Olsberg. Nach der Sommerpause steht die Resolution zum Klimanotstand in Olsberg zur Debatte. Zwei Grünen-Politiker erklären im Interview, worum es geht.

Die Grünen in Olsberg feiern in diesem Jahr ihr 30-jähriges Bestehen und ihre Partei ist gefragter denn je. Gleichzeitig stellte die dreiköpfige Fraktion im Olsberger Stadtrat im Juli einen besonders weitreichenden Antrag für eine Resolution. Die Stadt soll sich zum Klimanotstand bekennen. Im WP-Interview resümieren Stefan Schütte, Sprecher der Grünen im HSK und in Olsberg, sowie Karl Heinz Weigand, Fraktionsvorsitzender der Grünen im Rat, was ihnen für Olsberg und den HSK besonders wichtig ist und wie man sich als regional kleine Partei unter den Großen fühlt.

Westfalenpost: Herr Weigand, Herr Schütte - wie ist es, so erfolgreich zu sein?

Karl Heinz Weigand: Das tut uns gut, aber dahinter steckt auch eine Menge Verantwortung und von den Bürgern eine Erwartungshaltung. Ich finde, wir werden insgesamt viel kritischer gesehen als andere etablierte Parteien. Das war schon immer so. Vielleicht liegt es am Thema Ökologie, das ja jeder einzelne für sich mehr oder weniger leben kann.

In der letzten Ratssitzung wurden Sie von einem CDU-Mitglied sehr persönlich angegangen, u.a. ging es um die Autos, die Sie fahren. Das gehörte nicht in die Sitzung, wie Herr Weigand auch direkt anmerkte – unter Zustimmung vieler anderer Ratsmitglieder. Aber ist es nicht trotzdem so, dass gerade Sie als Grüne Ansprüche vorleben sollten?

Karl Heinz Weigand: Ja, auf uns wird besonders geachtet und das ist auch in Ordnung. Für mich versuche ich, mein Leben schon zu verändern. Ich spare Plastik ein und, wo es eben möglich ist, Wasser. Ich mähe den Rasen nicht mehr so oft, habe ein Wildblumenbeet eingesät. Zusätzlich haben wir zu Hause neue Fenster und Türen installieren lassen, um Energie einzusparen. Vor ca. zehn Jahren haben wir uns für eine Pelletheizung entschieden, um von den „endlichen Energien“ wie Öl und Gas wegzukommen. Strom beziehe ich seit Jahren über Greenpeace.

Reicht das insgesamt?

Karl Heinz Weigand: Ich würde niemals für mich in Anspruch nehmen, dass ich 100-prozentig ökologisch lebe und das kann, finde ich, auch keiner von niemandem erwarten. Fahrradfahren geht im Sauerland nicht immer und der ÖPNV ist nicht so ausgebaut, wie ich es mir wünschen würde, sonst würde ich umsteigen. Aber im Außendienst ohne Auto, das geht nicht und es muss auch ein sicheres Auto sein. Würde ich in der Stadt wohnen, würde ich mir dreimal überlegen, ob ich ein Auto hätte.

Herr Schütte, was machen Sie?

Stefan Schütte: Ich fahre seit zehn Jahren mit dem ÖPNV zur Arbeit. Das ist erst viel Gewöhnung, aber irgendwann lernt man dies schätzen. Ich persönlich möchte bis Ende des Jahres CO-2-neutral leben. Das geht! Durch Kompensationsangebote, wie es Vereine, zum Beispiel „Prima Klima e.V“ und andere, anbieten und mit dem Geld Bäume pflanzen.

Ändert sich gerade was beim öffentlichen Klima-Bewusstsein?

Schütte: Ich finde, ja. Wir haben – wie auch der Hochsauerlandkreis – eine Wildblumenaktion gestartet und auch hier in Olsberg viele Samen verschenkt. Ergebnis: Wir haben viel zu viel Fläche für viel zu wenig Samen. Momentan ist alles verteilt, wir haben keine Samen mehr, jetzt wurde ein runder Tisch mit allen Beteiligten initiiert, um diese Aktion fortzusetzen.

Was ist mit dem Klimanotstand?

Weigand: Das Thema soll am 4. September im Ausschuss besprochen werden. Wir erwarten, dass vernünftig diskutiert wird und möglichst viel vom Antrag übernommen wird. Ich kann nicht nachvollziehen, dass man sich am Wort Notstand so stößt, schließlich gibt es auch den Pflege-, Blutspende- oder Ärzte-Notstand etc. Vielleicht steckt wirklich dahinter, dass sich dabei jeder in seinem Verhalten hinterfragen muss.

Schütte: Zur Erinnerung: Schon 1999 gab es einen Beschluss des Rates zur nachhaltigen städtebaulichen Entwicklung, da standen die Agenda 21 und der Gipfel von Rio ganz oben. Schon damals ging es darum, ich zitiere aus der Vorlage, „die Bedürfnisse der Gegenwart zu befriedigen, ohne zukünftigen Generationen die Chance zu nehmen, ebenfalls diese Bedürfnisse uneingeschränkt zu befriedigen“. Das ist Nachhaltigkeit. Aber es hat sich in 20 Jahren kaum etwas getan, eher ist durch die Beschleunigung des Klimawandels das Gegenteil der Fall.

Was sollte man denn tun?

Schütte: Warum wird die Energie, die in Olsberg von städtischen Einrichtungen verbraucht wird, nicht durch Ökostrom erzeugt? Die Ausschreibung muss dann natürlich entsprechend sein. Es ist teurer, aber das kommt immer als Argument. Grüne denken langfristiger, nachhaltiger, und dann ist es meist sogar günstiger. Siehe Windkraft, es wird immer teurer – langfristig betrachtet. Ich hätte mir einen Bürgerwindpark gewünscht, wie wir ihn uns in Hilchenbach angeschaut haben.

Weigand: Genau, wir waren als einzige Partei immer ganz klar dafür, Windkraft im vernünftigen Rahmen zu erlauben, am besten so, dass Olsberg energieautark sein könnte. Die Grundlagen dafür hätte man meines Erachtens nach viel schneller legen können. Es könnten schon längst Räder stehen! Auch haben wir mehrfach eine Photovoltaikanlage auf dem Gelände des interkommunalen Gewerbegebiets vorgeschlagen. Immer wieder wurde argumentiert, es müsse voraussichtlich als Ausgleichsfläche für etwas anderes genutzt werden. Ich hätte dies wie auch andere Vorschläge gerne mal ausdiskutiert. Insgesamt könnten wir viel mehr Wind- und Sonnenenergie im Stadtgebiet nutzen.

Wir haben von Beginn an den Bau von Kunstrasenplätzen kritisiert, was ja jetzt wieder in der Diskussion ist. Es müssen Lösungen gefunden werden, die sowohl den Sportvereinen und Sportlern als auch der Umwelt gerecht werden. Und wenn ich zum Kneipp-Erlebnispark schaue, so bin ich erstaunt, wie viel Beton und Pflaster verbaut wurde, das steht bis dato noch in keinem Verhältnis zu den Bäumen, die zuvor abgeholzt und jetzt neu gepflanzt wurden.

Fühlen Sie sich zu wenig ernst genommen?

Weigand: Wir werden von dem ein oder anderen vielleicht schon noch belächelt. Aber immerhin haben wir es geschafft, von anfangs einem mit mittlerweile drei Ratsmitgliedern Fraktionsstärke zu erreichen. Dies sollte dann auch anerkannt werden. Unsere Argumente werden schon angehört, im Endeffekt jedoch nicht in entsprechende Beschlüsse umgesetzt, aber das ist nun mal auch Teil der Demokratie und der Mehrheitsverhältnisse im Rat. Wir stimmen ja auch im Sinne der Bürger ganz vielen Anträgen zu. Ökologie ist unser Kernthema, aber Wirtschaft, soziale Gerechtigkeit, Bildung gehören auch für uns dazu. Wir haben diverse Anträge gestellt, es sollte doch nicht so sein, dass diese prinzipiell abgelehnt werden, nur weil sie von den Grünen gestellt wurden.

Wir müssen bei der nächsten Wahl stärker werden, um vielleicht eine Koalition bilden zu können und so Entscheidungen mit beeinflussen zu können. Wie die Mitgliederentwicklung im Ortsverband zeigt, werden wir mehr, das Interesse größer.

Wie stehen Sie zur heimischen Wirtschaft, in der letzten Ratssitzung ging es auch um energieintensive Unternehmen?

Schütte: Wir stehen zu unserer heimischen Wirtschaft. Unser Anliegen ist nur, dass energieintensive Unternehmen alle Möglichkeiten ausschöpfen, Energie zu sparen. Das betrifft letztlich alle Firmen. Dafür hätten wir gerne den Klimamanager. Es geht darum, Umweltmanagement in der Stadt zu verankern. Ökologisches Handeln ist ja schon für viele Unternehmen selbstverständlich. Ein Klimamanager könnte über Fördermöglichkeiten informieren.

Weigand: Wir möchten den Manager ja auch nicht nur für Olsberg, er könnte doch interkommunal eingestellt werden. Seit 2009 fordern wir den Klimamanager, stoßen jedoch in der Verwaltung und bei den beiden anderen Parteien auf taube Ohren.

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Was wünschen Sie sich?

Schütte: Als allernächstes erstmal, dass die Annahme des Antrags zum Klimanotstand erfolgt. Dann könnte unser 7-Punkte-Plan greifen. Er beginnt mit dem „Ja“. Schritt 2 wäre, personelle und finanzielle Ressourcen zu beantragen, sprich: auch den Klimamanager. Der Analyse z.B. von Gebäuden, Mobilität, Energie, Lieferanten würde ein Maßnahmenkatalog folgen. Es geht um Investitionen in erneuerbare Energien, Flächennutzungsplan, Baumpflanzungen etc. In den nächsten Punkten geht es darum, Industrie, Gewerbe und Privatpersonen bei der Umsetzung zu helfen und letztlich müssten konkrete Ziele in einem halbjährigen Bericht festgelegt werden.

Zum Antrag, den Klimanotstand für Olsberg auszurufen, haben Die Grünen eine Online-Petition geschaltet. Alle Bürger können ihre Meinung unter https://www.openpetition.de/petition/online/klimanotstand-fuer-olsberg-jetzt-und-sofort abgeben. Sie läuft noch sechs Wochen und alle sind eingeladen, mitzumachen.