus an Stellschrauben drehen müssen, um Kosten zu senken und künftig wirtschaftlicher zu agieren. Denn eine Insolvenz kann auch die Chance sein, sich von Dingen zu trennen – zum Beispiel ungünstige Verträge aufzulösen und neu zu verhandeln. Arbeitsverträge sollen aber, das versichern die Beteiligten, ausdrücklich nicht von den Sparmaßnahmen betroffen sein. Im Insolvenzverfahren wird vielmehr auf die Solidarität der Mitarbeiter mit dem kriselnden Krankenhaus gesetzt werden müssen.

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Am Montag waren die 213 Angestellten des St.-Franziskus-Hospitals über die Insolvenz informiert wurden. Dort wurde auch um die Loyalität der Arbeitnehmer geworben. Denn zum Beispiel Pflegekräfte werden auf dem Arbeitsmarkt händeringend gesucht. Bei einer Insolvenz droht die Gefahr, dass sie sich anderweitig orientieren. Wichtig sei es daher, dass die Mitarbeiter der Geschäftsführung, dem Insolvenzverwalter und dem Sanierungsexperten jetzt zwei oder drei Monate Zeit geben, damit der Schulterschluss mit den Krankenkassen gesucht werden kann und ein neuer Träger gefunden wird, heißt es.

Die Krankenkassen als Geldgeber und die Suche nach einem neuer Träger – das sind die zwei externen Hauptfaktoren, die über die Zukunft des Krankenhauses entscheiden. Das Insolvenzverfahren kann für die Suche nach einer neuen Trägergesellschaft insofern wichtig sein, als dass der neue Gesellschaft die finanziellen Altlasten nicht übernehmen muss. Das sieht auch der Landtagsabgeordnete Matthias Kerkhoff (CDU) ähnlich: „Die Insolvenz kann man auch als Chance verstehen.“

Mühsame Verhandlungen

Mühsamer dürften die Verhandlungen mit den Krankenkassen werden. Das St.-Franziskus-Hospital zählt zu den NRW-weit wenigen Kliniken, die den so genannten Sicherungszuschlag erhalten. Denn die Finanzierung der Betriebskosten von Krankenhäusern basiert in der Regel auf einer Vergütung durch Fallpauschalen. Die dadurch erwirtschafteten Entgelte reichen insbesondere in ländlichen und bevölkerungsschwachen Regionen zur Deckung der Kosten nicht aus.

Sanieriungsexperte Dr. Christoph Niering.
Sanieriungsexperte Dr. Christoph Niering. © FUNKE FotoServices | Kerstin Bögeholz

Das St.-Franziskus Hospital erwirtschaftete in den vergangenen Jahren jeweils rund zwei Millionen Euro Defizit. Für diese Fälle wurde der Sicherstellungszuschlag für einige medizinische Leistungsbereiche geschaffen (Innere Medizin, Chirurgie und Geburtshilfe). Damit soll ein Versorgungsangebot aufrechterhalten werden, das zur Versorgung der Bevölkerung notwendig ist, jedoch aufgrund eines geringen Versorgungsbedarfes nicht kostendeckend finanziert werden kann. Das Winterberger Haus erhält diesen Zuschlag seit 2016 – allerdings zeitlich verzögert, nicht in voller Höhe und zum Teil nur auf dem Klageweg von den Krankenkassen.

Zahlungsbereitschaft der Krankenkassen

Um das Krankenhaus nachhaltig wirtschaftlich zu betreiben wird der Sicherungszuschlag verlässlich in ausreichender Höhe benötigt. „Wenn ein Krankenhaus aus guten Gründen den Sicherstellungszuschlag erhält, darf es nicht sein, dass die Zahlungen verzögert und torpediert werden“, sagt auch Kerkhoff.

Dass es, wie Sanierungsexperte Niering sagt, hinsichtlich der Zahlungsbereitschaft der Krankenkassen in der Vergangenheit Differenzen gab, bestätigt auch das NRW-Gesundheitsministerium auf Anfrage der WP. Nach Ansicht des Ministeriums seien die Kostenträger, also die Kassen, dafür verantwortlich, dass der Sicherstellungszuschlag auch tatsächlich gezahlt werde, heißt es als Antwort. In den letzten Monaten habe das Ministerium „mehrfach versucht, die drohende Insolvenz noch abzuwenden, und hat mehrere Gesprächsrunden zwischen dem Krankenhaus und den Kostenträgern moderiert, um auf eine Lösung des Problems hinzuwirken“. Im Ergebnis hätten die Krankenkassen zwar Zugeständnisse gemacht. Die Insolvenz konnte aber nicht abgewendet werden.

Geldquellen nicht angezapft

Laut Ministerium hat das Krankenhaus es in der Vergangenheit aber auch versäumt, Geldquellen anzuzapfen. Denn Kliniken können nach dem Krankenhausgestaltungsgesetzes NRW so genannte „Besondere Beträge“ beim Land beantragen. „Im Fall des St.-Franziskus-Hospitals liegen derzeit keine ausreichenden Unterlagen vor, anhand derer geprüft werden kann, ob der ,Besondere Betrag’ gezahlt werden kann“, heißt es aus dem Gesundheitsministerium. Das Klinikum sei im September gebeten worden, die fehlenden Unterlagen bzw. Informationen nachzureichen.

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Zur Wahrheit gehöre außerdem: „Es liegt vor allem in der Verantwortung des Trägers, das Krankenhaus anständig und auskömmlich zu bewirtschaften“, schreibt das Ministerium. Landesseitig scheint zumindest der Wille vorhanden zu sein, dass das Winterberger Krankenhaus erhalten bleibt. Ein Gutachten zur Krankenhaus-Landschaft in NRW vom September 2019 kommt zu dem Schluss, dass es in Ballungsräumen eine Tendenz zur Überversorgung gebe, während der ländliche Raum tendenziell unterversorgt sei. Eine Quintessenz des Gutachtens: Ländliche Häuser müssen gestärkt werden.

Dazu passt auch eine Aussage von Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann im Deutschlandfunk am Mittwoch in einer Diskussion über Krankenhausstrukturen. Angesprochen auf den Insolvenzantrag des St.-Franziskus-Hospitals sagte der Minister, es sei „ein Krankenhaus im Sauerland, das topographisch eigentlich nicht über ist.“