Brilon. Die Condensator Dominit baut in Brilon Wald neu. Im alten Essigturm will der Firmenchef das „Briloner Schnade-Pendel“ installieren.
Und sie bewegt sich doch.“ Das wissen wir seit Galileo Galilei. Dr. Christian Dresel will das demnächst im Sauerland jedermann sichtbar machen. Mit dem „Briloner Schnade-Pendel“. Der Foucaultsche Fadenschwinger soll im alten Essigturm in Brilon Wald am Verlauf des historischen Grenzgangs die Erdrotation visualisieren. „Aber erst müssen wir Geld verdienen“, sagt der Physiker und Unternehmer mit einem Schmunzeln.
Da sollte dem 53-Jährigen gelingen. Schließlich sind die Auftragsbücher des Hightech-Unternehmens „bis zum Stehkragen voll“. Und weil der Betrieb schon seit Jahren zweistellige Zuwachsraten erzielt, geht er raus aus dem engen Bremecketal und baut für rund vier Millionen Euro auf der Degussa- bzw. Chemviron-Brache ein neues Werk.
Dafür hat Dr. Dresel die 18.000 qm große Nordfläche des Gewerbegebietes erworben - inklusive des alten Essigturms. Seine ursprüngliche Absicht, das markante Industriedenkmal in den Firmenkomplex zu integrieren, musste Dr. Christian Dresel allerdings ad acta legen. Die Bausubstanz gibt das nicht mehr her. Immerhin sei es möglich, auf den Stahlträgern der ersten und zweiten Etage energetisch autonome Container einzulassen, um dort außergewöhnliche Tagungsräume zu schaffen. Und für das rund 100 qm große Erdgeschoss mit seinem Lost Place-Charme kann sich der Unternehmer sommertags kleine kulturelle Events vorstellen - „Den Platz für eine Theke habe ich auch schon gefunden“, sagt er.
Industriegeschichte
Beim „Tag des offenen Denkmals“ am Sonntag, 8. September, kann der Essigturm besichtigt werden.
Von 11 bis 20 Uhr ist das historische Gebäude geöffnet. Ehemalige Degussa- und Chemviron-Mitarbeiter können als Zeitzeugen zur Unternehmensgeschichte befragt werden.
Brilon Wald aktiv kümmert sich um das leibliche Wohl, außerdem werden alte Dokumente aus der Geschichte der Degussa bzw. Chemviron ausgestellt.
Doch jetzt liegt der Fokus erst einmal auf dem Neubau und dem Umzug. Die 50 mal 50 m große Halle präsentiert sich schon in ihren Firmenfarben, der viergeschossige Verwaltungstrakt mit seinen 1000 qm steht im Rohbau. Anfang kommenden Jahres soll er Umzug starten. Nach und nach soll die Belegschaft unter laufender Produktion vom Bremecketal nach Brilon-Wald ziehen.
Ariane Drilling: „So einer wie er hat uns lange gefehlt.“
An dem Dorf hat der Franke irgendwie einen Narren gefressen. „Das war doch einmal ein bedeutender Industriestandort“, sagt er. Mit dem Verlust der Arbeitsplätze schwanden auch die Einwohnerzahlen und damit die Attraktivität des Ortes. Folge: Leerstände vom Sägewerk an dem einen Ortsausgang über das Schlosshotel bis hin zu dem riesigen Klostergelände am anderen - „Anderswo wären solche Objekte Goldgruben,“ glaubt Dr. Dresel. Mit dem Bahnhof tue sich ja was, und deshalb wollte auch er sein Scherflein dazu beitragen.
„So einer wie er hat uns lange gefehlt“, freut sich Ortsvorsteherin Ariane Drilling über das Engagement des Unternehmers und dessen Entscheidung, nach Brilon-Wald zu ziehen. „Im Moment läuft’s“, sagt die Kommunalpolitikern auch mit Blick auf die frisch ausgebaute und sanierte Ortsdurchfahrt sowie die Entwicklung am Bahnhof.
Als Geschäftsmann guckt Dr. Dresel gerne über den Tellerrand hinaus. Beispiel Ökologie. Der neue Firmensitz sei durch und durch CO2-neutral. Wasser aus der Hoppecke nutzt er für den Wärmetauscher, auf dem Dach sorgt Photovoltaik für Strom. Den zu optimieren ist ja schließlich die Kernkompetenz des Unternehmens.
Das wissen mittlerweile Kunden aus der ganzen Welt zu schätzen. Technologie made im Bremecketal ist in der Metro von Shanghai ebenso zu finden wie in den Werken deutscher Autobauer rund um den Globus oder Mega-Flaschen-Abfüllanlagen in Mittelamerika.
International gefragt: Hightech aus dem Bremecketal
Dominit-Technik sorgt zum Beispiel dafür, dass sich nicht jenes Desaster wiederholt, als eine Komponente der Abfüllanlage versagte und die Urgewalt der nachgedrückten PET-Flaschen - 60.000 Stück pro Stunde - die Stahlträger der Anlage verbog. Ja, und es gibt auch sicherheitsrelevante Aufträge von Regierungen, für die dem Unternehmen strikte Geheimhaltung auferlegt ist.
So international wie seine Geschäftsbeziehungen ist auch seine Belegschaft. Knapp zehn Nationalitäten sind derzeit im Bremecketal unter einem Dach.
Ungeachtet der aktuellen Unsicherheiten über die wirtschaftliche Entwicklung, die globale ebenso wie die nationale, hat Dr. Dresel bereits die Erweiterung des Neubaus in den Stil gestoßen. Die Baugenehmigung für weitere 500 qm liege bereits vor, sagt er; geplant ist auch ein rund 1000 großer überdachter Freibereich.
Dort wäre dann Platz für die Sattelzüge, die für einen sich abzeichnenden internationalen Auftrag das Werk anfahren müssten. Damit stieße Condensator Dominit in neue Dimensionen vor.
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Der „Letter of Intent“, die Absichtserklärung für das Geschäft, sagt Dr. Dresel, sei bereits unterschrieben. Dabei handelt es sich um Schaltschränke von der Größe eines 40-Fuß-Hochsee-Containers. Großes Lob zollt der Unternehmer den an der Planung beteiligten Behörden und Institutionen. Dr. Dresel: „Da gab es jede Unterstützung.“
Etwas zu kritteln hat der Unternehmer allerdings an dem neuen Standort: „Das Glasfaserkabel liegt nur bis zur Schützenhalle!“ Aber auch im Bremecketal kommunizierte er bisher nur per Kupfer.