London. . Noch überwältigt von dem Spiel gegen Roger Federer hat Jan-Lennard Struff seine Aufgabe im Doppel gelöst. Nun kommt es zu einem kuriosen Duell.
Früher, als er Grand-Slam-Turniere noch aus der Position des Zuschauers verfolgte, hat Jan-Lennard Struff den spielfreien „Middle Sunday“ in Wimbledon gehasst. Doch nun, da der Warsteiner Tennisprofi bei den All England Championships die zweite Woche erreicht hat, kann er der Einrichtung der auf die Wahrung von Traditionen bedachten Briten viel Gutes abgewinnen.
„Es wird mir gut tun, mal einen Tag den Schläger nicht anzufassen“, sagte der 28-Jährige, nachdem er am späten Sonnabendnachmittag im Doppelwettbewerb an der Seite des in Neuseeland geborenen Japaners Ben McLachlan (26) durch ein 7:6 (7:2), 6:7 (3:7), 7:6 (7:3), 6:3 gegen die beiden Inder Sriram Balaji und Vishnu Vardhan ins Achtelfinale eingezogen war.
Auch wenn er körperlich an sein Limit gegangen war: Der Auftritt im Doppel tat gut, um mittels sportlicher Betätigung an der Verarbeitung dessen zu arbeiten, was am Freitagabend auf ihn hereingestürzt war.
Ärger über Niederlage
Die 3:6, 5:7, 2:6-Drittrundenpleite im Einzel gegen Titelverteidiger Roger Federer hatte dem Daviscupspieler einiges abverlangt. „Ich war ziemlich fertig nach dem Match, bin nach der Massage sofort ins Bett gefallen und habe gut geschlafen“, sagte er.
Fraglos sei das Erlebnis, auf dem Centre-Court gegen den größten Tennisspieler aller Zeiten anzutreten, etwas sehr Großes gewesen. „Es ist aber nicht so, dass ich in Ehrfurcht erstarrt bin und die Niederlage einfach so hinnehme. Ich wollte gewinnen, deshalb tat es schon weh, dass ich so klar verloren habe.“
Worte sind dies, die unterstreichen, dass Selbstvertrauen und Anspruchsdenken beim Weltranglisten-64. gewachsen sind. „Natürlich ist es für mich ein Meilenstein, dass ich es endlich in die dritte Runde eines Grand-Slam-Turniers geschafft habe“, sagte er. Es gelte nun, die positiven Erfahrungen aus den Fünfsatzsiegen gegen den Argentinier Leonardo Mayer und den Kroaten Ivo Karlovic abzuspeichern und aus der Lehrstunde durch den Maestro die nötigen Schlüsse zu ziehen.
Federer auf unglaublichen Level
„Ich glaube, dass ich ein ganz gutes Spiel gemacht habe, auch wenn ich mit meiner Aufschlagquote nicht zufrieden war“, sagte er. „Aber Roger hat auf einem unglaublichen Level gespielt. Es ist Wahnsinn, wie er es schafft, alles so leicht aussehen zu lassen. Er ist ein unfassbar starker Spieler.“
Den Sonnabendabend verbrachte der Sauerländer in dem Mietshaus, das er während der Zeit im Londoner Südwesten bewohnt, im Kreise der Familie.
Am Sonntag reisten seine Freundin Nina und Mutter Martina in die Heimat zurück, Vater Dieter wird so lange bleiben, wie der Sohn noch im Doppelwettbewerb vertreten ist.
Im Achtelfinale geht es dort für Struff junior am Montag (12.30 Uhr) gegen seine Landsleute Philipp Petzschner (34/Bayreuth) und Tim Pütz (30/Frankfurt am Main).
Interessante Erfahrung
Mit Pütz hatte er im April im Daviscup-Viertelfinale in Valencia noch Seite an Seite das spanische Topduo Marc und Feliciano Lopez in fünf Sätzen bezwungen. „Ich habe noch nie gegen ihn im Doppel gespielt. Das wird sicherlich eine interessante Erfahrung, auch wenn wir uns gewünscht hätten, dass wir später im Turnierverlauf aufeinander getroffen wären“, sagte er.
Allerdings hat Jan-Lennard Struff in diesen Tagen gelernt, dass man es nehmen muss, wie es kommt.
Mit der Erfahrung von Wimbledon will er bei seiner nächsten Turnierstation in Hamburg (Start: 23. Juli) seine Form bestätigen. Bei neun Starts schaffte er es dort nur einmal ins Achtelfinale. Höchste Zeit also, um am Rothenbaum neue Bestmarken zu setzen.