Hallenberg. Ein wohl einzigartiger Brauch lockt jedes Jahr in der Nacht von Karsamstag auf Ostersonntag hunderte Schaulustige von weit her nach Hallenberg.

Mystisch, archaisch, romantisch, einzigartig – die Osternacht in Hallenberg ist ein in ganz Deutschland wohl einmaliger Brauch, der jedes Jahr hunderte Schaulustige von weit her in die Stadt an der Nuhne zieht. Seit mindestens 1781 findet die Osternacht (nicht Krach- oder Rappelnacht, wie oft behauptet) in fast unveränderter Form statt.

Kurz vor Mitternacht gehen in der Nacht von Karsamstag auf Ostersonntag alle Lichter in der Fachwerk-Altstadt aus. Auf dem in flackernden Feuerschein getauchten Marktplatz haben sich unzählige junge Burschen um altertümlich wirkende Handwagen herum versammelt, an der Pfarrkirche stehen Männer mit großen Holzrasseln, vor der Kirchenmauer warten Träger mit drei mehrere Meter hohen Kreuzen sowie Jungen, die Stangen mit kugeligen Lampions halten.

Die Osternacht in Hallenberg.  
Die Osternacht in Hallenberg.   © Rita Maurer

Ohrenbetäubendes Knarren

Vom Kirchturm her tönen zwölf dumpfe, tiefe Schläge über den Marktplatz, die jeder für sich still mitzählt. Wenn der letzte Schlag verstummt, stimmen alle Hallenberger Männer fünf Strophen des uralten Passionsliedes „Ihr Sünder kommt gegangen“ an, das vermutlich in der Barockzeit (ca. 1600 – 1750 n.Chr.) entstanden ist. Ab der vierten Strophe kommt Bewegung auf: Die drei Kreuze und die Lampionbäume werden von innen blutrot erleuchtet und setzen sich mit Fackeln an die Spitze des Zuges.

Theorie wie die Tradition entstanden ist

Wie genau die Hallenberger Osternachtstradition entstanden ist, lässt sich nicht einwandfrei historisch nachvollziehen.

Am wahrscheinlichsten ist neben einigen weiteren Erklärungsansätzen laut Stadtarchivar Georg Glade die Annahme, dass der Lärm der Osternacht gemäß heidnischen Bräuchen die Wintergeister austreiben und ein fruchtbares Frühjahr hervorrufen sollte und mit christlichem Gedankengut weiter entwickelt wurde.

Die Holzrasseln werden geschultert, Eisenhämmer über die Sägeblätter gehalten, die Sirenenräder vorsichtig angedreht – und beim letzten Ton der fünften Strophe bricht ein unfassbarer Lärm los: Die Holzrasseln werden mit ohrenbetäubendem Knarren geschwungen, während dazu eine alte Landknechtstrommel sehr schnell geschlagen wird. Hört diese auf, setzt ein durchdringendes Nachtwächterhorn ein, die Rasseln haben Pause, dafür werden alte Handsirenen zum Heulen gebracht und mit Hämmern und Eisenstangen auf die auf den Handwagen befestigten Sägeblätter und Gasflaschen eingedroschen, dass die Funken stieben.

Dann verstummt der Lärm ganz plötzlich

Der ganze Zug führt rund anderthalb Stunden an den historischen Stadtgrenzen entlang. Am Rathaus bleiben die metallenen Handwagen unterwegs stehen, während die Kreuze mit der Trommel, dem Horn und den Rasseln drei Mal die Kirche umrunden. Als Abschluss stellen sich schließlich alle zu einer imposanten Formation rund um den Kump auf, dann verstummt der Lärm schlagartig.

Organisiert wird dieser Brauch der Osternacht vom Hallenberger Burschenverein, der urkundlich belegt seit 1746 besteht. Vermutlich gehen seine Wurzeln sogar zurück bis ins Mittelalter.

Ab 16 Jahren in den Burschenverein

Mit 16 Jahren dürfen junge Männer am Palmsonntag in den Burschenverein eintreten und die Krachinstrumente in der Osternacht bedienen. Vorher tragen sie die Lampionbäume und übernehmen an den Kartagen das Rasseln zum Angelusläuten. Viele Gruppen um ein Kreuz, eine Rassel oder einen Handwagen haben sich bereits in jungen Jahren zusammengefunden und gehen Jahrzehnte später noch in der gleichen Konstellation mit, auch wenn sie inzwischen auswärts wohnen. Nach historischen Vorlagen haben manche ihre Krachgerätschaften nachgebaut, die meistens – ebenso wie die Kreuze – innerhalb von Familien- oder Freundeskreisen weiter vererbt werden.

Osternacht nur einmal ausgefallen

Es ist damals wie heute ein Ehrenkodex, dass der Krach in der Osternacht ausschließlich mit Körperkraft erzeugt wird. Erst ein einziges Mal ist die Osternacht ausgefallen und zwar 1945, zwei Tage nach dem Einmarsch der amerikanischen Soldaten im Zweiten Weltkrieg. Zwischenzeitliche Versuche von Behörden, den nächtlichen Umzug zu verbieten, sind sämtlich am Traditionsbewusstsein der Hallenberger gescheitert.

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