Medebach. Jede Menge Fläche an Wegesrändern der Stadt Medebach sind „übernutzt“. Die Stiftung Westfälische Kulturlandschaften soll Lösungen erarbeiten.
Man stelle sich einmal 100 Fußballfelder vor: das sind rund 70 Hektar und das entspricht der Fläche, die entlang der rund 400 Kilometer Wirtschaftswege im gesamten Stadtgebiet Medebach als Randstreifen „übernutzt“ sind. „Übernutzt“ will sagen: sie werden gepflügt, werden gemäht, bewirtschaftet, obwohl sie eigentlich der Stadt gehören und störungsfrei von sich hin grünen und blühen sollten. 70 Hektar von insgesamt 181 Hektar Saumfläche.
Ergebnisse der Studie vorgestellt
Im Stadtrat wurde jetzt dieses Ergebnis einer in Auftrag gegebenen Wegeränder-Begutachtung vorgestellt. Fazit: die Stiftung Westfälische Kulturlandschaft und die Biologische Station des HSK sollen einen Plan erarbeiten, was man mit diesen übernutzten Randstreifen sinnvoll im Sinne von Ökologie, Naturschutz und Artenvielfalt tun kann. All das soll im Dialog mit den Landwirten passieren. Denn die sind nicht immer schuld. Gegenüber der WP hatte Bettina Gräf von der Biologischen Station des HSK, die die Medebacher Bucht betreut, zu Beginn der Untersuchung gesagt: „Die Landwirte stehen unter enormem Kosten- und Konkurrenzdruck. Das eigentliche Problem sind nicht sie, sondern die Agrarpolitik. Dort müsste ein grundsätzliches Umdenken stattfinden, damit Landwirte nicht mehr für die Zerstörung, sondern für den Erhalt von Lebensräumen belohnt würden.“
Nur wenig „störungsfreie“ Flächen
Zur Erinnerung: Ein 23-jähriger Student der Landschaftsentwicklung hatte das Thema zum Projekt seiner Bachelorarbeit gemacht und bei der Biologischen Station angefragt. In einem Testgebiet von der Korbacher zur Mündener Straße hatte er eine rund 320 Hektar große Fläche mit einer Wegstrecke von 20 Kilometern Länge unter die Lupe genommen und dabei die Flächengrößen der städtischen Wirtschaftswegeparzellen und ihre Arten-Beschaffenheit untersucht. Ergebnis: 9,3 Hektar waren Asphalt und Schotter – also tatsächlicher Wirtschaftsweg - 8,9 Hektar waren aber potenzielle Saumfläche, von der jedoch nur 5,4 Hektar als „störungsfrei“ gelten.
FDP-Antrag: Mehr ökologische Komponenten
In diesen Zusammenhang passt auch ein Antrag der FDP-Fraktion im Medebacher Rat. Ihr geht es darum, bei der Neugestaltung bzw. Erweiterung von Baugebieten im gesamten Stadtgebiet stärkere ökologische Komponenten zu berücksichtigen. Konkret fordern die Freien Demokraten keine Steinmauern und Steingärten zuzulassen. Sie seien nicht bienen- und insektenfreundlich. „Darüber hinaus speichern diese tagsüber Wärme und forcieren bei Hitzeperioden die Temperaturen in unserer Stadt“, so Fraktionsvorsitzender Michael Papenheim.
Außerdem möge die Stadt alle neuen Grundstückseigentümer dafür sensibilisieren, möglichst wenig Fläche zu versiegeln. Dritte Forderung der FDP: Eine starke Berücksichtigung „grün“ geprägter Baugebiete, d. h. eine aktive Bepflanzung von Bäumen und Sträuchern innerhalb der städtischen Flächen. Auch Privatleute sollen genau dazu ermuntert werden. Der Antrag der FDP fand in großen Teilen Zustimmung und soll bei allen weiteren Bauplanungen berücksichtigt werden. Nur mit einem generellen Verbot von Steinmauern und -gärten konnte sich die Ratsmehrheit nicht anfreunden.
Der größte Teil ist übermäht (23.275 Quadratmeter), aber auch gepflügt (6079), aufgeforstet (4043) oder eingegattert (1919). Nimmt man nur die Flächen, die zusammenhängend größer als 250 Quadratmeter sind, bleiben allein in dem Testgebiet noch 2,2 Hektar Fläche, die für den Naturschutz in Frage kämen.
Stadt will Potenzial nutzen
Bürgermeister Thomas Grosche, der das Ergebnis der Studie vorstellte: „Wir sind gespannt, welche Vorschläge von der Stiftung Westfälische Kulturlandschaft kommen und wollen uns dort erstmal Know-How holen. Man muss schauen, wo eine Hecke, wo ein Blühstreifen, wo ein Zaun Sinn machen kann. Wir wollen all das aber ganz bewusst zusammen mit der Landwirtschaft angehen“, so Grosche zu dem einstimmigen Ratsbeschluss.
Auch interessant
Es gehe um Rahmenbedingungen und vielleicht auch um modellhafte Förderungen. Die Begutachtung gehe von 70 Hektar übernutzter Fläche aus. Grosche: „Unterm Strich sind es es vielleicht auch nur 40, mit denen man etwas machen kann – aber das ist auf jeden Fall ein großes Potenzial, das wir nutzen möchten.“