Olsberg/Bestwig. An der Sekundarschule in Olsberg und Bestwig fand die erste Juniorwahl statt. Für die authentischen Bedingungen war viel Vorarbeit nötig.
Vor dem Wahllokal hat sich eine lange Schlange gebildet. Das Gemurmel wird immer lauter. Plötzlich durchdringt ein Pfiff den Gang. „Gleich wird geöffnet, hört bitte noch kurz zu“, ruft Ursula Kämmerling. Und erinnert daran, nach dem Kreuzchen machen den Stimmzettel so zu falten, dass er in die Urne passt. Denn das ist bei dieser Wahl einer der wenigen Punkte, die anders sind als am Sonntag: Bei der Juniorwahl müssen die Jugendlichen der Olsberger Sekundarschule den grauen Streifen ohne Vorgabe falten.
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Doch ansonsten ist das Verfahren vergleichbar mit der echten Europawahl. Wenige Tage zuvor haben alle Acht- bis Zehntklässler eine Wahlbenachrichtigung erhalten, mit Zeit und Ort – zumeist während des Gesellschaftslehre-Unterrichts (GL) –, zudem mit dem Hinweis, zur Abstimmung auch den Schülerausweis mitzubringen.
Interesse an Politik wecken
„Alles soll so authentisch wie möglich sein“, sagt Stefanie Lilienthal, seit Sommer GL-Fachschaftsvorsitzende. Mit Paulina Constantin-Hunstig aus Bestwig, die auch die Idee aufgebracht hatte, ist sie verantwortlich für die erste Juniorwahl an der Schule. „Wir wollten das Interesse für Politik wecken, vor dem Hintergrund einer sinkenden Wahlbeteiligung“, zählt sie auf, warum sie die Sekundarschule als Teilnehmer für die bundesweite Aktion angemeldet haben. Zudem sollten die Schüler so den Wert von Demokratie und Wahlen erleben, und dass das ein Privileg ist.
Aber auch eines, das Initiative fordert. Im GL-Unterricht haben sich die Schüler vorbereitet, manche Klassen dabei Wahlplakate analysiert und sich über deren Themen informiert, ebenso wie über die nationalen Spitzenkandidaten, berichtet Kämmerling. Und vor allem den „Wahl-o-mat“ zu Rate gezogen, erzählen die Schüler. „Danach stand es bei mir fest“, sagen Fabio, Leander und Bjarne übereinstimmend. Und auch wenn der „Wahl-o-mat“ abgeschaltet werden musste, weil er kleinere Parteien benachteiligt: einen Einfluss, sagen die drei, hat das auf ihre Wahl nicht.
Ausweiskontrolle durch den Wahlvorstand
Vor der steht nun aber noch eine Prüfung. Ganz genau schaut je einer der drei Wahlvorstandsmitglieder die Ausweise und Benachrichtigungen an, hakt ab. Ein Schüler nach dem anderen geht hinter die aufgestellte Wand, macht sein Kreuz. Und faltet dann den Stimmzettel – oder versucht es. Denn obwohl alles kleiner gedruckt ist als im Original, ist das Papier offenbar zu groß. Doch ein, zwei Mal Nachfalten, schon passt es in den Schlitz der Urne – zwar wie im Original mit einer Plombe und Siegel versehen, aber aus Pappe gefalzt.
Am heutigen Freitag werden die bis zu 375 Stimmzettel ausgezählt, die Ergebnisse dann in das Onlineportal des Projekts eingetragen. Ab Sonntag um 18 Uhr sollen sie öffentlich abrufbar sein. Und in den Tagen darauf gibt es dann auch für die Schulen Auswertungen mit Vergleichen zur „richtigen“ Europawahl und Hinweisen, wie die Lehrer die Themen weiter im Unterricht behandeln können.
Ob sie sich auch danach mehr für Politik interessiert? Sara, die zuvor begeistert ihren Stimmzettel eingeworfen hat, zuckt mit den Schultern. „Aber als Vorbereitung war es ganz gut“, so die 16-Jährige.
- Autorin Julia Schweizer ist Redakteurin bei der Ludwigsburger Kreiszeitung (Region Stuttgart) und in dieser Woche im Rahmen des Projektes Reportertausch als Tauschreporterin in der Redaktion Brilon.
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