Brilon. . Vier der sechs Glocken aus vergangenen Jahrhunderten werden überarbeitet. Danach folgt eine Klanganalyse. Auch eine siebte Glocke wird gegossen.

Es sind echte historische Schwergewichte, die Donnerstagmorgen (11. April) aus der Propsteikirche geholt wurden: Vier Glocken – eine älter als die andere – gehen auf Reisen und werden überarbeitet.

Die Maßnahme

Über eine Schall-Luke hievte ein 70-Tonnen-Kran die Glocken nacheinander aus dem Glockenturm. Eine Maßnahme, die Bauingenieur Gunther Rohrberg über drei Wochen genau planen musste. Am großen Tag landeten die Glocken Nr. 3, 4, 5 und 6 dann binnen einer Stunde sicher auf dem Boden vor der Propsteikirche.

Glocke Nr. 5 wird aus dem Glockenturm geholt.
Glocke Nr. 5 wird aus dem Glockenturm geholt. © Laura Baer

Bis ihre klangvollen Kollegen frühestens im Herbst diesen Jahres zurückkehren, läuten nur noch die Glocken Nr. 1 und 2 – immerhin, entsprechend der Nummerierung sind das die beiden größten Exemplare. „Aber das wird beim Klangbild schon einen großen Unterschied machen“, sagt Küster Willi Steffen, der die verbliebenen Glocken zum Gründonnerstag wieder läuten lässt.

Die Überarbeitung

Die neue Bürgerglocke von 1946 (Nr. 3) bekommt eine Klangkorrektur, bei der alten Bürgerglocke von 1583 (Nr. 4), der großen Schlagglocke von 1700 (Nr. 5) und der kleinen Schlagglocke von 1665 (Nr. 6) werden Ausbeulungen ausgeschweißt. Der Grund: „Wenn die Glocke schwingt, schlägt der Klöppel gegen den Glockenrand, was zur Ausbeulung führt“, so Gunther Rohrberg.

Die Glocken Nr. 3, 4, 5 und 6 (von links) sind sicher auf dem Boden gelandet: Sie werden in Hessen und Holland überarbeitet.
Die Glocken Nr. 3, 4, 5 und 6 (von links) sind sicher auf dem Boden gelandet: Sie werden in Hessen und Holland überarbeitet. © Laura Baer

Die neue Bürgerglocke hätte bereits in ihrem Gussjahr eine Klangkorrektur gebraucht. „Da in den Nachkriegsjahren zigtausend Glocken ersetzt werden mussten, passierte es häufiger, dass Glocken nach dem Guss nicht nachgestimmt wurden“, sagt Glockensachverständiger Theo Halekotte. Auch die neue Bürgerglocke ist einen Viertel-Ton zu hoch. Mit der Überarbeitung soll sie auf den Ton gebracht werden, der ursprünglich geplant war.

Die Klanganalyse

Erst die ebenmäßigen Körper aller Glocken und eine aufeinander abgestimmte Tonfolge ergeben in ihrer Gesamtheit ein harmonisches Geläut. „Entsprechend der Glockengröße entsteht eine Tonfolge mit tiefen, mittleren und hohen Tönen“, erklärt Gunther Rohrberg.

Bevor die Glocken wieder an ihren Bestimmungsort zurückkehren können, werden sie daher einer Klanganalyse unterzogen.

Die neue Glocke

„Außerdem wird eine siebte Glocke gegossen“, so Bauingenieur Gunther Rohrberg. Der Vorschlag dazu stammt von Theo Halekotte: „Die Glocke soll zur Entlastung der alten Glocken dienen.“

Weitere Maßnahmen rund um die Glocken

Die Propsteikirche birgt ein weiteres Schätzchen: ein wertvolles Uhrwerk – Theo Halekotte schätzt grob, dass es aus dem Jahre 1850 stammt.

Das Uhrwerk soll im Zuge der Sanierungsarbeiten gereinigt und wieder im hölzernen Uhrenhaus im Kirchturm untergebracht werden.

Für die alte Bürgerglocke wird außerdem das Originalzubehör – Joch und Klöppel – restauriert. Auch die große und die kleine Schlagglocke ziehen mit restaurierten Holzjochen wieder ein.

Auch die im Turm verbliebenen Glocken gehen nicht leer aus: Da die Brandglocke (Nr. 1) und die Totenglocke (Nr. 2) bis dato zu hart angeschlagen und dadurch im Klang unnötig verzerrt werden, erfolgt eine Neuintonation der Läutemaschine auf beidseitig gleichen, leichten Anschlag.

Gemeinsam wird man alle sieben Glocken nach Wiederbzug des Turms aber nicht läuten hören. „Die alte Bürgerglocke beißt sich im Ton mit der neuen Bürgerglocke. Später wird man also maximal sechs Glocken zusammen läuten hören“, erklärt der Glockensachverständige.

Die Arbeitsfolge

Zunächst müssen die Glocken von der Glocken- und Kunstgießerei Rincker in Sinn bei Hessen vermessen werden. Die neue Bürgerglocke wird hier auch tonlich korrigiert, also gestimmt. Für die Glocken Nr. 4 bis 6 geht es dann nach Asten in die Niederlande. Dort wird die Firma Eijsbouts die Glocken in einem speziellen Schweißverfahren bearbeiten.

Zurück in der hessischen Glockengießerei folgt die Tonalanalyse. „Jede Glocke hat einen Schlagton. Das ist der Ton, der hörbar ist, wenn sie angeschlagen wird. Dieser Schlagton setzt sich aus Teil-Tönen zusammen. Diese werden bei der Tonanalyse mittels Stimmgabel genau bestimmt und notiert“, erklärt Dipl.-Ingenieur Holger Schmidt von der Gießerei Rincker. Außerdem wird In Hessen auch die siebte Glocke gegossen.