Arnsberg/Winterberg. Eine 40-jährige Mutter muss sich jetzt vor dem Landgericht verantworten. Die Vorwürfe: Körperverletzung mit Todesfolge und Körperverletzung.

  • 40-Jährige wegen Körperverletzung mit Todesfolge angeklagt
  • Prozess wurde vom Amtsgericht Medebach nach Arnsberg verwiesen
  • Fünf Verhandlungstage vor dem Schwurgericht angesetzt

Vor dem Landgericht Arnsberg muss sich ab Mittwoch eine zehnfache Mutter verantworten. Fünf Verhandlungstermine hat das Schwurgericht angesetzt. Der 40-Jährigen wird Körperverletzung mit Todesfolge und Körperverletzung zur Last gelegt. Die Frau soll zwei ihrer Kinder nicht ausreichend mit Nahrung versorgt haben. Der zweijährige Junge starb im Februar 2014, seine neun Monate alte Schwester entkam dem Tod nur knapp.

Für Aufsehen gesorgt

Auch interessant

Der Fall hat schon mehrfach für Aufsehen gesorgt. Im Januar 2016 stand die damals noch neunfache Mutter wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung als Angeklagte vor dem Amtsgericht Medebach. Ein Kinderarzt hatte damals geschildert, in welchem schlechten Gesundheitszustand die beiden Kinder gewesen waren. Die Thymusdrüse des Jungen - ein Organ, das mit für das Wachstum zuständig ist und bei der Geburt 12 Gramm wiegt - hatte bei dem Kleinen noch ein Gewicht von zwei Gramm. Für einen Zweijährigen wären 35 Gramm normal gewesen.

Ausreichend Nahrung angeboten?

Die Mutter hatte in dem Prozess immer wieder beteuert, den Kindern sehr wohl Nahrung angeboten zu haben; außerdem hätten die beiden einen Infekt gehabt. Rechtsmediziner Dr. Zweihoff hatte betont, dass ein generell gesundes Kind immer Nahrung zu sich nähme. „Wir hatten einen Fall, wo Kinder tagelang allein gelassen wurden; in ihren Mägen haben wir später Tapete gefunden, die sie von den Wänden gerissen und gegessen hatten.“

Das Amtsgericht in Medebach war letztlich zu dem Schluss gelangt, dass die Frau unter einem bedingten Vorsatz gehandelt habe. Gericht und Staatsanwaltschaft wollten nicht ausschließen, dass es sich bei dem Tatvorwurf um eine Körperverletzung mit Todesfolge handeln könne. Landgerichtssprecher Dr. Johannes Kamp: „Darauf steht eine Strafe von mindestens drei Jahren; damit ist die Verhandlung dem Landgericht vorbehalten.“ Dort hat sich der Prozessbeginn aber lange hingezogen. Dr. Kamp: „Die Kammer hatte viele Haftsachen, also Fälle, bei denen die Angeklagten in Haft sitzen. In solchen Fällen darf die U-Haft maximal sechs Monate dauern; diese Verfahren müssen vorgezogen werden.“

Kommentar: Die Mühlen des Gesetzes mahlen langsam

Dreieinhalb Jahre liegt der Fall zurück. Am 24. Februar 2014 stirbt ein kleiner Junge, weil er nur noch Haut und Knochen ist. Seine Schwester ist in ähnlich erbarmungswürdigem Zustand. Seit dem ersten Prozess gegen die Mutter sind schon wieder eineinhalb Jahre vergangen, der Tod des Kindes liegt nun bereits 42 Monate zurück. Das Landgericht rollt das Verfahren jetzt komplett neu auf. Zeugen, Ärzte, Polizisten, Sachverständige, das ganze Programm. Ob die Erinnerungen von damals noch präsent sind? Eine Jugendamtsmitarbeiterin ist inzwischen verurteilt worden, jetzt kommt der weitaus schwerwiegendere Vorwurf aufs Tapet. Die Mühlen des Gesetzes mahlen langsam.

Thomas Winterberg

Jugendamt geriet in den Fokus

Der ganze Vorfall hat weitreichende Folgen nach sich gezogen, auch für eine Mitarbeiterin des Allgemeinen Sozialen Dienstes beim Hochsauerlandkreis. Im Prozessverlauf war die Sozialarbeiterin in den Fokus der Ermittlungen geraten; das Amtsgericht Medebach hat die junge Frau inzwischen zu einer sechsmonatigen Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt. Für das Gericht ist es erwiesen, dass die Jugendamts-Mitarbeiterin ihren Kontrollpflichten nicht hinreichend nachgekommen ist. Sie wurde vom Amtsgericht zu einer Freiheitsstrafe von einem halben Jahr auf Bewährung verurteilt. Dagegen hat sowohl die Staatsanwaltschaft als auch der Verteidiger der Sozialarbeiterin Berufung eingelegt . Das Berufungsverfahren ist vor dem Landgericht anhängig; einen Termin gibt es noch nicht

Vater als Nebenkläger

Im Prozess in Arnsberg tritt auch der Vater der Kinder und Ex-Lebensgefährte der zehnfachen Mutter als Nebenkläger in Erscheinung. Er war im gesamten Prozess in Medebach nicht gehört worden, musste sich aber kürzlich vor dem Schöffengericht Brilon verantworten. Die 40-Jährige beschuldigt ihn der Vergewaltigung. Das Verfahren ist noch nicht abgeschlossen; in Brilon will man den Prozessverlauf in Arnsberg abwarten.

Folgen Sie der WP Altkreis Brilon auf facebook.