Brilon. . Ein Bauhof-Mitarbeiter trägt in Brilon das umstrittene Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat auf einem Spielplatz auf. Das sorgt für Entsetzen.

Einem Passant waren Mitarbeiter des Bauhofs aufgefallen, die dort mit einem Sprühgerät hantierten. Auf seine Frage, was sie dort auftrügen, sei die Antwort gekommen: „RoundUp“. Der Passant wandte sich an die Briloner Bürgerliste (BBL), die den Vorfall auf ihrer Facebook-Seite aufgriff. Mittlerweile ist auch Bürgermeister Dr. Bartsch ins Bild gesetzt worden. Was er zu dem Vorfall sagt und wie andere Städte im Hochsauerlandkreis mit RoundUp auf öffentlichen Flächen umgehen.

Die Ansage auf dem Schild ist klar und deutlich: Hier ist das Fußballspielen verboten, ebenso das Rauchen, und laute Musik ist ebenfalls nicht erwünscht, denn: „Hier spielen wir“ - weist das Memento auf dem Kinderspielplatz am Kalvarienberg die Besucher hin. Glyphosat ist auf Spielplätzen auch verboten. In der vergangenen Woche wurde es dort aber aufgetragen.

In Brilon unter 20 Liter Herbizid-Konzentrat

Wie die Verwaltung auf Anfrage der WP mitteilte, würden auf Kinderspielplätzen „nur Randbereiche ganz gezielt behandelt“. Generell fänden im Stadtgebiet glyphosathaltige Herbizide seit 2005 „nur noch auf den intensiv zu pflegenden Flächen“ Anwendung. Das betreffe laut dem dafür eigens aufgestellten Kataster etwa ein Drittel der insgesamt 158.000 qm Grünfläche in der Stadt. Von diesen rund 50.000 qm würden etwa 16.500 qm zweimal jährlich mit Herbizid behandelt, der Rest nur bei Bedarf. Dort wird der Unkrautbewuchs mit Rindenmulch unterdrückt. Der Jahresverbrauch liege, so die Stadt, bei „unter 20 l Herbizid-Konzentrat“.

Antrag: Einsatz von Glyphosat Pflanzengiften einstellen

Der BBL geht das nicht weit genug. Für die nächste Ratssitzung (Donnerstag, 23. Mai) stellt sie den Antrag, den Einsatz von Glyphosat und anderen chemisch-synthetischen Pflanzengiften auf allen Spiel-, Sport- und Erholungsflächen „ab sofort“ einzustellen.

Außerdem, so BBL-Stadträtin Christiana Kretzschmar, sollen privaten Dienstleistungsunternehmen ebenfalls zum Verzicht auf diese Pestizide verpflichtet, sowie Bauhof, Gebäudemanagement, Stadtgärtnerei und die anderen beteiligten Ämter angewiesen werden, „bienen- und insektenfreundliche Blühflächen oder Projekte zu initiieren“. Die BBL teilt die in der seit langem laufende Diskussion um die Gefährlichkeit von Glyphosat die Argumente der Kritiker. Alternativen zur Chemiekeule seien, so die BBL, „vielfältige mechanische und thermische Verfahren. Christiana Kretzschmar: „Warum muss unter den Büschen alles kahl sein?“

Gefahr für Bestäubern wie Bienen und Wildbienen

Der BBL sei wichtig, die Einwohner „über die Bedeutung von Biodiversität in unserer Stadt“ zu informieren; außerdem sollen ihnen „Möglichkeiten zum Schutz von Bestäubern wie Bienen und Wildbienen sowie giftfreie Maßnahmen beim Gärtnern gezeigt“ werden.

Dass von „kommunaler Ebene Veränderungen“ im Umgang mit den umwelt- und gesundheitsschädlichen Pflanzengiften ausgehen können, teilt MdB Dirk Wiese auf Anfrage der WP mit. Der Briloner ist als Vater eines Kindes im Kindergarten- und damit typischen Kinderspielplatzalters besonders für das Thema sensibilisiert. Kommunen, so Wiese, „haben einen Entscheidungsspielraum“.

Dirk Wiese: Nationaler Ausstieg

Die SPD derzeit nicht. Sie habe sich mit ihrem 2017 gestellten Antrag auf den „nationalen Ausstieg aus der Anwendung von glyphosathaltigen Pflanzenschutzmitteln“ nach Bildung der Großen Koalition im vergangenen Jahr beim Koalitionspartner „trotz aller Bedenken“ nicht durchsetzen können. Er sei jedoch „sehr froh, dass die meisten Baumarktketten den Wirkstoff mittlerweile aus dem Sortiment genommen haben“. Wiese: „Gerade im Privatbereich hat das Gift Glyphosat nichts zu suchen.“

Wie ist das in anderen Kommunen? Die kürzeste Antwort auf eine Umfrage an die Stadtverwaltungen kam aus Medebach. Bürgermeister Thomas Grosche: „Wir setzen schon seit ein paar Jahren kein Glyphosat mehr ein.“

Wildkrautbürste und Heißluftgeräte

In Marsberg hatte die Politik Anfang diesen Jahres das Thema auf dem Tapet. Auf Flächen, die von der Allgemeinheit benutzt werden - wie öffentliche Parks, Sport- und Freizeitanlagen, Schulgeländen und Spielplätzen - werde kein Glyphosat aufgetragen. Welche Menge eingesetzt werde, lasse sich nicht pauschal sagen, das sei von verschiedenen Faktoren von Jahr zu Jahr unterschiedlich, so Helmut Löhring vom Bauamt. Im Mittel sei der Verbrauch jedoch im Vergleich zu früheren Jahren um etwa 80 Prozent reduziert worden.
Die Stadt Olsberg hat 2017 rund 1,6 l RoundUp eingesetzt; damit lassen sich ca. 4000 qm behandeln. Wie Stadtsprecher Jörg Fröhling sagt, werden Totalherbizide nur auf „gärtnerisch genutzen Flächen eingesetzt, auf denen eine mechanische oder thermische Behandlung nicht oder nur schwer möglich sei. Auf Straßen und Plätzen im Stadtgebiet setze man Wildkrautbürste und Heißluftgeräte ein.

Hier finden Sie noch mehr Nachrichten, Fotos und Videos aus dem Altkreis Brilon.