Valencia. 279 Minuten Hochspannung: Deutsche liegen im Doppel vorne, ehe die Spanier zurückschlagen. Das sagt Teamchef Kohlmann über den Warsteiner Struff.

Jan-Lennard Struff hatte nach einem Doppelmatch, an das er sich sein Leben lang erinnern wird, überhaupt keine Lust, irgendetwas zu beschönigen. „Solche Spiele braucht man nicht so oft. 2:0- Sätze vorn, dann 2:2 und am Ende doch noch zu gewinnen, das ist unglaublich“, sagte der 27-Jährige. 4:39 Stunden hatten der Warsteiner und sein Doppelpartner Tim Pütz (30/Frankfurt am Main) sich mit Feliciano (36) und Marc Lopez (35) duelliert, ehe der 6:3, 6:4, 3:6, 6:7 (4:7), 7:5-Triumph über die French-Open-Sieger von 2016 feststand. Am Ende des Wochenendes nutzte das gute Match nichts, die Partie ging nach dem packenden Kohlschreiber-Krimi am Sonntag verloren (siehe Hauptsport).

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„Das war eine Schlacht. Die Jungs haben es super gemacht, nach dem 2:2-Satzausgleich wieder zurückzukommen“, lobte Teamchef Michael Kohlmann, der zugab, im fünften Satz bisweilen mehrfach fast in ­Lachen ausgebrochen zu sein. „Es gab so viele verrückte Ballwechsel, wir haben viele Chancen vergeben, aber auch klasse Punkte gemacht. Genau das macht den Daviscup aus, dass Doppelspieler wie Tim Pütz in den Vordergrund rücken. Er wird dieses Match niemals vergessen“, sagte Kohlmann. Tatsächlich stand der 308. der Einzel-Weltrangliste, der an der Seite von Struff in nun drei Daviscupmatches unbesiegt ist, zum Ende des Spiels im Mittelpunkt.

Nervenstärke gezeigt

Zunächst unterliefen ihm im Tiebreak des vierten Satzes vier einfache Fehler, die Spanien den Ausgleich ermöglichten. Dann hielt Pütz beim Stand von 3:4 im Schlussdurchgang im längsten Aufschlagspiel des Matches seinen Service und bewies angesichts von fünf Breakbällen gegen sich beeindruckende Nervenstärke. Und schließlich schaffte er es nach dem Break zum 6:5, sein Aufschlagspiel souverän durchzubringen. „Es war ein verrücktes Match. Der Platz war extrem langsam, es gab so viele Platzfehler. Da muss man erstmal durchkommen“, sagte er.


Das deutsche Team mit (v.li.) Alexander Zverev, Jan-Lennard Struff, Tim Pütz, Philipp Kohlschreiber, Maximilian Marterer und Trainer Michael Kohlmann.
Das deutsche Team mit (v.li.) Alexander Zverev, Jan-Lennard Struff, Tim Pütz, Philipp Kohlschreiber, Maximilian Marterer und Trainer Michael Kohlmann.

Feliciano Lopez, der zugab, Pütz vor dem Match nicht gekannt zu haben, sagte: „Er hat allen Kredit verdient. Er ist cool geblieben und hat bei unseren Breakbällen aggressiv gespielt. Wir haben es einfach nicht geschafft, unsere Chancen zu nutzen.“ Spaniens Teamchef Sergi Bruguera war der Meinung, „dass wir in 99 von 100 Versuchen dieses Break schaffen. Aber heute waren die Deutschen die Glücklicheren.“ Pütz sagte, es habe sich nicht gut angefühlt, so viele Breakbälle gegen sich zu haben. „Aber mit der Unterstützung des Teams haben wir es überstanden“, sagte er. Das Match seines Lebens sei es nicht gewesen, „dafür habe ich am Anfang viel zu furchtbar gespielt“, ewig erinnern werde er sich daran aber schon. „Immerhin ist der Daviscup für mich eine Bühne, die ich sonst wegen meiner Ranglistenposition nicht betreten kann. Die versuche ich bestmöglich zu nutzen.“

Struff bewahrt die Ruhe

Das gelang ihm am Sonnabend ebenso wie Struff. Der Warsteiner, auf Rang 60 der Weltrangliste geführt, hatte sich zum Ende des Matches wieder gefangen.

Im ersten Satz war der 196-cm-Schlaks dank seiner brachialen Rückhand der beste Mann auf dem Court gewesen. Dann hatte er, insbesondere im dritten und vierten Satz, zu hektisch und überhastet agiert und dadurch eine Reihe an Chancen vertan.

„Es gibt immer Phasen im Match, in denen der eine den anderen mitziehen muss. Das haben wir heute gut gemacht. Wichtig war vor allem, dass wir im fünften Satz die Ruhe bewahrt haben, obwohl die Atmosphäre in der Arena immer hitziger wurde“, sagte er. Tatsächlich hatten sich die spanischen Fans, angeheizt von zwei Marching Bands, nach dem 2:2-Satzausgleich in Hochstimmung gesungen. „Zwischen den Punkten war es sehr laut, aber wir haben es gut hingekriegt, uns davon nicht beeindrucken zu lassen“, sagte Struff.