Winterberg. . Am ehemaligen Hotel Claassen plant ein Investor 70 Ferienwohnungen. Der Stadt Winterberg passt das nicht. Sie würde etwas anders favorisieren.
Das ehemalige Hotel Claassen wurde 2013 abgerissen. Verschiedene Pläne für eine Nutzung des Grundstücks schlugen fehl, jetzt plant ein Investor 70 neue Ferienwohnungen. Der Stadt schmeckt das gar nicht.
„Wir ernten heute die Früchte der langfristigen Städtebauplanung der 70er und 80er Jahre“ – dieser Satz von Bürgermeister Werner Eickler hätte für zwei Ratsthemen als Überschrift gelten können. Einmal verbunden mit Freude: Das Obergeschoss des neuen Aldi-Marktes ist vermietet. Nach dem Rückzug des Interessenten Schiesser steht fest, dass die Firma Ski X Bike dort einziehen wird – und zwar in das komplette Geschoss. Auf über 1000 qm Fläche soll ein Sport- und Fahrradfachmarkt entstehen, mit einem umfangreichen Sortiment im Bereich Ski, Fahrrad (plus Service) und Teamsport. Ein Laden, in dem man von Fußballtrikot über Laufschuh bis zum Snowboard alles bekommt. Ein wichtiges und passendes Angebot in der Sportstadt Winterberg sei das, befand Eickler. Es passe auch perfekt in den Bebauungsplan, der an dieser Stelle Geschäftsfläche für Bekleidung und Sportartikel vorsieht. Man erwarte eine Magnetwirkung von dem neuen Markt, der sich ohne die vorausschauende Planung früherer Jahrzehnte zur Attraktivierung der Innenstadt wohl nicht in Winterberg angesiedelt hätte. Das Unternehmen plant laut eigenen Angaben eine Eröffnung im Mai und sucht derzeit Personal.
Bebauungsplan von 1986
Gar nicht mehr lecker fanden Rat und Verwaltung die Früchte der 80er, als es im nächsten Tagesordnungspunkt um das Gelände des ehemaligen Claassen-Hotels am Waltenberg ging. Auf dem derzeit freien Grundstück kurz oberhalb der Einmündung Feldstraße plant die Helma Ferienimmobilien GmbH vier große Ferienappartmenthäuser. 70 Wohnungen sollen auf bis zu vier Etagen entstehen. Der Antrag liege seit Ende Dezember beim Hochsauerlandkreis, seit dem 8. Januar kenne die Stadt die Pläne, berichtete Ralf Lefarth vom Bauamt.
Niedersfelder Feuerwehr darf als erste bauen
Stellenweise hoch her ging es beim Tagesordnungspunkt neue Feuerwehrhäuser. Die Immobilien in Langewiese, Neuastenberg, Züschen und Niedersfeld sind allesamt nicht mehr zukunftstauglich und sollen in den nächsten sechs bis sieben Jahren neu gebaut bzw. (in Niedersfeld) erweitert werden. Nun ging es darum, in welcher Reihenfolge die Orte dran sein sollen. Dazu wollte der Rat eine Prioritätenliste erstellen – die nicht unbedingt mit der baulichen Dringlichkeit der Maßnahmen zu tun hat. Denn bei Ortsterminen war klar geworden: In Züschen regt sich erheblicher Widerstand gegen einen Abriss des Feuerwehrgebäudes, vor allem vonseiten des Musikvereins, der darin seinen Proberaum hat. „Ich werde mit Anrufen bombardiert, es werden schon Unterschriftenaktionen angekündigt“, berichtete SPD-Mann Richard Gamm.
Umfangreichen Klärungsbedarf gibt es auch noch Langewiese und Neuastenberg. Zwar waren sich alle Fraktionen einig, dass eine mal angedachte Zusammenlegung beider Löschgruppen in einem gemeinsamen Haus nicht möglich sein werde. Doch wie die nötigen Neubauten stattdessen umgesetzt werden könnten, dazu fehlt noch eine Lösung.
Es sei wichtig, bei den Entscheidungen alle Beteiligten mitzunehmen und keinen Keil in die Orte zu treiben, waren sich alle im Rat einig. Daher solle transparent informiert und den Dörfern genug Zeit zur Diskussion gegeben werden. Am unkompliziertesten sei die Ertüchtigung in Niedersfeld. Daher soll diese nun als erste dran sein: Planung 2019, Umsetzung 2020. Es gab zwei Gegenstimmen.
Bürgermeister Eickler sparte an diesem Punkt nicht mit Spitzen gegen die SPD-Fraktion, die kürzlich verkündet hatte, mit der Forderung „nicht noch mehr Ferienwohnungen“ in den Kommunalwahlkampf gehen zu wollen. „Machen Sie doch Wahlkampf mit Versprechen, die Sie halten können“, riet Eickler in Richtung der SPD-Sitze. Denn – und das missfällt allen drei Fraktionen und der Verwaltung – die Stadt werde keinerlei Möglichkeit haben, diese Pläne zu verhindern. Der 1986 aufgestellte Bebauungsplan erlaubt an der Stelle Gebäude für Fremdenverkehr, auch mit vier Geschossen. Der Eigentümer des in den vergangenen Jahrzehnten mehrfach verkauften Grundstücks habe damit ein Recht auf eine entsprechende Baugenehmigung. Lehne die Stadt diese ab, kämen wohl Entschädigungsforderungen in Millionenhöhe auf sie zu, so die Bilanz der Verwaltung.
Rat hätte lieber Hotel gehabt
Der Rat beriet danach intensiv seine Möglichkeiten, das Vorhaben zu verhindern oder in eine ihm genehmere Richtung zu lenken. Doch auch eine Teiländerung des Bebauungsplans, um statt Ferienwohnungen nur ein Hotel zu erlauben, sei nicht möglich. „Können wir nicht wenigstens besondere Härten gegenüber den Anliegern geltend machen?“, wollte Bernhard Selbach (CDU) wissen. „Umliegenden Einfamilienhäusern wird ja eine rund 15 Meter hohe Fassade direkt vor die Nase gesetzt.“ Obwohl eine Skizze der Pläne in der öffentlichen Sitzung gezeigt wurde, lehnten die Planer einen Abdruck in der WP ab.
„Das Einzige, was an dem Plan beanstandet werden könnte, sind die geplanten Satteldächer“, so Ralf Lefarth. Laut Bebauungsplan erlaubt wären nur Flachdächer. Ob die Stadt diesen Weg des mageren Protests beschreiten will, soll Thema im Bauausschuss am 5. März sein. „Schöne Sch...“ hieß es aus den Ratsreihen.