Brilon. . Zwei heimische Investoren-GbR haben am OVG Münster ein Normenkontrollverfahren gegen die Ausweisung der Konzentrationszonen eingelegt.

Die BMT Energie GbR und die Sonderkopf GbR aus Scharfenberg wollen die Windkraftplanung der Stadt Brilon aus den Angeln heben. Wenige Tage vor Ablauf der einjährigen Rechtsmittelfrist haben sie beim Oberverwaltungsgericht Münster ein Normenkontrollverfahren beantragt.

Die Kläger sind weitgehend identisch. Die Sonderkopf GbR betreibt das 186 m hohe Windrad auf der Kuppe der Kreisstraße von Brilon nach Scharfenberg, und mit ihrer BMT Energie GbR möchten drei Investoren am Soestweg bei Scharfenberg ein weiteres errichten. Problem dabei: Beide Standorte liegen außerhalb der Ende 2016 vom Rat der Stadt Brilon per Flächennutzungsplan festgelegten Konzentrationszonen. Am 21. Dezember 2016 war der Flächennutzungsplan in Kraft getreten.

Vier Konzentrationszonen hat die Stadt Brilon für Windräder festgelegt. Heimische Investoren haben eine Normenkontrollklage gegen den Flächennutzungsplan eingereicht. Ohne FNP können Windräder als privilegierte Vorhaben quasi überall gebaut werden - wie bei Bad Wünnenberg
Vier Konzentrationszonen hat die Stadt Brilon für Windräder festgelegt. Heimische Investoren haben eine Normenkontrollklage gegen den Flächennutzungsplan eingereicht. Ohne FNP können Windräder als privilegierte Vorhaben quasi überall gebaut werden - wie bei Bad Wünnenberg © Georservice HSK

Bürgermeister Dr. Bartsch ist verbittert, bringen doch ausgerechnet Briloner Bürger die Stadt in ein beträchtliche „Risikolage“. Denn als Super-GAU droht die Aufhebung des Flächennutzungsplanes und letztlich die Genehmigung von Windrädern auf Basis der sogenannten Privilegierung. Dann wären Windräder überall im Stadtgebiet möglich, sofern gewisse Mindeststandards eingehalten werden - sowie im Raum Büren/Bad Wünnenberg. Auch dort hatte das OVG Münster 2013 den von Investoren eingereichten Normenkontrollklagen stattgegeben.

Gemeindliche Einvernehmen unter Druck

Die von den Klägern eingeschaltete Kanzlei Engemann und Partner aus Lippstadt, nach eigenen Angaben „einer der bundesweit größten“ Rechtsberater von Anlagenbetreibern und Projektplanern, argumentiert in ihrer Eingabe auf verschiedenen Ebenen.

Zum Beispiel befürchtet die Sonderkopf GbR, dass sie - zu welchem Zeitpunkt auch immer - ihr Windrad auf der Sonder nicht erneuern könne, da sich die Anlage nicht innerhalb der Konzentrationszonen befindet. Zur Erinnerung: Erst auf Rechtsmittelandrohung der GbR hatte der Bau- und Planungsausschuss 2013 sein gemeindliches Einvernehmen zum Repowering des Standortes - damals wurden zwei Windräder entfernt und durch eine leistungsstarke neue ersetzt - erteilt. Und die BMT GbR könne „aus eigenem wirtschaftlichen Interesse und im Einvernehmen mit dem Eigentümer eine Bebauung“ des am Soestweg liegenden Grundstücks anstreben und deshalb das Normenkontrollverfahren anstrengen.

Legendäre Ratssitzung mit 9 Mandatsträgern

Zudem hält die Kanzlei der Stadt verschiedene formelle Verfahrensfehler vor. Etwa, dass die Änderung des Flächennutzungsplanes ohne erneute öffentliche Auslegung verabschiedet worden war, nachdem die Bezirksregierung bei der ersten Abstimmung im Juni Abwägungs-Defizite festgestellt hatte. Gerade einmal neun Ratsmitglieder waren in der Sitzung am 14. November 2016 noch übrig - alle anderen hatten sich für befangen erklärt. Der Städte- und Gemeindebund hatte auf Anfrage der Verwaltung eine erneute öffentliche Auslegung auf Anfrage für „rechtlich nicht zwingend erforderlich“ gehalten, eine „abschließende Aussage“ aber nicht machen wollen.

Windbarone

Stadt Brilon geht für Investoren ins Risiko - so lautete der Titel der WP am 15. November 2016, einen Tag nach der legendären Sitzung mit den nur noch neun verbliebenen Ratsmitgliedern.

Natürlich kann jeder um sein Recht prozessieren. Aber wenn ein ehemaliges CDU-Ratsmitglied, ein Mitglied der CDU-Seniorenunion und gleichzeitig hoher Beamter sowie ein ehemaliger Briloner Stadtforstdirektor es riskieren, die Stadt des Waldes mit ihrer Riesenfläche den Windbaronen dieser Welt auszuliefern, ist das Egoismus in Reinkultur.

Denn das bestätigte das OVG gestern ausdrücklich: Wenn die Normenkontrollklage zugelassen wird, dann prüfen die Richter nicht nur das konkrete Anliegen der Kläger, sondern umfassend das ganze Verfahren.

Da kann das Eis für die Stadt dünn werden, sehr dünn.

Jürgen Hendrichs

Die Kläger zweifeln die auch in früheren Sitzungen zu diesem Thema erfolgte massenhafte Befangenheit an. Ob tatsächlich eine Befangenheit vorgelegen habe, könne man nicht sagen, wohl aber, dass „von einer demokratischen Legitimation keine Rede“ sein könne. Sehr wohl befangen seien aus diesem Kreis aber jene Ratsmitglieder gewesen, die im Februar 2016 den Stadtwerken 150 000 Euro für die Planung des Windparks zwischen Brilon und Altenbüren haben zukommen lassen. Außerdem sei die Festlegung der harten Tabukriterien nicht genug differenziert worden.

Hubertus Weber: „Unverschämt“

Die Ausweisung der Konzentrationszonen, so BBL-Ratsherr Reinhard Loos, sei „solide und vernünftig“: „Es wäre bedauerlich, wenn die Planung wegen Partikular-Interessen zu Lasten der Allgemeinheit gekippt würde.“ Das sehen Eberhard Fisch (CDU und SPD-Sprecher Hubertus Weber genauso. Weber hält das Vorgehen der Kläger sogar für „unverschämt“.

Eines steht schon jetzt fest: „Das bindet wieder Personal ohne Ende“, sagt Eberhard Fisch.

Folgen Sie der Westfalenpost im Altkreis Brilon auch auf Facebook