Brilon. Die Baustelle liegt am Rande von Brilon und ist den meisten Blicken entzogen. Doch sie betrifft die ganze Stadt.

Warnweste an und Helm auf reicht nicht: „Immer schön die Hände in den Taschen lassen!“ weist Bauleiter Dietmar Scholz den Besucher an. Der ist nämlich keine „EuP“, keine „Elektrotechnisch unterwiesene Person“. Also niemand vom Fach. Jemand, für den Strom aus der Steckdose kommt und der sich dann und wann schon mal beim Fummeln an Lampen und Leitungen einen gewischt hat. Hier, am Ostring, im Umspannwerk der Westnetz, geht es um ganz andere Größenordnungen.

Künftig werden am Ostring in Brilon drei statt zwei Transformatoren stehen. Links im Hintergrund einer der alten, rechts das Fundament eines der neuen.
Künftig werden am Ostring in Brilon drei statt zwei Transformatoren stehen. Links im Hintergrund einer der alten, rechts das Fundament eines der neuen. © Jürgen Hendrichs

Da fließen 110.000 Volt durch die blanken Leiterseile. Gelb-schwarze und rot-weiße Ketten sperren die Gefahrenzonen ab, vereinzelt geben „Vorsicht Lebensgefahr“-Schilder den Absperrungen Nachdruck. Deshalb hat auch der Stacheldrahtbewehrte Zaun seinen Sinn. Batterien von Schaltschränken regeln den Betrieb. Zurzeit ist die rund 4500 qm große Fläche eine Baustelle. Westnetz erneuert die komplette Anlage. Investitionsvolumen: rund 6,5 Millionen Euro. Die Fertigstellung ist für das Jahr 2022 geplant.

Energiewende fordert den Ausbau intelligenter Netze

Strom und Gas

Westnetz bezeichnet sich als größten Strom- und Gasnetzbetreiber im Westen Deutschland.

Das Unternehmen versorgt rund 6,7 Millionen Menschen mit Strom.

Das erfolgt in Hoch-, Mittel- und Niederspannungsbereich per Kabel und Freileitung.

Dazu unterhält Westnetz insgesamt 26.270 km Kabel- und 141.036 km Freileitungen.

Derzeit werden die Fundamente für die neuen Transformatoren gegossen und der Keller für das neue Schalt- und Betriebsgebäude ausgeschachtet. Rund 85 Tonnen bringt jeder Trafo auf die Waage, etwa gleichviel wird an Stahl in den Beton montiert.

Unter jedem wird ein Auffangbassin angelegt, das bei einem Störungsfall das Öl auffangen kann. Rund 17.000 Liter befinden sich zur Kühlung und Isolation in einem Transformator dieses Kalibers. Die Bassins sind übrigens mit einem speziellen Lochblech abgedeckt, das bei einem Brandfall helfen soll, Flamme zu ersticken.

Die Kapazität der Altanlagen ist in Zeiten der Energiewende an ihre Grenzen geraten. Früher, so erläutert Westnetz-Sprecher Wieland Dierks, floss der Strom nur ein eine Richtung, vom Kraftwerk zum Verbraucher.

Rund 85 Tonnen schwer ist jeder Transformator; in den Fundamenten ist  etwa gleichviel Stahl verbaut
Rund 85 Tonnen schwer ist jeder Transformator; in den Fundamenten ist etwa gleichviel Stahl verbaut © Jürgen Hendrichs

Da dienten Umspannwerke wie dieses dazu, die Spannung von 110 kV, also 110.000 Volt, für die weitere Verteilung an den Endverbraucher auf 10 kV zu reduzieren. Die Zeiten sind vorbei. Durch die dezentrale Einspeisung von regenerativer Energie - Wasser, Wind, Biogas und Sonne - muss flächendeckend Strom aufgenommen und zum Verbraucher transportiert werden. Dazu seien „intelligente Netze“ notwendig.

Den von den unzähligen „kleinteiligen Einspeisern“, so Projektleiter Peter Gierse, eingesammelte Strom „müssen wir ja auch wieder an den Verbraucher loswerden“.

Das geht dann über die Transformatoren in umgekehrte Richtung: von der 10 kV-Leitung über die 110 kV-Leitung hin zur Hochspannung mit 380 kV. Diesen Strom verarbeitet das riesige, von Amprion betriebene Umspannwerk in Nehden.

Eingespeiste Strommenge ist hier mittlerweile höher als der Verbrauch

Die Arbeiten am Ostring erfolgen unter laufendem Betrieb. Gut geplant und platziert werden müssen zum Beispiel auch die 140, jeweils drei Tonnen schweren Fundamente für das Schaltfeld. Auf ihnen werden die Sammelschienen installiert. Die ganze Technik ist großzügig auf Abstand aufgebaut. Aus einem einfachen Grund: Die Luft ist zur Isolation der unter Spannung stehenden Teile notwendig. Die drei neuen Transformatoren werden entlang der Grundstücksgrenze zur Fa. Stratmann aufgebaut. Dann könne man 80 bis 85 Megawatt gesichert bereitstellen, sagt Dietmar Scholz. Derzeit sind es 40 MW.

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„Alle Investitionen stärken das Netz“, sagt Wieland Dierks. Das gilt auch für den Ausbau der Leitungen. Auch der ist der Energiewende geschuldet. So wird im östlichen Hochsauerlandkreis und dem angrenzenden Hochstift mittlerweile mehr Strom ins Leitungsnetz eingespeist als entnommen. In den vergangenen beiden Jahren hat Westnetz an den Masten zwischen Brilon und Marsberg zusätzliche Leitungen aufgezogen - insgesamt rund 400 km. Investitionsvolumen: rund 16,5 Millionen Euro.

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