Altkreis. . Ladendiebe verursachen Milliardenschäden. Im HSK liegt die Zahl zwar bei 750 Fällen pro Jahr – aber die Dunkelziffer ist weit höher.

Weihnachtszeit ist leider auch Diebstahlzeit. Und nicht nur weil die Wunschzettel immer länger und die Begehrlichkeiten immer größer werden, machen einige Zeitgenossen lange Finger. Das Forschungs- und Bildungsinstitut für den Handel und seine Partner EHI mit Sitz in Köln hat errechnet, dass die sogenannten Inventurverluste bundesweit rund 3,9 Milliarden Euro ausmachen. 2,1 Milliarden entfallen auf Diebstähle durch Kunden.

Aber auch nicht alle Lieferanten und Mitarbeiter können zwischen „Mein“ und „Dein“ unterscheiden. Statistisch gesehen bedient sich jeder Bundesbürger jährlich an Waren im Wert von 26 Euro.

Nur 750 Fälle pro Jahr aktenkundig

Zumindest im Hochsauerlandkreis ist der Ladendiebstahl kein saisonales Phänomen. „750 Fälle wurden uns 2013 gemeldet. Von Januar bis einschließlich November dieses Jahres waren es 696 Fälle. Die meisten gab es in den ersten drei Monaten“, bilanziert Ludger Rath, Sprecher der Kreispolizeibehörde Meschede. Die Dunkelziffer sei um einiges höher, denn längst nicht jeder Dieb werde erwischt.

Auch Karina Brühmann vom Einzelhandelsverband Südwestfalen spricht nicht von einer saisonalen Erscheinung. Ladendiebstähle hätten ihrer Erfahrung nach das ganze Jahr über Konjunktur. Allerdings sei die Kundenfrequenz in der Adventszeit höher. Vor allem größere Betriebe würden hohe Summen in die Prävention investieren; den kleineren falle dies schwerer. „Oft bemerkt man die Schäden erst bei der Inventur“, so Brühmann.

Keine schlafenden Hunde wecken

Ganz oben auf der Langfingerliste stehen übrigens Rasierklingen und im Lebensmittelbereich Molkereiprodukte. „Die Mitarbeiterschulung ist daher wichtig, damit an den Kassen nichts dadurch geht. Und die richtige Platzierung der Ware ist zu beachten. Dinge, die bei Dieben hoch im Kurs stehen, sollte man nicht in die hinterste Ecke verfrachten, sondern dort platzieren, wo man sie im Auge hat,“ so die Sprecherin des Verbandes

Zu dem Thema äußern möchten sich die wenigsten Händler vor Ort. Einzelhändler wollen namentlich nicht genannt werden, Filialisten verweisen an ihre Konzernsprecher. Das Thema ist präsent, aber man möchte keine schlafenden Hunde wecken. Bei einem sind es regelmäßig viele Kleinteile; beim anderen waren es hochwertige Lederjacken (mit Bügeln). Und in der Regel zahlt keine Versicherung.

Kein sympathisches Thema

Die Drogeriemarktkette Rossmann teilt auf schriftliche Anfrage mit, dass das kein sympathisches Thema sei, weil es Kunden und Mitarbeiter oft unter Generalverdacht stelle. „Eine Info kann ich gleichwohl geben: Die so genannten ,Klau-Renner’ in Drogeriemärkten sind stets kleine, aber hochwertige Artikel, also Rasierklingen und Aufsteckzahnbürsten“, so Sprecher Stephan-Thomas Klose. Das können die Einzelhändler bestätigen und die Hitliste um hochwertige Schnäpse und Molkereiprodukte ergänzen. Die Klingen, so ein Händler, würden meistens nicht für den Eigenbedarf gestohlen, sondern z.B. auf Flohmärkten weiter verhökert. Manche Läden schließen die Rasierutensilien komplett weg, andere halten nur zwei oder drei Päckchen im Regal vor. Sonst sind sie futsch.

Abschreckung

Geklaut wird in allen Altersstufen und in allen sozialen Schichten, weiß H. Freitag, der einen Wach- und Sicherheitsdienst betreibt, aus Meschede kommt, aber u.a. auch im Altkreis Brilon als Ladendetektiv tätig ist. Die polizeilich aktenkundigen 750 Fälle im HSK pro Jahr hält er für höchstens fünf Prozent der tatsächlichen Diebstähle. „Rasierklingen waren zwischenzeitlich eine richtige Währung“, sagt er. Ansonsten werde alles geklaut, was sich zu Geld machen lasse. Tendenz steigend. In erster Linie hat er es sogar mit bandenmäßigem Diebstahl zu tun. Und weil er in mehreren Bundesländern tätig ist, kommen ihm oft dieselben Autokennzeichen in verschiedenen Städten vor die Nase. „In großen Orten stehen Doormen, also Türmänner, vor den Eingangsbereichen. Das schreckt ab. Die gibt es in kleineren Gemeinden natürlich nicht.“

Dass die Personaldecke in vielen Betrieben immer dünner werde, fördere darüber hinaus die Erfolgsaussichten für Langfinger. Mal ist es die Geburtstagskarte für 1,50 Euro, die in der Zeitschrift versteckt wird. Mal die teure Kaffeemaschine, die in den Karton der billigeren gepackt wird. Der Erfindungsreichtum kennt keine Grenzen. „Manche stehlen aus Langeweile, manche aus Bedürftigkeit, manche weil sie einen Kick brauchen“, hat Freitag festgestellt. Und einen Hochschulprofessor hat er mal mit Ersatzzahnbürsten erwischt. „Der hatte angeblich keine Lust, in der langen Schlange vor der Kasse zu warten“.